Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,
ums Leben geht’s - wie es gelingt, aber auch wie es misslingt! Ums
Leben eines jeden Einzelnen geht’s – aber eben immer auch: ums Leben
in der Gemeinschaft mit anderen!
So kann man die Bedeutung von Glaube und christlicher Religion
beschreiben: Als Einführung in gelingendes Leben; und als Warnung
vor seinem Scheitern. Als Einübung in die Lebensgemeinschaft mit
meinen Mitmenschen; und als Wahrnehmung all dessen, was diese
Lebensgemeinschaft ständig gefährdet.
Ums Leben geht’s! Ja, um Leben oder Tod geht es, wie Pfarrer Taig
gestern anhand der Geschichte von König David eindrücklich gepredigt
hat ("Wie zerstörte Gemeinschaft wieder heil werden kann").
Deshalb, liebe Konfirmanden, lasst euch euren Glauben an Gott von
niemandem miesmachen – sei der Glaube auch noch so klein! Deshalb
lasst euch euer Ja zu einem Leben mit und unter Jesus Christus als
eurem Herrn auch von niemandem lächerlich machen! Solche Stimmen,
die den Glauben an Gott für unmodern und unzeitgemäß halten, hat es
immer gegeben und wird es wohl immer geben. Tretet ihnen mutig und
getrost gegenüber! Denn sie wissen nicht, wovon sie reden! Ihr sollt
wissen, dass ein Christ zu sein, ein Mensch, der nach Gottes Willen
fragt und in seinem Leben danach handelt, das Wertvollste ist, was
die Heilige Schrift von einem Menschen sagen kann – „Kind Gottes“
nennt sie ihn.
Kinder Gottes seid ihr! Seit eurer Taufe! Was das heißen kann und
was das für euer Leben bedeuten kann, das habt ihr – ansatzweise –
im Konfirmandenunterricht gelernt. Deshalb habt ihr euch mit Gottes
Wort in der Bibel beschäftigt; deshalb habt ihr die 10 Gebote
auswendig gelernt und so manchen Psalm. Deshalb solltet ihr den
Gottesdienst besuchen um euch einzuüben im Hören auf Gottes Wort und
im Feiern seiner Gegenwart. Deshalb habt ihr Praktika gemacht in den
diakonischen Einrichtungen von Hof um euren Blick zu schärfen für
diese unsere Welt und ihre Nöte.
All das, damit ihr heute Ja sagen könnt: zu eurer Gotteskindschaft
und zu einem Leben mit und unter Jesus Christus als eurem Herrn.
Freilich – ihr müsst euch bei eurem Ja nicht überheben. Natürlich
sind da noch so viele Fragen; natürlich sind da auch Zweifel;
natürlich ist da noch so viel, was ihr nicht wisst und auch nicht
beantworten könnt, wenn euch jemand danach fragt. Das ist nur
normal! Und kein Mensch erwartet von euch, dass ihr von heute ab
perfekte Christen seid – wenn es so etwas überhaupt gibt.
Deshalb ist es wichtig zu sehen, dass die Frage weiter geht: wollt
ihr im Glauben an Jesus Christus wachsen? Und: Wollt ihr als
evangelisch-lutherische Christen in seiner Gemeinde bleiben? Davor
möchte ich euch warnen: zu denken, dass das Lernen im Glauben mit
dem Konfirmandenunterricht beendet ist. Und auch davor zu denken,
dass nun, da ihr den Gottesdienst nicht mehr besuchen müsst, ihr
auch keinen Gottesdienst mehr braucht.
Martin Luther sagte einmal: Christ zu sein ist kein Haben, sondern
ein Werden. Wachsen im Glauben tut ein Christ, wenn er – immer
wieder – auf Gottes Wort hört; wenn er – immer wieder – in der
Gemeinschaft mit anderen Christen Gottes Gegenwart feiert; wenn er
sich so immer wieder einübt darin, wie Leben in Gemeinschaft
gelingt. Denn darum geht’s: um gelingendes Leben in der Gemeinschaft
mit unseren Mitmenschen!
