| 
			 
			Liebe Leser, 
			 
			die Friedenskirche feiert heute mit ganz Zedtwitz den Abschluss der 
			Bau-Maßnahmen zur Dorferneuerung. Und wir alle freuen uns über ein 
			wunderschönes Zedtwitz. Alle, die dazu beigetragen haben, sollen 
			dafür anschließend auch noch eigens bedankt werden. Ehre, wem Ehre 
			gebührt! Aber hier in der Kirche ist der Ort, an dem wir zunächst 
			gemeinsam dem danken, der seine Hände segnend über uns alle und über 
			allem bis hierher gehalten hat. Auch, ja gerade hier gilt: Ehre, wem 
			Ehre gebührt! 
			 
			Ein Blick in die heutige Welt zeigt uns doch täglich, dass vieles, 
			was uns selbstverständlich erscheint, alles andere als 
			selbstverständlich ist: 
				- Der Friede in unserem Land, den wir uns 
				weder von linken noch von rechten Kriminellen zerstören lassen
 
				- Unser demokratischer Rechtsstaat mit 
				Gewaltenteilung, Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit
 
				- Unser säkularer Staat mit dem Recht zur 
				freien Religionsausübung im Rahmen dieser Rechtsordnung
 
				 
				
			Wir waren nicht die Macher, wir sind vielmehr 
			Erben der Väter unseres Grundgesetzes - mit der Verpflichtung, 
			dieses Erbe zu hüten und weiterzugeben an unsere Kinder und 
			Kindeskinder. Wir sollten das tun - wie es in der Präambel zum GG 
			heißt: „Im Bewusstsein unserer Verantwortung vor Gott und den 
			Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in 
			einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“. 
			 
			Zedtwitz darf sich allemal privilegiert wissen. Oder in religiöser 
			Sprache: gesegnet! Hier wohnt keiner auf der Straße, sondern alle in 
			festen Häusern. Die große Mehrheit lebt im Wohlstand. Und die, die 
			es allein nicht mehr schaffen - im Schloss, in der alten Schule oder 
			auch im Haus Regnitztal - bekommen Unterstützung und liebevolle 
			Fürsorge. Die Kinder spielen auf einem fantastischen Spielplatz. 
			Jeder kann ohne Angst durch die blumengesäumten Straßen gehen oder 
			sich nachts auf eine Bank am idyllischen Inselring setzen. Und jeden 
			Sonntag läuten die Glocken der Friedenskirche, versammelt sich eine 
			christliche Gemeinde vor diesem Altar und feiert Gottesdienst: mit 
			einer klangvollen Orgel und manchmal auch - wie heute - mit unserem 
			Singkreis. Wahrlich, ein gesegnetes Dorf! 
			 
			„Alles liegt an Gottes Segen“ - So sagten die Alten. Und sie 
			wussten, dass alles, was Menschen möglich ist, worauf sie auch 
			zurecht stolz sein können, erst dann gut wird, wenn Gott seinen 
			Segen dazu gibt. Oder deutlicher gesagt: Wenn Gott die Menschen 
			segnet und sie „mit heilvoller Kraft begabt“ - so nämlich die 
			ursprüngliche Bedeutung von „segnen“! Menschen mit heilvoller Kraft 
			begaben - das ist Gottes Absicht, auch mit uns. Das war seine 
			Absicht schon immer - wie wir es nachlesen können in der Heiligen 
			Schrift als erstes Wort an einen konkreten geschichtlichen Menschen. 
			Die Rede ist vom Stammvater Abraham, zu dem Gott sagt (1. Mose 12):  
			„Ich will dich segnen! Und du sollst ein Segen sein!“  
			 
