Predigt     2. Korinther 13,13     Konfirmation     28.03.10

"Ums Leben geht's"
(von Pfarrer Rudolf Koller, Hospitalkirche Hof)

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,

ums Leben geht’s - wie es gelingt, aber auch wie es misslingt! Ums Leben eines jeden Einzelnen geht’s – aber eben immer auch: ums Leben in der Gemeinschaft mit anderen!

So kann man die Bedeutung von Glaube und christlicher Religion beschreiben: Als Einführung in gelingendes Leben; und als Warnung vor seinem Scheitern. Als Einübung in die Lebensgemeinschaft mit meinen Mitmenschen; und als Wahrnehmung all dessen, was diese Lebensgemeinschaft ständig gefährdet.

Ums Leben geht’s! Ja, um Leben oder Tod geht es, wie Pfarrer Taig gestern anhand der Geschichte von König David eindrücklich gepredigt hat ("Wie zerstörte Gemeinschaft wieder heil werden kann").

Deshalb, liebe Konfirmanden, lasst euch euren Glauben an Gott von niemandem miesmachen – sei der Glaube auch noch so klein! Deshalb lasst euch euer Ja zu einem Leben mit und unter Jesus Christus als eurem Herrn auch von niemandem lächerlich machen! Solche Stimmen, die den Glauben an Gott für unmodern und unzeitgemäß halten, hat es immer gegeben und wird es wohl immer geben. Tretet ihnen mutig und getrost gegenüber! Denn sie wissen nicht, wovon sie reden! Ihr sollt wissen, dass ein Christ zu sein, ein Mensch, der nach Gottes Willen fragt und in seinem Leben danach handelt, das Wertvollste ist, was die Heilige Schrift von einem Menschen sagen kann – „Kind Gottes“ nennt sie ihn.

Kinder Gottes seid ihr! Seit eurer Taufe! Was das heißen kann und was das für euer Leben bedeuten kann, das habt ihr – ansatzweise – im Konfirmandenunterricht gelernt. Deshalb habt ihr euch mit Gottes Wort in der Bibel beschäftigt; deshalb habt ihr die 10 Gebote auswendig gelernt und so manchen Psalm. Deshalb solltet ihr den Gottesdienst besuchen um euch einzuüben im Hören auf Gottes Wort und im Feiern seiner Gegenwart. Deshalb habt ihr Praktika gemacht in den diakonischen Einrichtungen von Hof um euren Blick zu schärfen für diese unsere Welt und ihre Nöte.

All das, damit ihr heute Ja sagen könnt: zu eurer Gotteskindschaft und zu einem Leben mit und unter Jesus Christus als eurem Herrn. Freilich – ihr müsst euch bei eurem Ja nicht überheben. Natürlich sind da noch so viele Fragen; natürlich sind da auch Zweifel; natürlich ist da noch so viel, was ihr nicht wisst und auch nicht beantworten könnt, wenn euch jemand danach fragt. Das ist nur normal! Und kein Mensch erwartet von euch, dass ihr von heute ab perfekte Christen seid – wenn es so etwas überhaupt gibt.

Deshalb ist es wichtig zu sehen, dass die Frage weiter geht: wollt ihr im Glauben an Jesus Christus wachsen? Und: Wollt ihr als evangelisch-lutherische Christen in seiner Gemeinde bleiben? Davor möchte ich euch warnen: zu denken, dass das Lernen im Glauben mit dem Konfirmandenunterricht beendet ist. Und auch davor zu denken, dass nun, da ihr den Gottesdienst nicht mehr besuchen müsst, ihr auch keinen Gottesdienst mehr braucht.

Martin Luther sagte einmal: Christ zu sein ist kein Haben, sondern ein Werden. Wachsen im Glauben tut ein Christ, wenn er – immer wieder – auf Gottes Wort hört; wenn er – immer wieder – in der Gemeinschaft mit anderen Christen Gottes Gegenwart feiert; wenn er sich so immer wieder einübt darin, wie Leben in Gemeinschaft gelingt. Denn darum geht’s: um gelingendes Leben in der Gemeinschaft mit unseren Mitmenschen!

Schaut auf Jesus Christus, euren Herrn!

Von dem, wie seine Familiengemeinschaft war, erzählt das Neue Testament so gut wie nichts. Da habt ihr, liebe Konfirmanden, in eurem Vorstellungsgottesdienst euch viel mehr Gedanken gemacht darüber, was eine gute Familiengemeinschaft ausmacht. Von Jesus hören wir nur, wer seine Eltern waren und dass er Geschwister hatte. Von seinem Familienalltag wissen wir nichts. Wir können nur vermuten, dass er von eurem nicht so verschieden war. Aber eine Geschichte hat uns der Evangelist Lukas überliefert, die doch bemerkenswert ist: Als Jesus so in etwa in eurem Alter war, war er mit seiner Familie zu einem Fest in Jerusalem – und verschwindet spurlos! Drei Tage lang suchen ihn seine Eltern – bis sie ihn endlich wiederfinden: im Tempel bei den Schriftgelehrten sitzend und mit ihnen über die Heilige Schrift diskutierend. Als seine Eltern ihm Vorwürfe machen, entgegnet er ihnen: „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“

Nur diesen Gedanken dazu: Auch ihr, liebe Konfirmanden, müsst euren eigenen Weg gehen – und sollt es auch! Jeder einzelne von euch ist ein unverwechselbarer Gedanke Gottes. Was er mit euch vorhat, welchen Lebensplan er für einen jeden von euch hat – das herauszufinden ist Aufgabe eures Gesprächs mit dem himmlischen Vater. Und ihn zu gehen eure Bestimmung- selbst wenn Eltern und Freunde euch Vorhaltungen machen. Jesus ging seinen Weg. Weitaus mehr erzählt das NT von ihm als Erwachsenem:

