Liebe Leser, Guten Morgen! Wie geht es Ihnen heute? Geht es Ihnen
gut oder eher schlecht? Fühlen Sie sich eher wie ein kräftiger Baum
und spüren Sie das Feuer des Lebens in sich brennen? – Oder sehen
Sie sich eher wie ein geknicktes Rohr und einen glimmenden Docht?
Gehören Sie heute eher zu den Glücklichen, die sich des Lebens
freuen: ob Ihrer Gesundheit, wegen der Liebe ihrer Frau/Ihres
Mannes, an Ihren Kindern oder gehören Sie heute eher zu den
Traurigen, den Verletzten, den Müden?
Wie auch immer – schön, dass Sie heute Gottes Nähe suchen, seine
heilige und heilende Gegenwart! Möge seine Gnade mit uns sein und
sein Friede uns erfüllen – des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes! Amen!
Ein Mensch begehrte nichts sehnlicher von Gott, als dass ER ihm den
Himmel zeigte. Gott erhörte sein Gebet und erschien ihm eines Nachts
im Traum. Er führte ihn in einen großen Saal, der erfüllt war vom
Duft köstlichster Speise. In der Mitte des Raumes stand ein
dampfender Kessel. Um ihn herum saßen viele Menschen, jeder mit
einem meterlangen Löffel in der Hand. Ein jeder tauchte seinen
Löffel in die köstliche Speise und versuchte verzweifelt aber
vergeblich, sich etwas davon in den Mund zu schieben. Da sprach Gott
zum Menschen: „Siehe, das ist die Hölle!“
Und Gott führte ihn in einen anderen Raum. Auch der war erfüllt vom
Duft köstlichster Speise, ein dampfender Kessel stand in der Mitte
und wieder saßen viele Menschen um ihn herum, jeder mit einem
meterlangen Löffel in der Hand. Ein jeder tauchte seinen Löffel in
den Kessel und fütterte damit seinen hungrigen Nachbarn. Da sprach
Gott zum Menschen: „Siehe, das ist der Himmel!“
Kannten Sie diese Geschichte schon? Das macht nichts. Es ist nur
gut, sich immer wieder daran erinnern zu lassen, was Glück ist im
biblisch-christlichen Sinne! Und was es nicht ist! Glück, so sagt
diese Erzählung übereinstimmend mit der Heiligen Schrift, ist
nämlich nicht, sich den eigenen Bauch vollzuschlagen. Glück ist, den
Hunger des Nächsten zu stillen!
Wer diese Geschichte aufmerksam gehört hat, dem wird nicht entgangen
sein, dass Gott die Bitte des Menschen zwar erfüllt: er zeigt ihm
den Himmel. Aber gleichwertig ist auch ein Weckruf zu hören: „Siehe,
das ist die Hölle!“
Auch die Heilige Schrift erzählt unermüdlich von beidem: vom Himmel
auf Erden und von der Hölle, die Menschen sich bereiten ...
... und davon, dass Gott Mitarbeiter braucht für sein Reich, den
„Himmel auf Erden“, Menschen, die sein Wort hören und seinen Willen
tun; Menschen, die (wie die Jünger Jesu) in enger Lebensgemeinschaft
sind, mit Gott und untereinander; Menschen, in denen das Feuer der
Liebe brennt. „Wir sind Gottes Mitarbeiter“ sagt Paulus im heutigen
Predigttext. Und fährt fort: „Ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes
Bau.“
Wir, die wir hier zusammengekommen sind mit vielleicht ganz
verschiedenen Gedanken und Gefühlen, unterschiedlichen Geschichten
und Lebenssituationen, der eine wie ein kräftiger Baum, der andere
wie ein geknicktes Rohr – wir alle sind mehr als das, was das Leben
bis heute aus uns gemacht hat. Wir sind Getaufte auf den Namen Jesu
Christi. Und das heißt für Paulus: Wir sind Gottes Ackerfeld, in das
hinein er seinen Samen gelegt hat; Wir sind Gottes Bau und Jesus
Christus ist der Grundstein, den Gott in uns gelegt hat. Gott wirkt
in uns! Und will in uns wirken! Denn: „Einen andern Grund kann
niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“.
Wir gehören ihm und seiner Liebe. Nichts kann uns von ihr trennen.
