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			Liebe Leser,  
			 
			kannten Sie schon die Geschichte von Naaman und Elisa?  
			 
			Naaman, ein großer Name für einen großen Mann. Der Name des 
			Vegetationsgottes Adonis ist in ihm enthalten. Sein Volk ist ihm in 
			großer Dankbarkeit verpflichtet. Er ist eine Lichtgestalt, ein 
			Retter aus der Not. Einer dem man ein Denkmal setzt. Bei der Audienz 
			im Königspalast muss er den Kopf nicht senken. Naaman der Star, das 
			Vorbild. Wie er möchte gern jeder sein. 
			 
			Naaman ist ein zum Tode Verurteilter. Eine schleichende Krankheit 
			zeichnet ihn auf der Haut. Jeder kann das sehen. Sie macht ihn 
			zunehmend einsam. All seine Kraft schützt ihn nicht vor dem Abgrund 
			und all seine Verdienste nicht vor dem großen Fall. Auch ein Naaman 
			wächst nicht in den Himmel. Sein Schicksal holt ihn auf den Boden 
			der Tatsachen zurück. Naaman der Held wird zum Wahrzeichen der 
			Vergänglichkeit. Keinem bleibt seine Gestalt.  
			 
			Bestimmt hat er schon alle königlichen Spezialisten abgeklappert, 
			alle Oberpriester befragt, Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. 
			Alles vergeblich. Ihn rettet, dass er das Hören nach unten nicht 
			verlernt hat. Seine Macht hat ihn nicht eingeschlossen in die Höhe 
			seines Olymps. Die Stimme einer israelitischen Sklavin erreicht ihn. 
			Und er nimmt sie ernst. 
			 
			Das gefällt mir. Dass einer, der Macht hat, die kleinen Leute um 
			sich her hört und ernst nimmt. Und dass Gott sein Heil nicht durch 
			die Eliten sendet, sondern sich eine Ohnmächtige wählt, um dem 
			Mächtigen den Weg zu zeigen. Beides zieht sich wie ein roter Faden 
			durch die Geschichte, die natürlich auch eine Geschichte über Gott 
			ist, auch wenn er scheinbar gar nicht vorkommt. 
			 
			Naaman zieht los, 300 Kilo Silber und 48 Kilo Gold, dazu noch 
			wertvolle Kleider im Gepäck. Was würde er nicht dafür geben, wieder 
			gesund zu werden und was nichts kostet, kann auch nichts helfen. Ein 
			königlicher Brief eilt ihm voraus an den König von Israel. Mach 
			meinen Knecht Naaman wieder gesund, steht darin. 
			 
			Und wir lernen den König von Israel kennen, wie er den Brief liest, 
			erblasst, seine Kleider zerreißt und laut klagend durch seinen 
			Palast wandert. Hut ab! Hier haben wir einen Politiker, der weiß, 
			was er kann und was er nicht kann, was er darf und was er nicht 
			darf. Für Gottkönige und Führungspersonen, die über dem Gesetz 
			stehen und von ihren Untertanen blinden Gehorsam verlangen, hat der 
			Glauben schon im Alten Testament nichts übrig. Bin ich denn Gott, 
			dass ich töten und lebendig machen könnte, dass er zu mir schickt, 
			ich solle den Mann von seinem Aussatz befreien? Merkt und seht, wie 
			er Streit mit mir sucht! Der König von Israel wittert Gefahr. Einem 
			König von Aram schlägt man eine Bitte nicht ungestraft ab, besonders 
			wenn er die dickere Brieftasche und die stärkeren Truppen hat. 
			Übermenschliche Anforderungen lasten auf dem König, doch er behält 
			den Blick für seine eigene Menschlichkeit. Und da kommt mir der 
			Gedanke, ob nicht auch unsere oft übermenschlichen Erwartungen an 
			unsere Politiker mit dazu beitragen, die Politiker und Chefs 
			hervorzubringen, die den Blick für ihre eigene Fehlbarkeit 
			verlieren. 
			 
			Der König von Israel lässt sich helfen. Der Prophet Elisa bietet 
			seine Dienste an und so wird der Tross des Naaman samt den Waren und 
			dem Baren vor seine Haustüre gelenkt. Die Kleider werden abgestaubt 
			und die hohen Herren aus Aram stehen bereit für die 
			Begrüßungsfeierlichkeiten und das Heilungsbrimborium und dann kommt 
			der Hausmeister raus und schickt sie zum Baden in den Jordan. 
			 
			Das ist allerdings starker Tobak. Und Naaman ist stinksauer. Welch 
			eine Verletzung des politischen und religiösen Protokolls. Baden im 
			Jordan! Da hätte ich Zuhause auch baden gehen können! In den Flüssen 
			daheim ist wenigstens das Wasser sauber! Naaman stapft wütend davon. 
			Doch wieder hört er seinen Dienern zu. Sie reden auf ihn ein, wie 
			auf einen kranken Gaul. Freundlich, milde, unerbittlich. Papa, sagen 
			sie zu ihm. Das ist fast schon Demokratie. Und schließlich geht 
			Naaman baden. 
			 
			Er steigt herab von seinem hohen Ross, den Hang hinunter und ins 
			Wasser hinein. Sieben Mal ist er ganz untergetaucht und 
			verschwunden. So macht Gott den großen Naaman ein bisschen kleiner, 
			dafür aber wesentlich gesünder, und als er heraussteigt, hat er 
			nicht mehr die narbige und wettergegerbte Haut eines Helden, sondern 
			die rosige Haut eines Knaben. So gibt Gott dem Naaman die Gestalt, 
			die ihm besser gefällt.  
			 