Schaut auf Jesus Christus, euren Herrn!
Von dem, wie seine Familiengemeinschaft war, erzählt das Neue
Testament so gut wie nichts. Da habt ihr, liebe Konfirmanden, in
eurem Vorstellungsgottesdienst euch viel mehr Gedanken gemacht
darüber, was eine gute Familiengemeinschaft ausmacht. Von Jesus
hören wir nur, wer seine Eltern waren und dass er Geschwister hatte.
Von seinem Familienalltag wissen wir nichts. Wir können nur
vermuten, dass er von eurem nicht so verschieden war. Aber eine
Geschichte hat uns der Evangelist Lukas überliefert, die doch
bemerkenswert ist: Als Jesus so in etwa in eurem Alter war, war er
mit seiner Familie zu einem Fest in Jerusalem – und verschwindet
spurlos! Drei Tage lang suchen ihn seine Eltern – bis sie ihn
endlich wiederfinden: im Tempel bei den Schriftgelehrten sitzend und
mit ihnen über die Heilige Schrift diskutierend. Als seine Eltern
ihm Vorwürfe machen, entgegnet er ihnen: „Wisst ihr nicht, dass ich
sein muss in dem, was meines Vaters ist?“
Nur diesen Gedanken dazu: Auch ihr, liebe Konfirmanden, müsst euren
eigenen Weg gehen – und sollt es auch! Jeder einzelne von euch ist
ein unverwechselbarer Gedanke Gottes. Was er mit euch vorhat,
welchen Lebensplan er für einen jeden von euch hat – das
herauszufinden ist Aufgabe eures Gesprächs mit dem himmlischen
Vater. Und ihn zu gehen eure Bestimmung- selbst wenn Eltern und
Freunde euch Vorhaltungen machen. Jesus ging seinen Weg. Weitaus
mehr erzählt das NT von ihm als Erwachsenem:
Als erstes, dass er sich von Johannes taufen ließ – mit der Taufe
zur Vergebung der Sünden. Damit fängt wahrscheinlich wirklich erst
alles Gute an: wenn ein Mensch aufhört, sich für unfehlbar zu
halten; wenn er eigene Fehler, eigene Schuld eingestehen kann; wenn
er erkennt, dass er nicht Gott sondern Mensch ist! Pfarrer Taig hat
gestern alles dazu gesagt. Und ihr, liebe Konfirmanden, in eurem
Vorstellungsgottesdienst auch! Wie hieß es da? „Gemeinschaft
gelingt, wo wir Fehler des anderen verzeihen und eigene Fehler
eingestehen.“
Nach der Taufe Jesu erzählt das NT, wie Jesus seine Jünger beruft.
Oder sagen wir es für den heutigen Anlass: Keiner von euch soll ein
Einzelkämpfer oder gar ein Einzelgänger bleiben! Leben gelingt in
Gemeinschaft mit anderen; Freude im Leben findet Erfüllung als
mitgeteilte Freude und auch Glück ist das einzige, was sich
verdoppelt, wenn man es teilt. So sollt auch ihr nach Freunden
suchen, nach Weggefährten, ja, auch nach einem Lebensgefährten bzw.
einer Lebensgefährtin.
Und in einer Gemeinschaft von Schicksalsgefährten steht ihr schon:
in der Gemeinschaft der Kirche, der „Heiligen“ – nicht weil sie
besonders heilig sind, sondern weil sie, weil wir alle Anteil haben
an Gott – im Glauben, in der Liebe und in unserer Hoffnung!
