Liebe Leser,
Quasimodogeniti „Wie neugeborene Kinder“
heißt dieser Sonntag heute. Sein Thema ist das Gefühl, aus schlimmen
Zuständen heraus wiedergeboren zu sein – zu einem geradezu neuen Leben
unter neuen Voraussetzungen.
Für Sibel Kekilli hätte ihre Auszeichnung auf der
Berlinale für den Film „Gegen die Wand“ eine Art Wiedergeburt sein können.
Und vermutlich hat sie das auch ähnlich empfunden.
Doch die Bildzeitung hatte nichts Besseres zu tun,
als Pornofilme auszugraben, in denen sie mitgespielt hat.
Geschlagene zwei Wochen hatte das Blatt offenbar auf Seite 1 nichts
anderes zu berichten. Eines der Titelblätter
scheint mir besonders bemerkenswert: Wie mit einem
Stempel aufgedrückt in Rot auf Schwarz das Wort „schamlos“. Darunter die
Schlagzeile "Sündige Filmdiva beichtet alles."
Links ein barbusiges Bild von ihr, wohl aus besagtem Pornofilm.
Rechts die strahlende Schauspielerin bei der Preisvergabe.
Und ich muß sagen: Das waren Neuigkeiten für mich. Oder wussten Sie, dass
Beichte schamlos ist. Und Scheinheiligkeit eine Pflicht?
Wußten Sie, dass Sünde unverzeihlich ist?
Wußten Sie, dass ein Fehler lebenslange Ächtung nach sich zieht und es
geradezu eine Schande ist, wieder auf die Beine zu kommen?
Und wussten Sie, dass Millionen von Bildlesern und Leserinnen es
für durchaus gangbar halten, sich mit der Redaktion über
Pornodarstellerinnen zu empören. Und auf der gleichen Seite 1 wie immer
unten eine nackte Frau zu erblicken, die mit einem zweideutigen Spruch
versehen ist.
Ich bin manchmal ein sehr impulsiver Mensch. Jedenfalls kochte es in mir
hoch: Diese Schlagzeile der Bildzeitung ist schlimmer als alle
Pornografie, die mir bisher untergekommen ist! Sie spuckt dem Leben ins
Gesicht. Indem sie die Chance zum Neubeginn missachtet, verachtet diese
Nachricht nicht nur Sibel Kekilli, sondern auch die Leser der Zeitung und
ihren Schreiber.
Quasimodogeniti. „Wie neugeborene Kinder“ heißt dieser Sonntag heute. Sein
Thema ist das Gefühl, aus schlimmen Zuständen heraus wiedergeboren zu sein
– zu einem geradezu neuen Leben unter neuen Voraussetzungen. Und sein
Predigttext handelt von den Grundfesten, auf denen dieses befreite Leben
aufbaut. Er handelt vom unzerstörbaren Grundbestand von Würde und Profil,
den Gott selbst jedem Menschen unvergänglich erhält und aus dem er
Menschen zu neuem Leben erweckt. Vielleicht könnte man sagen: Unser
Predigttext ist die Flagge, das Grundgesetz der Schöpfung, auf das sich
jeder berufen kann, wenn andere ihm oder er selbst sich, seiner Würde
berauben will. Diese Flagge der Würde gilt es hochzuhalten. Sie ist die
Grundvoraussetzung für Umkehr und Neubeginn. Denn ohne die Anerkennung von
Würde ist kein Neubeginn möglich.
Hören wir also den Beginn des Petrusbriefes: (Verlesung
des Predigttextes)
Ein unvergängliches und unbeflecktes und unverwelkliches Erbe wird
aufbewahrt im Himmel für euch. Die Würde des Menschen ist unantastbar, so
formuliert es unser staatliches Grundgesetz. Da es zu allen spricht,
vermeidet es die Berufung auf die Auferstehung Jesu Christi und
verschweigt den Himmel als Schutzort dieser Würde und Heiligkeit jedes
Menschen. Das staatliche Grundgesetzt verzichtet auf die Begründung, um
seinen Anspruch auch für Menschen zu erhalten, die christliche
Begründungen ablehnen würden.
