Liebe Leser,
die größten Probleme hat die Botschaft von der Auferstehung Jesu
Christi offenbar zu allen Zeiten mit den Päpsten des vermeintlich
gesunden Menschenverstandes. Nicht dass diese mit der Religion
nichts zu tun haben wollten. Tatsächlich produzieren sich manche von
ihnen geradezu als Turnväter Jahn in Sachen geistlich-seelischen
Lebens und seiner Erneuerung und werden nicht müde, den gebeutelten
modernen Menschenseelen den Weg zu Heil und Heilung zu zeigen. Auf
diesen Wegen, so wird glaubhaft versichert, seien schon fast Tote
wieder zu neuem Leben erweckt worden. Die vorgeschlagenen Übungen
können ganz schön anstrengend werden, weshalb man getrost davon
ausgehen kann, dass ihre Fans wie zu Turnvater Jahns Zeiten zwar
ebenfalls andere gerne belehren, zu ihrem eigenen Übungspensum aber
lieber schweigen. Man zieht solche Heilslehren gerne der Botschaft
der Bibel vor, weil sie keine Dinge enthalten, die man einfach nicht
glauben kann, wie z.B. die Auferstehung von den Toten. Ach, wirklich
nicht?
Am Karfreitag lief im Fernsehen der Mysterythriller „Sakrileg“. Am
Ende der spannenden und gefährlichen Suche nach dem Heiligen Gral,
stellt sich heraus, dass die Hauptdarstellerin selbst der Heilige
Gral ist, da sie eine leibhaftige Nachfahrin von Jesus von Nazareth
und Maria Magdalena ist. Finstere Kirchenmänner möchten sie
umbringen, damit die Kirche ihre Lügen über Jesus weiter verbreiten
kann. Dabei wäre Jesus, so behauptet der Film, eben nur ein
besonders guter, vorbildlicher und menschlicher Mensch gewesen, was
beim Anblick der schmucken Urururenkelin sofort einleuchtet.
Wirklich wunderbar ist der Schluss: Gott sei Dank sind die bösen
Kirchenmänner mit ihrem Mordkomplott nicht erfolgreich und die
Nachfahrin probiert, ob sie auf dem Wasser gehen kann. „Klappt
nicht“, sagt sie lieblich lächelnd, „aber vielleicht habe ich mit
dem Wein mehr Glück.“ Spätestens da wünschen auch wir ihr und ihren
zukünftigen Jüngern von Herzen viel Glück.
Zur Situation in der Kirche schreibt ein Ausleger: „Mancher beklagt
heute den Erfahrungsverlust des christlichen Glaubens in der Kirche
und bleibt doch in der jeweils eigenen Erfahrung stecken. Eine
Betroffenheitsrhetorik hat sich seit Jahren ausgebreitet und
verhindert den Schritt über eigene und begrenzte Erfahrung hinaus:
Dann schrumpft das Zeugnis von der Auferstehung zur Metapher des
morgendlichen Neubeginns oder des unverzagten Neuanfangs, etwa zur
„Auferstehung in den Alltag"; oder sie wird zur Vision stilisiert,
weil allein der psychologische Verstehensrahmen diktiert, was sein
kann und darf.“ Wo also sitzen in dieser Diskussion die Päpste und
Dogmatiker?
Gott sei Dank macht sich Gott keine Gedanken, ob es jemand für ein
Sakrileg hält, dass er an Weihnachten im Stall von Bethlehem zur
Welt kommt. Gott sei Dank macht Gott keine Umfrage, ob es
irgendjemand vielleicht für blöd oder nicht zumutbar hält, dass der
Christus am Karfreitag am Pranger steht und wie ein Verbrecher am
Kreuz stirbt, behängt mit den Sünden der Welt. Und Gott sei Dank
fragt Gott die Wissenschaft nicht um Erlaubnis, als er an Ostern den
Christus aus dem Grab herausruft. Die Wahrheit und erst recht die
göttliche Wahrheit ist kein Demokrat, ob das nun manchen Damen und
Herren so passt oder nicht.
Sie stört sich darum auch nicht daran, dass sie manche furchtbar
erschreckt. So wie die Jünger furchtbar erschrocken sind, als der
Auferstandene in ihrer Mitte erschien und sie grüßte: Friede sei mit
euch! Friedhöfe mögen friedliche Orte sein. Im Haus der Jünger stob
alles, was lebendig war, wild auseinander, klebte mit dem Rücken an
der Wand und hatte die Haustür im Auge.