Viele Geschichten im NT erzählen davon, wie Jesus vor allem die
Gemeinschaft derer suchte, die – sagen wir es einmal ganz
menschlich: die unter die Räder gekommen sind, die Opfer wurden –
von Umständen, von Mächten und auch von den Mächtigen. Ein solches
Opfer habt ihr auf eurer Konfirmandenfreizeit genauer kennengelernt:
den Zöllner Zachäus – ein Opfer der Geldgier. Aber neben ihm stehen
so viele andere: an den Rand gedrängte Kranke, von menschlicher
Gemeinschaft Ausgestoßene, von Spießbürgern Verachtete…die Reihe
ließe sich beliebig fortsetzen. Und jetzt wird es schon schwieriger
mit dem Leben unter Jesus Christus als unserem Herrn. Unsere
Vorstellung vom glücklichen Leben, wie sie uns heute überall in den
Medien entgegenschlägt, ist ja die von wellness-geölter Gesundheit,
von klingendem Geldbeutel und ewiger Freizeit und Freiheit: „Sail
away“ klingt es uns im Ohr und wir trinken die nächste Flasche
Becks-Bier.
Ganz anders Jesu Vorstellung von Glück! Glück – das ist das
Wieder-Leuchten in den Augen des Menschen, der eben noch vor Kummer
weinte! Glück – das ist das wieder gefundene Lächeln im Antlitz des
Menschen, den das Leben bitter gemacht hatte. Glück – das ist: den
glücklich zu machen, der kein Glück hatte im Leben!
Um eine Ahnung davon zu bekommen, dass das der Weg ist: andere
glücklich zu machen und dadurch selbst Glück zu empfangen – deshalb
habt ihr Besuche gemacht in den Behinderteneinrichtungen der
Diakonie und bei der Hofer Tafel. Als ermutigendes Beispiel gegen
die gängigen und leeren Glücksversprechen unserer Zeit!
Ein letzter Gedanke zu Jesus Christus, unserm Herrn: Am
ausführlichsten erzählt das NT vom Leidensweg Jesu Christi: von
Verrat, von Verleugnung, vom Justizmord und seiner Hinrichtung als
Verbrecher. Und jedes Jahr erinnern wir uns in der Passionszeit:
dass Christsein nicht umsonst zu haben ist! Dass – wer ein Leben
unter Jesus Christus führt – auch auf Widerstand stößt: den
Widerstand derjenigen, die alles beim Alten lassen wollen, die sich
einen Dreck um die Not der anderen scheren, solange es ihnen nur gut
geht; und die mit allen Mitteln ihren Besitzstand verteidigen und
dafür auch einmal diesen oder jenen über die Klinge springen lassen.
Christsein ist auch Kampf! Freilich – mit anderen Waffen als
denjenigen der Herren dieser Welt. Unser Glaube ist unser Helm, die
Liebe unser Schwert und die Hoffnung unser Panzer. Sie mögen uns
nicht vor Verletzungen, vor Leiden schützen. Aber sie bewahren uns
in allen Verletzungen und in allem Leid…
…weil: Ja weil Jesus Christus selbst uns dann entgegenkommt. Gnade
nennt das die Heilige Schrift und meint damit eine freudige
Überraschung und eine persönliche Teilnahme. Gott selbst hat dann
Gemeinschaft mit uns und wir mit ihm. So zärtlich und berührend wie
in dem Bild vom Vater, der seinem verlorenen Sohn entgegenläuft und
ihn fest umarmt.
Ums Leben geht’s beim Glauben an unseren Herrn Jesus Christus: Ums
Leben eines jeden einzelnen von euch und ums gelingende Leben in
dieser Weltgemeinschaft. Möge ein jeder von euch seinen Weg und sein
Glück finden! Möge Gott einen jeden von euch dorthin führen, wo er
euch braucht und wo ihr andere glücklich macht. Möge so ein jeder
von euch wachsen im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus – ihm
selbst zum Heil, den Mitmenschen zum Wohl und Gott zur Ehre! Und die
Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die
Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Pfarrer Rudolf Koller
(Hospitalkirche
Hof) |
Text:
Paulus schreibt:
13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und
die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
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