			Jeder Leser der Heiligen Schrift, jeder Gläubige versteht diese 
			Worte als Gottes Grundsatz-Erklärung an jeden Menschen, genauer 
			gesagt: an jeden Menschen, der Gottes Stimme auch hört, wie Abraham. 
			Gemeint ist nicht irgendeine „innere Stimme“, nicht unser ständiger 
			Monolog, den wir mit uns selbst führen! Gemeint ist die Stimme 
			Gottes, wie sie aus der Heiligen Schrift zu uns spricht: aus den 
			Erzählungen des Alten Testaments, wo so viele Generationen ihren 
			Schatz an Lebens- und Glaubenserfahrungen festgehalten haben für 
			ihre Kinder und Kindeskinder. Aus den Erzählungen des Neuen 
			Testaments, wo die Schar der Zeugen den gekreuzigten und 
			auferstandenen Christus bekennt als endgültiges Segenswort Gottes an 
			uns Menschen und an die ganze Schöpfung: Jesus Christus - das 
			menschgewordene Wort Gottes! 
			 
			Gott segnet Menschen eben nicht auf mirakulöse Weise, sondern indem 
			er sie anspricht, indem Gottes Wort laut und vernehmbar wird: 
				Schon am Anfang eines Lebens, wenn das Kind 
				über das Taufbecken gehoben wird, ihm ein Kreuzzeichen auf die 
				Stirn gemacht und mit dem Taufwasser wirkmächtig besiegelt wird, 
				dass dieses Kind dem auferstandenen Christus angehört, dass er 
				bei ihm sein wird alle Tage bis an der Welt Ende um es dann 
				heimzuholen auf eine neue Erde unter einem Himmel, wo 
				Gerechtigkeit wohnt. 
					- Am Ende der Kindheit, wenn 
					Jugendliche vor dem Altar niederknien und sie mit einem 
					persönlichen Schriftwort unter Handauflegung gesegnet 
					werden. Oder genauer gesagt: Wo Gottes Stimme jedem jungen 
					Menschen zuspricht, dass er je eigene Gaben und Begabungen 
					hat. Und sein Wort ihnen Mut macht, diese zu entfalten und 
					so eine je eigene Persönlichkeit zu werden - begabt mit 
					heilvoller Kraft!
 
					- Wenn zwei sich liebende Menschen 
					vor den Traualtar treten und Gottes Wort ihnen versichert, 
					dass ihre Liebe göttlichen Ursprungs ist und dass sie im 
					Glutofen der Liebe Jesu Christi zum Band der Vollkommenheit 
					werden wird.
 
					- Wenn Jubelkonfirmanden nach 50 oder 
					60 Jahren hier dankbar zurückblicken - und sie doch Gottes 
					Versprechen, bei ihnen zu sein bis an der Welt Ende, mit 
					ganz anderen Ohren hören, weil beim Blick nach vorne alle um 
					Begabung mit heilvoller Kraft bitten.
 
					- Am Ende des Lebens, wenn der 
					Reisesegen über den Leichnam gesprochen wird und wir alle 
					daran erinnert werden, dass wir hier keine bleibende Statt 
					haben sondern unterwegs sind zu unserer himmlischen Heimat 
					und Gottes Wort die Trauernden tröstet und sie fürs Leben 
					mit heilvoller Kraft begabt.
 
					 
					So segnet Gott, indem er uns mit 
					seinem Wort anspricht und wir uns vor ihm verantworten und - 
					mit heilvoller Kraft begabt - zum Segen werden für andere! 
					Das war den Vätern unseres Grundgesetzes vermutlich mehr 
					bewusst, als unserer heutigen Zeit, wenn sie in der Präambel 
					ausdrücklich von ihrer „Verantwortung vor Gott und den 
					Menschen“ sprachen.  
					 
					Zedtwitz kann sich glücklich schätzen, eine eigene 
					Dorfkirche zu besitzen, wo Gott mit seinem Wort Menschen 
					segnet und sie in ihrer jeweiligen Lebenssituation mit 
					heilvoller Kraft begabt, auf dass sie zum Segen werden für 
					ihre Mitmenschen hier in Zedtwitz , aber eben nicht nur. 
					Letztlich geht es darum, dem „Frieden der Welt zu dienen“! 
					Dass dieses „dem Frieden dienen“ auch in Zedtwitz mitunter 
					recht schwierig sein kann, weiß ein jeder. Daran wird auch 
					der Umstand nichts ändern, dass Zedtwitz ein wunderschönes 
					Dorf geworden ist und wir heute den Abschluss der 
					Baumaßnahmen zur Dorferneuerung feiern. Denn was ein Dorf 
					wirklich schön (oder auch hässlich) macht, das sind seine 
					Menschen! Was Zedtwitz braucht sind - nein, nicht schöne 
					Menschen, sondern gesegnete Menschen! Menschen, die sich von 
					Gottes Wort ansprechen lassen und sich vor ihm verantworten; 
					die sich begaben lassen mit heilvoller Kraft und zum Segen 
					für andere werden - wie Abraham! Das wäre eine 
					Dorferneuerung mit einem wahrhaft menschlichen Gesicht! 
					 
