Predigt     1. Petrus 5/5c-11     15. Sonntag nach Trinitatis     12.09.10

"Vom Wegwerfen der Sorgen"
(von Prädikantin Susanne Biegler, Hospitalkirche Hof)

Liebe Leser,

alles in Butter auf dem Kutter, alles im Lot auf dem Boot. So heißt ein Spruch. Genauso sieht nach der Meinung einiger Menschen das eigene Leben aus. Fragt man junge Leute, dann sagen sie oft: “Ich habe alles im Griff. Alles ist roger.“ Viele Jugendliche sind äußerlich selbstsicher. Aber nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene meinen, sie sind selbst die Starken und haben das ganze Leben alleine in der Hand. So ist zumindest die Meinung der Menschheit in den letzten zwei Jahrhunderten. Das Penicillin wurde entdeckt und viele Krankheiten konnten geheilt werden. Die neuen Behandlungen bei Krebs, wie z.B. die Chemotherapie, waren wieder ein weiterer Schritt der Menschheit, das Leben in den Griff zu bekommen. Viele sind der Überzeugung, dass man nur immer mehr forschen müsse, um die Entwicklung voranzutreiben. Damit bekäme die Menschheit fast alle schwierigen Situationen selbst in den Griff. Manche Menschen sind so von sich selbst eingenommen, dass sie sagen: „In meinem Leben bin nur ich der Boss. Selbst ist der King.“

Ist das aber wirklich so? Sind wir wirklich selbst die Kings? Haben wir wirklich irgendwann alles im Griff? Nein, wenn wir denken, wir hätten eine Krankheit oder ein Problem besiegt, tauchen sofort wieder neue Dinge auf, welche die Menschheit vor unlösbare Aufgaben stellen. Und dazu gibt es unbegreifliche Ereignisse. Sie werfen bei den Menschen immer wieder viele Fragen auf. So beschäftigt viele, die in letzter Zeit häufig auftretenden Krebserkrankungen junger Menschen. Beginnt man sich in so viele problematische Situationen hineinzusinnen, kann man jede Hoffnung verlieren. Zumindest, wenn man menschlich denkt.

Die Bibel jedoch teilt uns immer wieder mit, dass es Hoffnung gibt. So berichtet uns der Schreiber des 1. Petrusbriefes am Anfang seines Briefes von der lebendigen Hoffnung, die durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten in die Welt gekommen ist. Dieser Schreiber schreibt den neuen Christen dann weiterhin, wie sie als Christen leben sollen. Viele verschiedene Lebensmaßstäbe werden den Leuten mitgegeben. Solche Maßstäbe stehen auch im 5. Kapitel des Petrusbriefes, unserem heutigen Predigttext.

Lesung des Predigttextes (siehe rechts)

Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. Es heißt ja auch: Hochmut kommt vor dem Fall. Demütig sein, ach du liebe Zeit, denken da manche. Muss ich jetzt gebückt und immer als Duckmäuser herumlaufen, weil Gottes gewaltige Hand über mir ist. Ich denke nein. Ich denke dieser Vers macht uns etwas ganz Wichtiges klar. Er zeigt uns, dass die Menschen, die sagen alles im Lot auf dem Boot, auf dem falschen Dampfer sind. Diejenigen, die meinen sie hätten alles selbst im Griff, sind auf dem Holzweg. Wenn die Selbstsicheren sagen, ich schaffe alles alleine, ich brauche keinen Gott, merken sie bald, dass sie doch nicht alles im Griff haben. Sie erfahren, dass Menschen trotz größter medizinischer Anstrengungen sterben müssen. Oder sie merken, dass immer neue Probleme auf dieser Welt hinzukommen, für die noch keine Lösungen parat sind So sind z.B Antibiotika und Chemo heute längst nicht mehr die Allheilmittel. Ein häufig gehörter Satz, den ich schon am Anfang zitiert habe, ist dieser: “Ich kann doch alles alleine entscheiden und machen, denn ich weiß selbst, was das Beste für mich ist. Ich kenne mich selbst am Besten.“

Ja, und wenn man dann auf die Nase fällt, merkt man, dass alle Eigenregie doch nichts helfen kann. Aus dieser Erkenntnis heraus fordert uns unser Text auf: Seid nicht hochmütig, sondern demütigt euch unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. Das ist kein Duckmäusertum, sondern eine wichtige Erkenntnis, die aus vielen reellen Lebenserfahrungen resultiert. Wenn ich bei allen negativen Erfahrungen nicht resigniere und ich mich unter die gewaltige Hand Gottes demütige, dann überlass ich mich einem, der besser weiß, was gut für mich ist und der das Leben im Griff hat.