Freilich, auch Paulus weiß, dass auf dem Acker auch Unkraut wächst
und dass Gottes Wirken in uns „Wind und Wetter“ ausgesetzt ist. Und
dass wir mitwirken müssen, soll der gesäte Samen aufgehen und Frucht
bringen:
Ein Mensch betrat einen Einkaufsladen. Ganz erstaunt erblickt er
hinter der Ladentheke einen Engel. „Guten Tag!“ begrüßt ihn der
Engel. „Guten Tag“ stottert der Mensch. Was wünschen Sie? fragt der
Engel. „Was verkaufen Sie?“ erwidert der Mensch. „Wir verkaufen
nichts, aber verschenken alles“ antwortet der Engel. „Oh, das ist ja
herrlich! Dann hätte ich gerne Gesundheit, Glück in der Ehe, jeden
Tag voll Freude...“. – „Halt!“ sagt da der Engel, „Sie haben mich
missverstanden! Wir verschenken nur den Samen.“
Beim Bild vom Hausbau geht Paulus sogar noch einen Schritt weiter:
„Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist,
welcher ist Jesus Christus. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf
baut. Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine,
Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der
Tag des Gerichts wird's klarmachen; denn mit Feuer wird er sich
offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer
erweisen.
Der Tag des Gerichts wird’s klarmachen. Oder anders gesagt: In der
Stunde unseres Todes wird sich zeigen, was Bestand haben wird und
was im Feuer vergehen wird; wo wir mit feuerfestem Material gebaut
haben, mit Gold, Silber und Edelsteinen, wo wir also aus Liebe
gehandelt haben und Liebe empfangen haben und wo wir mit Holz, Heu
oder Stroh gebaut haben und damit Zäune und Palisaden errichtet
haben.
Um noch einmal mit den Bildern der ersten Geschichte zu reden: Im
Feuer der Liebe Gottes wird sich zeigen, wo wir einander den Himmel
bereitet haben und wo die Hölle, wo wir das Glück des Nächsten
suchten und wo wir nur um uns selbst kreisten.
Dabei will Paulus mit dem Tag des Gerichts niemandem Angst machen.
Vielmehr will er etwas bei und mit uns einüben, was zur täglichen
Übung eines Christen gehört: Sein gegenwärtiges Leben zu sehen vom
Ende her: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen“ betet der
Beter des 90. Psalms, „auf dass wir klug werden“, auf dass wir, so
möchte man als Christ sagen, leben lernen!
- Getrost leben angesichts des Endes, auf das ein jeder von uns
zugeht.
- Fröhlich leben angesichts von Gottes Versprechen, dass nichts uns
trennen kann von seiner Liebe in Jesus Christus.
- Kräftig leben auf dem Fundament, das Gott in einen jeden von uns
in der Taufe gelegt hat
- Leben lernen als ein Jetzt-Schon-Sich-Verschenken, als ein Wachsen
aus dem Samen der Liebe.
Als Christen müssen wir vor dem Ende keine Angst haben. Aber genau
deshalb sollten wir vor unserem Ende aufhören, uns das Leben
gegenseitig zur Hölle zu machen. Eintreten sollten wir vielmehr in
Gottes Leben schaffendes Werk, seine Mitarbeiter werden und
hinausgehen in jeden neuen Tag – so, als wäre es unser letzter.
Wie geht es Ihnen jetzt? Vielleicht ja immer noch wie einem
geknickten Rohr. Dann habe ich Sie daran erinnert, dass Gott das
geknickte Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht
auslöschen wird. Und wenn Sie sich fühlen wie ein kräftiger Baum,
dann wollte ich Sie mit meinen Ausführungen zum Leben vom Ende her
bestärken, nur immer mehr aus und in der Liebe zu leben. So oder so,
haben wir Gott die Ehre gegeben und den Blick aufgehoben zu unserem
himmlischen Vater. Und der gibt uns jetzt einen väterlichen Klaps,
schickt uns hinaus in diesen Tag und sagt uns: Fang einfach an! Du
darfst neu beginnen, jeden Tag!
Immer wieder neu anfangen
Nie aufhören, anzufangen
Den Anfängergeist leben
Im Kleinen wie im Großen
Im Innern wie im Außen
Immer wieder neu anfangen
Mit dem Hoffen
Mit dem Glauben und Vertrauen
Mit dem Lieben
Mit dem Schweigen und dem Reden
Mit dem Lachen und dem Fragen
Mit dem Weinen und dem Klagen
Mit dem Frohsein und dem Wagen
Immer wieder neu anfangen
Und nie aufhören anzufangen
Das ist Ostern!
Dann ist Ostern
Immer wieder neu
Heute hier und jetzt.
Pfarrer Rudolf Koller
(Hospitalkirche
Hof) |
Text:
Paulus schreibt:
9 Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr
seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.
10 Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt
als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber
sehe zu, wie er darauf baut.
11 Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist,
welcher ist Jesus Christus.
12 Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine,
Holz, Heu, Stroh,
13 so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des
Gerichts wird's klarmachen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren.
Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen.
14 Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er
Lohn empfangen.
15 Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er
selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.
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