Wir stellen uns vor, dass Jesus ganz langsam agierte. Vorsichtig die
Ärmel seines Gewands zurückstreifte und es vorsichtig anhob, damit
alle sehen konnten, dass sich Arme und Beine darunter befanden. Seht
meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und
seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht,
dass ich sie habe. (vgl. Lukas 24/36-45)
Keiner der Jünger wollte irgendwas anfassen. Und dann drehte er
ihnen die Handflächen zu. Und die Jünger kamen ganz vorsichtig näher
und schauten hinein. Und sahen und hörten und rochen: Den
Angstschweiß, das Hämmern, die Schreie, das Salz der Tränen, die
letzten Worte, wie die Sonne verschwand und der Tod seine Herrschaft
angetreten hatte über die Welt; und all ihre Hoffnungen, jede
Hoffnung, grinsend zertrat …
Jesus schloss seine Hände und die Bilder verschwanden wie ein Spuk.
Er lächelte sie an: Und jetzt wäre was zu Essen recht. Und er nahm
von dem gebratenen Fisch. Die Jünger um ihn herum wie Hunde, zählten
ihm jeden Bissen in den Mund.
Paulus hat das alles nicht miterlebt. Aber die Stimme des
Auferstandenen hat er gehört auf dem Weg nach Damaskus. Sie traf ihn
wie ein Blitz aus heiterem Himmel und stellte sein Leben und Denken
auf den Kopf. Wenn er diese Stimme nicht gehört hätte, dann wäre aus
dem Saulus niemals ein Paulus geworden. Man muss ihm die
Leidenschaft verzeihen, mit der er seither den Vernünfteleien aber
auch den Schwärmereien seiner christlichen Mitgeschwister in Korinth
widersprach. Denn das hatte er begriffen: Die Auferstehung des
Christus war nicht die Antwort auf die allgemeine Frage, ob es eine
Auferstehung von den Toten gibt oder nicht. Die Auferstehung des
Christus war die Antwort auf die Frage, ob Gott es zuließ, dass
alles, was Jesus geredet und getan hatte, dass sein Leben in der
innigen Verbundenheit mit seinem himmlischen Vater, beerdigt und
außer Kraft gesetzt wurde. Gott ließ es nicht zu. Mit der
Auferweckung Jesu setzt Gott sein Leben und das, was er der Welt in
seinem Namen zugesprochen hat in alle Ewigkeit in Kraft.
Dass der Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, ist durch
seine Auferstehung in Kraft. Es gilt. Mit dem auferstandenen
Christus und nicht anders kommt die Auferstehung in die Welt. Seit
Ostern ist der Christus ohne seine Auferstehung gar nicht mehr zu
haben. Wer sein Wort und seine Stimme hört, hört die Stimme des
Auferstandenen. Wer sich ihm anvertraut, wird auf wunderbare Weise
nicht nur in seinen Tod, sondern in seine Auferstehung
hineingezogen. Die Taufe ist das Zeichen dafür.
Familienbande in der Familie des ewigen und lebendigen Gottes. Wie
sie der Christus mit seinen Jüngern und Jüngerinnen geknüpft hat und
mit uns durch sein Wort und Sakrament. Auch die sind durch seine
Auferstehung in Kraft.
Marie Luise Kaschnitz dichtet:
Die Mutigen wissen
Dass sie nicht auferstehen
Am jüngsten Morgen
Dass sie nichts mehr erinnern
Niemandem wiederbegegnen
Dass nichts ihrer wartet
Keine Seligkeit
Keine Folter
Ich
Bin nicht mutig
Nein, so mutig müssen und sollen wir wirklich nicht sein. Denn wir
dürfen beten: „Vater unser!“ In Ewigkeit. Amen.
Pfarrer Johannes Taig
(Hospitalkirche Hof)
(weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie
exklusiv unter
www.kanzelgruss.de |
Text:
Paulus schreibt:
12 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass
er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch:
Es gibt keine Auferstehung der Toten?
13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht
auferstanden.
14 Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt
vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.
15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir
gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht
auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen.
16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht
auferstanden.
17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig,
so seid ihr noch in euren Sünden;
18 so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren.
19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die
elendesten unter allen Menschen.
20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling
unter denen, die entschlafen sind.
21 Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch
durch einen Menschen die Auferstehung der Toten.
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