Jedoch wird dann immer alles gut? Hat Gott alles im Griff? Bringt er wirklich alles ins Lot auf unserem Boot? Dem Anschein nach würde ich diese Fragen erst mal mit Nein beantworten. Denn oftmals sieht aus so aus, als ob Gott doch nicht alles im Griff hat. Auch ein Leben mit Gott ist nicht immer ganz problemlos. Nöte und Sorgen machen vor Menschen, die sich unter die gewaltige Hand Gottes demütigen, nicht halt.  Manchmal kann man sich da schon fragen, wo ist denn jetzt Gott? Ich verstehe so vieles nicht.

Menschen, die sich unter die gewaltige Hand Gottes demütigen, kennen solche Fragen natürlich auch? Aber sie wissen, an wen sie sich mit all ihren Problemen und Fragen wenden können. Und wenn ich mein Leben nicht selbst regieren muss, sondern es von Gott regieren lasse, dann ist mir eigentlich letztendlich alle Verantwortung genommen. Ich muss nicht alles alleine machen. Deshalb ermutigt der Briefschreiber die Christen mit einem wunderbaren Wort: All Eure Sorgen, werft auf ihn, denn er sorgt für Euch. Mit diesem Satz am Ende des Briefes, weist der Schreiber, die jungen Christen wieder auf die lebendige Hoffnung hin. Alle Eure Sorge werft auf ihn, der die lebendige Hoffnung ist. Ein Satz in dem unheimlich viel steckt.

Buchstabieren wir diesen Satz doch mal von Anfang an durch. All Eure Sorgen heißt es da. Keine Sorge ist Gott zu klein oder zu groß, alles kann ich ihm sagen. Ich brauche ihm nichts zu verschweigen. Ja und manchmal gibt es auch Dinge, die man nicht so gerne abgeben möchte. Ach, dieses Problem kann ich schon selbst lösen. Gottes Weg ist vielleicht nicht so nach meinem Geschmack. Solche Gedanken soll es nicht geben. All heißt wirklich alles.

Und was sollen wir mit all unseren Sorgen machen? Nicht einfach nur ablegen, sondern wegwerfen. Wegschmeißen einfach ganz weg auf Gott. Vielleicht so wie einen schweren Stein, der nicht mehr zurückkommen kann. Aber das fällt nicht so leicht. Manchmal werfen wir die Sorgen so weg, wie wenn wir einen Ping-Pong-Ball gegen eine Wand werfen würden. Ganz schnell sind sie wieder zurück. Oder wir werfen die Sorgen so wie einen Basketball. Dieser braucht zwar etwas Zeit, kann aber trotzdem wieder zurückkommen. Die Sache mit dem Stein hat auch so seine Tücken, denn zu einem schweren Sorgenstein kann man wieder hinlaufen und ihn zurückholen.

Der Briefschreiber fordert uns aber auf: Lass los, schmeiß alles weg, jedoch nicht irgendwohin, sondern auf Gott. Wenn wir die Sorgen weit wegwerfen, können wir uns in Gottes Hand fallen lassen. Die Schweizer haben zu diesem Thema in ihrer Mundart einen besondern Ausdruck. Er heißt auf schwiezerdütsch: „Hab sorg auf dich.“ Wir würden sagen, pass auf Dich auf. Wir könnten auch sagen, Gott hat Sorg auf uns und auf unsere Sorgen. Er passt auf uns auf, nicht wie ein strafender Richter, vor dem man sich bücken und Angst haben müsste, sondern wie ein treuer Vater, der den Menschen durch Christi Kreuzestod und Auferstehung eine echte Hoffnung gegeben hat. Nicht alle unsere Probleme werden so gelöst, wie wir es uns vorstellen, aber er macht unsere Sorgen zu seinen Sorgen. Er bringt unser Lebensboot wieder ins Lot, dass es nicht schwankt. So können wir sagen: „Alles in Butter auf dem Kutter.“

Schön, wenn das nur so einfach wäre, denken bestimmt manche von ihnen. Es gibt Tage da gelingt es mir. Da sind meine Sorgen weit weg, aber es gibt auch Tage da stehen unsere Probleme ganz schnell wieder auf der Matte. Ja, wir sind Menschen und das ist ein Lernprozess, das mit dem Abgeben der Sorgen. Als Menschen sind wir von vielen Seiten beeinflussbar. Das weiß auch der Verfasser unseres Briefes. Denn gleich im Anschluss an die Worte vom Wegwerfen der Sorgen, ermahnt er die Leser. Seid nüchtern und wach, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.

