Liebe KonfirmandInnen, liebe Eltern und Paten, liebe Gemeinde,
morgen ist es also soweit! „Endlich!“, werdet ihr sagen. Endlich
kein Konfi-Unterricht mehr, kein Auswendiglernen mehr und am Sonntag
darf man auch mal wieder länger schlafen. Morgen feiert ihr eure
Konfirmation. Ihr werdet euer eigenes Ja zum christlichen Glauben
und zu einem Leben im Geiste Jesu Christi sprechen. Dann seid ihr
religionsmündig, sozusagen Erwachsene im Glauben – auch wenn man im
Glauben nie ausgelernt haben wird, ein ganzes Leben lang nicht. In
vielen Kulturen gibt es solche Feiern. Sie markieren - wie bei
uns die Konfirmation - den Übergang von der Kindheit zum
Erwachsenwerden: Ein tiefer Einschnitt in einem jeden Menschenleben!
Früher wurde das noch deutlicher, als Konfirmation häufig mit dem
Ende der Schulzeit und dem Beginn des Arbeitslebens zusammenfiel.
Die Bibel, diese einzigartige Sammlung menschlicher Lebens- und
Glaubenserfahrungen, weiß um die Bedeutung dieses Übergangs von der
Kindheit zum Erwachsensein. Und sie weiß, dass dabei immer etwas
schief läuft, wenn Kinder zu Erwachsenen werden. Man könnte sagen:
Sie verlieren ihre Unschuld. Diese Erfahrung kleiden die biblischen
Schriftsteller in eine Erzählung, die ganz am Anfang unserer Bibel
zu lesen ist. Und am Anfang steht sie nicht umsonst! Weil sie damit
jedem Leser und somit auch uns sagen will: So war es von Anfang an!
Und so wird es wohl immer sein! Aber hören wir doch selbst auf diese
Geschichte!
Predigttext (siehe rechts)
Eine erste Beobachtung zu dieser Geschichte: Alles ist ihnen
erlaubt. Aber ausgerechnet das Eine, das Gott ihnen verbietet, das
tun sie! So, wie Kinder ab einem gewissen Alter genau das tun, was
ihnen ihre Eltern verbieten. Warum eigentlich? Warum werden Kinder
irgendwann aufmüpfig, fangen sie an, zu widersprechen, tun sie genau
das, was Eltern am wenigsten wollen? Die Geschichte gibt darauf
bewusst keine Antwort! Die Schlange für alles verantwortlich zu
machen, ist jedenfalls keine vernünftige Erklärung! Aber dazu später
noch ein Wort!
Eine zweite Beobachtung: Als sie vom Baum der Erkenntnis essen, da
heißt es, dass ihnen die Augen aufgehen. Und sie erkennen, dass sie
nackt waren. Erstaunlich! Denn vorher hat sie ihre Nacktheit
überhaupt nicht gestört! Sie war sozusagen ganz natürlich. Aber
jetzt? Jetzt schämen sie sich plötzlich ihrer Nacktheit. Jetzt
verstecken sie sie, indem sie Schurze aus Feigenblättern machen. Na
ja, heute ziehen sie Armani-Jeans an und dazu ein poppiges T-Shirt.
Aber die Sache bleibt doch die Gleiche! Menschen verkleiden sich –
oder sollte man sagen: sie verstecken sich? Spielen dem anderen
etwas vor? Sehen den anderen nicht mehr in seiner Natürlichkeit,
sondern schauen nur noch auf Äußerliches? Liebe Konfirmanden,
aufgepasst in dieser Welt der Erwachsenen! Hier wird gelogen und
betrogen. Hier wird Verstecken gespielt, immer wieder – aber anders
als in dem Kinderspiel gibt es hier schmerzhafte Enttäuschungen und
Verletzungen! Hier in unserer westlichen Gesellschaft wird mehr Wert
auf äußeren Schein als auf ehrliches Sein gelegt.
Damit komme ich zu meiner dritten Beobachtung: Angst haben sie am
Ende! Angst voreinander und – mehr noch – Angst vor Gott! Als er im
Garten spazieren geht, da verstecken sie sich in ihrer Furcht vor
ihm. Man kann danach die ganze Menschheitsgeschichte lesen als eine
einzige Geschichte des Weglaufens von Gott! Auch Jesus hat in einer
Geschichte davon beispielhaft erzählt – freilich auch davon, wie der
Vater seinem verlorenen Sohn, als der beschließt, zu ihm umzukehren,
entgegenläuft und ihn herzlich umarmt.
Und dann, als Adam und Eva darauf angesprochen werden, dass sie
trotz des Verbots von dem Baum gegessen haben, da schiebt einer dem
anderen die Schuld zu! „Da sprach Adam: Das Weib, das du mir
zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß. Da sprach Gott der
HERR zum Weibe: Warum hast du das getan? Das Weib sprach: Die
Schlange betrog mich, so dass ich aß.“ Keiner will schuld sein!