Der 1.Petrusbrief wendet sich speziell Christen wie uns. Ihnen kann er
mehr sagen, als was in einem staatlichen Grundgesetz möglich ist. Denn wir
haben zu der unantastbaren Würde, die Gott allen Menschen seit der
Schöpfung durch seinen Atem eingehaucht hat, noch ein anderes, besonderes
Geschenk bekommen: Uns ist nicht nur wie allen Menschen diese Würde
geschenkt. Nein, wir wissen sogar darum. Wir sehen durch die Offenbarung
Gottes in der Heiligen Schrift diese Würde und Heiligkeit, die allen
Menschen geschenkt ist. Wir erinnern uns in der Osterzeit daran, dass
diese Würde nicht einmal durch den Tod angetastet werden kann. Wir
glauben, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist, obwohl wir
ihn nicht gesehen haben. Obwohl unsere Umgebung oft eine ganz andere
Sprache spricht. Uns ist ein Glaube geschenkt, der uns vor Freude die
Tränen in die Augen treibt, wenn wir durch die Schlammschlachten hindurch
die Menschen sehen, deren unvergängliche und unbefleckte und
unverwelkliche Würde im Himmel aufbewahrt wird.
Haltet an diesem Geschenk des Glaubens fest: Bewahrt euch den Blick für
das Kind Gottes in jedem Menschen. Denn die letzte
Wahrheit ist eben nicht, dass jemand in einem Pornofilm mitgespielt hat,
dass jemand verletzend war, dass das Leben oft so sinnlos aussieht. Nein.
Letztendlich bleibt nicht die Schuld, sondern das Leben in seiner
Heiligkeit. Es macht uns Christen zu besonderen Menschen, dass wir heute
schon sehen lernen, was erst zur letzten Zeit völlig sichtbar wird. Wer an
die Auferstehung Jesu Christi an Ostern glaubt, der sieht, was für alle
anderen noch schwarz verhangen ist: Die Auferstehung aller zu neuem Leben:
Quasimodogeniti: Wie neugeborene Kinder. Wer Augen hat, der sehe das Kind
Gottes in jedem Menschen! Das weiterzugeben ist wahre Mission.
Haltet daran fest, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer
befunden werde als ein paar Euro Judaslohn. Laßt euch durch eueren Glauben
bewahrt werden zur Seligkeit, die bereit ist, daß sie offenbar werde zu
der letzten Zeit.
Der 1.Petrusbrief richtet sich an uns Christen. Er zeigt uns, wo wir
stehen sollten: Auf der Seite derer, ob Christen oder nicht, die durch den
Dreck gezogen werden, denen die Würde und das Recht auf einen Neuanfang
abgesprochen wird, oder auf die noch nicht mal jemand aufmerksam wird.
Denn sie können Jesus Christus an ihrer Seite wissen. Sagen wir das aller
Welt. Für diese Menschen und für uns selbst haben wir die Flagge der Würde
hochzuhalten. Es ist die Flagge Christi. Halten wir sie hoch: damit sie
weht im Wind des Heiligen Geistes.
Vikar Michael Krauß (Hospitalkirche
Hof) |
Text:
1,3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn
Jesus Christus, der uns nach seiner großen
Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer
lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu
Christi von den Toten,
1,4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und
unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel
für euch,
1,5 die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben
bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, daß
sie offenbar werde zu der letzten Zeit.
1,6 Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine
kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in
mancherlei Anfechtungen,
1,7 damit euer Glaube als echt und viel kostbarer
befunden werde als das vergängliche Gold, das
durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und
Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus.
1,8 Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch
lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn
nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit
unaussprechlicher und herrlicher Freude,
1,9 wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt,
nämlich der Seelen Seligkeit. |