					Freilich, alles beginnt damit, dass Gott zu uns Menschen 
					spricht: Ich will dich segnen! Und du sollst ein Segen sein! 
					Daran hat sich bis heute nichts geändert. Freilich, seine 
					Stimme wird gerne überhört. Sie ist nicht laut, die Stimmen 
					des Alltags sind in der Regel lauter. Aber wer sie hört, der 
					wird ein anderer, ein „neuer Mensch“ wie der Apostel Paulus 
					sagt. Er erfährt sich als einen, der von der Macht des 
					Lebens persönlich angesprochen wird, der berufen, 
					herausgerufen wird. Die „Ecclesia“, die Kirche ist ihrem 
					griechischen Wortsinn nach ja nichts anderes als die 
					Gemeinschaft der „Herausgerufenen“….sagen wir einfach mal: 
					aus den eingefahrenen Gleisen des Denkens und des 
					Verhaltens, aus dem Alltagstrott unseres Egoismus und 
					unserer Freudlosigkeit, unserer Blindheit gegenüber dem 
					Wunder des Lebens, dem Wunder des Mitmenschen, den vielen 
					Wundern der Mitgeschöpfe.  
					 
					Abraham, so wird die spätere Tradition vermuten, sah sich 
					herausgerufen aus einer falschen Gottesverehrung – ein 
					Gedanke, der bei näherem Hinsehen auf die Götzen unserer 
					Tage durchaus neue Plausibilität hat. In jedem Fall bedeutet 
					es Aufbruch und Neuanfang, wenn ein Mensch Gottes Stimme 
					hört. Er wird auf einen Weg geschickt in das „Land der 
					Verheißung“, das Ziel ist ein erfülltes, ein sinnvolles 
					Leben, das es nur in der Gemeinschaft mit allen gibt, mit 
					allen Mitmenschen, mit allen Mitgeschöpfen. Dazu beruft 
					Gottes Stimme. 
					 
					„Ich will dich segnen. Und du sollst ein Segen sein.“ – Ja, 
					es geht etwas Heilsames von Menschen aus, die staunen können 
					über das Wunder des Lebens; die dankbar sind für jede 
					geschenkte Lebenszeit; die einem anderen Menschen ganz nah 
					sein können, ohne Angst um sich selber zu bekommen; die klar 
					sind in ihren Worten und Taten; die immer noch Hoffnung 
					haben trotz allem; die Lebensfreude ausstrahlen, weil sie 
					etwas spüren vom Geheimnis der göttlichen Lebenskraft. Wer 
					so von Gott gesegnet ist, von dem geht sozusagen von selbst 
					Segen aus – trotz, oder vielleicht muss man sagen: gerade 
					wegen des vielen Fluchens und Verfluchens auf Erden. Der 
					wird so zum Mitstreiter Gottes für das Leben in gelingender 
					Gemeinschaft. 
					 
					So bitten wir Gott heute, dass er auch uns segne wie einst 
					Abraham, dass er einen jeden mit heilvoller Kraft begabe, 
					auf dass die Gemeinschaft dieses Dorfes ihren Beitrag leiste 
					zum Frieden der Welt. 
			
			Pfarrer Rudolf Koller 
			  
		(Hospitalkirche 
		Hof)  | 
			
			 
			Text: 
			Gott spricht zu Abraham: 
			 „Ich will dich segnen! 
			Und du sollst ein Segen sein!“ 
			       
			
			Bilder vom Fest ...   |