Der Widersacher Gottes ist wie ein brüllender Löwe, vor dem man Angst haben kann. Er stürzte wohl die Leute damals in Schwierigkeiten. Ich denke aber auch, dass der Widersacher noch anderes bewirken kann. Er will unseren getrosten Mut verschlingen. Er kann unsere Gedanken lenken und uns beeinflussen. „Ach, die Sache mit Gott und der Zuversicht, ist nur eine Einbildung. Gott kann Dir doch nicht helfen, gibt er uns ein. Du bist auf dem Holzweg lass es bleiben. Du kannst es doch selbst besser.“ Ich denke, dass das Böse wirklich so unsere Gedanken lenken kann und uns in damit in Schwierigkeiten bringt. Deshalb sollen wir nüchtern und wach sein und uns an Gott festhalten. Nüchtern sein, bedeutet klar bei Verstand sein. Und wenn wir klar bei Verstand sind dann können wir mal in unserem Leben zurückschauen. Blicken wir dann so mit klarem Verstand zurück, dann erkennen wir, wie Gott uns in unserem Leben schon sooft geholfen und unsere Sorgen wirklich weggenommen hat. Das kann uns wieder Mut zum Vorwärtsgehen und zum Wegwerfen der Sorgen machen. Denn der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! So steht es in unserem Bibeltext. Und das soll uns ermutigen unsere Sorgen wirklich wegzuwerfen.

Zum Schluss noch ein Beispiel das unseren Text zusammenfasst und an dem wir gut sehen können, was geschieht, wenn man die Sorgen wegwirft.

In der Bibel wird von einer Schiffsbesatzung gesprochen, die einmal in großer Seenot war. Die Leute überlegten hin und her, wie sie das Schiff wieder ins Lot bringen konnten. Durch eine Auslosung, wie es damals üblich war, merkten sie, dass sie Ballast an Bord hatten, den sie abwerfen mussten. Der Ballast war ein Mann, der mit Sorgen und Nöten beladen war. Es handelte sich um Jona, der nicht Gottes Weg folgte, sondern auf ein Schiff ging, um vor Gott wegzulaufen. Als dieses Schiff immer mehr schwankte, entschlossen sich die Seeleute zu einem folgenschweren Schritt. Sie warfen ihren größten Ballast ab. Ja, sie warfen Jona ins Wasser. Und was passierte? Das Schiff gelang wieder in ruhiges Fahrwasser. Die Seeleute wussten nicht, ob alle Probleme gelöst waren, aber ihr Schiff wurde wieder ruhig. Auch wir wissen nicht gleich, ob alle unsere Probleme gelöst werden, aber wir spüren dass unser Lebensschiff wieder ruhig wird. Das ist wichtig. Wenn wir uns zum Schritt des Loslassens und Wegwerfens durchringen und uns unter die gewaltige Hand Gottes demütigen, dann steht in unserem Text werden wir erhöht, nicht zu unsrer, sondern zu seiner, also Gottes Zeit. Diese Lebensregel möchte uns unser Text mitgeben.

Deshalb lernen wir doch, unsere Sorgen so tief ins Meer zu werfen, wie es die Seeleute mit dem Jona getan haben. Dann kommt unser Lebensboot wieder ins richtige Lot. Und wir können sagen, alles im Lot auf dem Boot, auch wenn es schwer fällt. Denn der Friede Gottes der höher ist als alle menschliche Vernunft regiert unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn. Ich wünsche uns allen, dass dieser Friede an diesem Sonntag unser Herzen erfülle.

Prädikantin Susanne Biegler, Hospitalkirche Hof

Text:

Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.
6 So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.
7 Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
8 Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.
9 Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen.
10 Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
11 Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.


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