Als erstes, dass er sich von Johannes taufen ließ – mit der Taufe zur Vergebung der Sünden. Damit fängt wahrscheinlich wirklich erst alles Gute an: wenn ein Mensch aufhört, sich für unfehlbar zu halten; wenn er eigene Fehler, eigene Schuld eingestehen kann; wenn er erkennt, dass er nicht Gott sondern Mensch ist! Pfarrer Taig hat gestern alles dazu gesagt. Und ihr, liebe Konfirmanden, in eurem Vorstellungsgottesdienst auch! Wie hieß es da? „Gemeinschaft gelingt, wo wir Fehler des anderen verzeihen und eigene Fehler eingestehen.“

Nach der Taufe Jesu erzählt das NT, wie Jesus seine Jünger beruft. Oder sagen wir es für den heutigen Anlass: Keiner von euch soll ein Einzelkämpfer oder gar ein Einzelgänger bleiben! Leben gelingt in Gemeinschaft mit anderen; Freude im Leben findet Erfüllung als mitgeteilte Freude und auch Glück ist das einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt. So sollt auch ihr nach Freunden suchen, nach Weggefährten, ja, auch nach einem Lebensgefährten bzw. einer Lebensgefährtin.

Und in einer Gemeinschaft von Schicksalsgefährten steht ihr schon: in der Gemeinschaft der Kirche, der „Heiligen“ – nicht weil sie besonders heilig sind, sondern weil sie, weil wir alle Anteil haben an Gott – im Glauben, in der Liebe und in unserer Hoffnung!

Viele Geschichten im NT erzählen davon, wie Jesus vor allem die Gemeinschaft derer suchte, die – sagen wir es einmal ganz menschlich: die unter die Räder gekommen sind, die Opfer wurden – von Umständen, von Mächten und auch von den Mächtigen. Ein solches Opfer habt ihr auf eurer Konfirmandenfreizeit genauer kennengelernt: den Zöllner Zachäus – ein Opfer der Geldgier. Aber neben ihm stehen so viele andere: an den Rand gedrängte Kranke, von menschlicher Gemeinschaft Ausgestoßene, von Spießbürgern Verachtete…die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Und jetzt wird es schon schwieriger mit dem Leben unter Jesus Christus als unserem Herrn. Unsere Vorstellung vom glücklichen Leben, wie sie uns heute überall in den Medien entgegenschlägt, ist ja die von wellness-geölter Gesundheit, von klingendem Geldbeutel und ewiger Freizeit und Freiheit: „Sail away“ klingt es uns im Ohr und wir trinken die nächste Flasche Becks-Bier.

Ganz anders Jesu Vorstellung von Glück! Glück – das ist das Wieder-Leuchten in den Augen des Menschen, der eben noch vor Kummer weinte! Glück – das ist das wieder gefundene Lächeln im Antlitz des Menschen, den das Leben bitter gemacht hatte. Glück – das ist: den glücklich zu machen, der kein Glück hatte im Leben!

Um eine Ahnung davon zu bekommen, dass das der Weg ist: andere glücklich zu machen und dadurch selbst Glück zu empfangen – deshalb habt ihr Besuche gemacht in den Behinderteneinrichtungen der Diakonie und bei der Hofer Tafel. Als ermutigendes Beispiel gegen die gängigen und leeren Glücksversprechen unserer Zeit!

Ein letzter Gedanke zu Jesus Christus, unserm Herrn: Am ausführlichsten erzählt das NT vom Leidensweg Jesu Christi: von Verrat, von Verleugnung, vom Justizmord und seiner Hinrichtung als Verbrecher. Und jedes Jahr erinnern wir uns in der Passionszeit: dass Christsein nicht umsonst zu haben ist! Dass – wer ein Leben unter Jesus Christus führt – auch auf Widerstand stößt: den Widerstand derjenigen, die alles beim Alten lassen wollen, die sich einen Dreck um die Not der anderen scheren, solange es ihnen nur gut geht; und die mit allen Mitteln ihren Besitzstand verteidigen und dafür auch einmal diesen oder jenen über die Klinge springen lassen.

Christsein ist auch Kampf! Freilich – mit anderen Waffen als denjenigen der Herren dieser Welt. Unser Glaube ist unser Helm, die Liebe unser Schwert und die Hoffnung unser Panzer. Sie mögen uns nicht vor Verletzungen, vor Leiden schützen. Aber sie bewahren uns in allen Verletzungen und in allem Leid…

…weil: Ja weil Jesus Christus selbst uns dann entgegenkommt. Gnade nennt das die Heilige Schrift und meint damit eine freudige Überraschung und eine persönliche Teilnahme. Gott selbst hat dann Gemeinschaft mit uns und wir mit ihm. So zärtlich und berührend wie in dem Bild vom Vater, der seinem verlorenen Sohn entgegenläuft und ihn fest umarmt.

Ums Leben geht’s beim Glauben an unseren Herrn Jesus Christus: Ums Leben eines jeden einzelnen von euch und ums gelingende Leben in dieser Weltgemeinschaft. Möge ein jeder von euch seinen Weg und sein Glück finden! Möge Gott einen jeden von euch dorthin führen, wo er euch braucht und wo ihr andere glücklich macht. Möge so ein jeder von euch wachsen im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus – ihm selbst zum Heil, den Mitmenschen zum Wohl und Gott zur Ehre! Und die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Pfarrer Rudolf Koller   (Hospitalkirche Hof)

Text:

Paulus schreibt:


13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
 


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