Jeder zeigt mit dem Finger auf den anderen. Am Ende zeigen sie beide
auf die Schlange. Womit wir die Frage von vorhin beantwortet haben:
Die Schlange dient in der Geschichte allein dazu, diesen
Sündenbock-Mechanismus zu verdeutlichen. Warum Adam und Eva, warum
alle Menschen gegen Gottes Gebot handeln, bleibt offen!
Aber die große Versuchung für alle nennt die Geschichte beim Namen.
Sie kommt aus dem Munde der Schlange: sein wollen wie Gott! Oder
anders gesagt: nicht Mensch sein wollen, nackt und verletzlich,
offen und ehrlich; sondern mehr sein wollen, letztendlich sich
aufspielen als der liebe Gott. Dass dabei überhaupt nichts
Liebevolles herauskommt, erzählt die Bibel gleich in den nächsten
Kapiteln, wo gleich als erstes in der Welt der Erwachsenen ein
Bruder den anderen erschlägt.
Was heißt es also, wenn ihr morgen euer persönliches Ja zum Glauben
an Jesus Christus sprecht? Es heißt, dass ihr als „erwachsene
Christen“ eintretet in einen Kampf! Einen Kampf für ehrliches
Menschsein, in einen Kampf auch gegen Lug und Betrug, in einen Kampf
für Gerechtigkeit und – wie die Heilige Schrift als großes Ziel
erhofft – für Frieden! Ein Kampf, der zunächst einmal in euch selber
anfängt, mit der Ehrlichkeit gegenüber sich selbst. Das allein ist
schon eine lebenslange Aufgabe. Und dabei sollt ihr auch noch nicht
stehen bleiben. Denn da draußen warten Menschen in so vielerlei Not,
warten auf eure Menschlichkeit!
Ehrliches Menschsein – das üben wir auch heute in diesem
Gottesdienst ein: Wenn wir alle hier vor Gott treten mit dem, was
uns das das Leben schwer macht; mit dem auch, womit wir anderen das
Leben immer wieder schwer machen; auf dass wir uns im Spiegel wieder
ins Gesicht schauen können und dem Mitmenschen in die Augen! Ja,
hier dürfen und hier können wir es: Uns und einander eingestehen,
dass wir uns so viel schuldig bleiben – meist mehr, als wir müssten:
unseren Kindern, aber auch unseren Eltern; uns selbst, aber auch
unserem Mitmenschen gegenüber. Ja, in der Gemeinschaft derer, die
für wahres und wahrhaftiges Menschsein kämpfen, in der Heiligen
Christlichen Kirche da üben wir das immer wieder ein: nicht in
Scham- oder Schuldgefühl zu versinken, sich nicht zu Tode genieren
zu müssen, sondern aufzuatmen, neu anfangen zu dürfen, ehrlicher zu
leben mit der Ermutigung, es in Zukunft einfach besser machen zu
können.
Hier, vor dem Angesicht des Gekreuzigten, dürfen wir wissen, dass
keiner mehr oder besser ist als der andere – egal ob er Armani-Jeans
trägt oder Konfektionsware. Denn hier blicken wir gemeinsam auf
diesen Jesus Christus - in dem Glauben, dass er alle Schuld, vor
allem meine, auf sich genommen hat und immer wieder nimmt - auf dass
wir freie und aufrechte Menschen sein können und so mehr und mehr
dem Ebenbild Gottes in uns entsprechen, das er mit der Taufe in
einen jeden von uns gelegt hat.
Pfarrer Rudolf Koller
(Hospitalkirche
Hof) |
Text: 5 Und Gott der HERR nahm
den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute
und bewahrte.
16 Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen
von allen Bäumen im Garten,
17 aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du
nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm issest, musst du des
Todes sterben….
Aber die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die
Gott der HERR gemacht hatte, und sprach zu dem Weibe: Ja, sollte
Gott gesagt haben: ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?
2 Da sprach das Weib zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der
Bäume im Garten;
3 aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt:
Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet!
4 Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet keineswegs des Todes
sterben,
5 sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esset, werden eure
Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und
böse ist.
6 Und das Weib sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er
eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte.
Und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr
war, auch davon, und er aß.
7 Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr,
dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und
machten sich Schurze.
8 Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag
kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem
Angesicht Gottes des HERRN unter den Bäumen im Garten.
9 Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du?
10 Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn
ich bin nackt, darum versteckte ich mich.
11 Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du
nicht gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot, du solltest
nicht davon essen?
12 Da sprach Adam: Das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von
dem Baum, und ich aß.
13 Da sprach Gott der HERR zum Weibe: Warum hast du das getan? Das
Weib sprach: Die Schlange betrog mich, so dass ich aß. |