			Naaman begreift sofort, dass er das nur Gott zu verdanken hat. Den 
			großen Propheten Elisa hat er ja noch gar nicht zu Gesicht bekommen. 
			Und wir sehen daran, dass das Wort Gottes am Besten gepredigt wird, 
			wenn die Propheten möglichst wenig Aufhebens von sich selber machen. 
			 
			Jetzt bleibt Naaman nur noch, seine Schulden zu bezahlen. Bald steht 
			er wieder vollgepackt vor dem Haus des Elisa. Aber in dieser 
			Geschichte werden keine Geldkoffer übergeben, auch wenn sie geradezu 
			aufgedrängt werden. In dieser heiligen Geschichte muss das Geld 
			draußen bleiben. In allen anderen heiligen Geschichten übrigens 
			auch. Die besten Dinge im Leben und das Beste, was Gott uns gibt, 
			gibt’s umsonst oder gar nicht. Gott bleibt Naaman nichts schuldig, 
			und er will im Gegenzug einen Naaman, der ihm nichts schuldig ist - 
			außer Vertrauen, außer Glauben! Beehre du mich wieder. Was für 
			paradiesische Verhältnisse! 
			 
			Da kann Naaman sich sogar die Pilgerreise nach Jerusalem sparen. 
			Aber einen Herrgottswinkel möchte er sich bauen, daheim im Garten. 
			Und so nimmt er zwei Fuhren Erde aus dem Heiligen Land mit nach 
			Hause. Ein bisschen heiligen Schnickschnack braucht der Mensch und 
			was ist eigentlich, fragt Naaman, wenn ich mit meinem König in 
			seinen Göttertempel muss? Ist Gott mir dann böse? 
			 
			Da lächelt der Prophet Elisa nur milde und macht eine wegwerfende 
			Handbewegung: Zieh hin im Frieden, sagt er. Zum Glauben kommt man 
			nicht von heute auf morgen, sondern ein Leben lang. 
			 
			  
			  
			  
			  
			  
			  
			  
			 
  
			
      		Pfarrer Johannes Taig   
      (Hospitalkirche Hof) 
      (weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie
exklusiv unter 
      www.kanzelgruss.de)   | 
			
			 
			Text: 
			1 Naaman, der 
			Feldhauptmann des Königs von Aram, war ein trefflicher Mann vor 
			seinem Herrn und wert gehalten; denn durch ihn gab der HERR den 
			Aramäern Sieg. Und er war ein gewaltiger Mann, jedoch aussätzig. 
			2 Aber die Kriegsleute der Aramäer waren ausgezogen und hatten ein 
			junges Mädchen weggeführt aus dem Lande Israel; die war im Dienst 
			der Frau Naamans. 
			3 Die sprach zu ihrer Herrin: Ach, dass mein Herr wäre bei dem 
			Propheten in Samaria! Der könnte ihn von seinem Aussatz befreien. 
			4 Da ging Naaman hinein zu seinem Herrn und sagte es ihm an und 
			sprach: So und so hat das Mädchen aus dem Lande Israel geredet. 
			5 Der König von Aram sprach: So zieh hin, ich will dem König von 
			Israel einen Brief schreiben. Und er zog hin und nahm mit sich zehn 
			Zentner Silber und sechstausend Goldgulden und zehn Feierkleider 
			6 und brachte den Brief dem König von Israel; der lautete: Wenn 
			dieser Brief zu dir kommt, siehe, so wisse, ich habe meinen Knecht 
			Naaman zu dir gesandt, damit du ihn von seinem Aussatz befreist. 
			7 Und als der König von Israel den Brief las, zerriss er seine 
			Kleider und sprach: Bin ich denn Gott, dass ich töten und lebendig 
			machen könnte, dass er zu mir schickt, ich solle den Mann von seinem 
			Aussatz befreien? Merkt und seht, wie er Streit mit mir sucht! 
			8 Als Elisa, der Mann Gottes, hörte, dass der König von Israel seine 
			Kleider zerrissen hatte, sandte er zu ihm und ließ ihm sagen: Warum 
			hast du deine Kleider zerrissen? Lass ihn zu mir kommen, damit er 
			innewerde, dass ein Prophet in Israel ist. 
			9 So kam Naaman mit Rossen und Wagen und hielt vor der Tür am Hause 
			Elisas. 
			10 Da sandte Elisa einen Boten zu ihm und ließ ihm sagen: Geh hin 
			und wasche dich siebenmal im Jordan, so wird dir dein Fleisch wieder 
			heil und du wirst rein werden. 
			11 Da wurde Naaman zornig und zog weg und sprach: Ich meinte, er 
			selbst sollte zu mir herauskommen und hertreten und den Namen des 
			HERRN, seines Gottes, anrufen und seine Hand hin zum Heiligtum 
			erheben und mich so von dem Aussatz befreien. 
			12 Sind nicht die Flüsse von Damaskus, Abana und Parpar, besser als 
			alle Wasser in Israel, sodass ich mich in ihnen waschen und rein 
			werden könnte? Und er wandte sich und zog weg im Zorn. 
			13 Da machten sich seine Diener an ihn heran, redeten mit ihm und 
			sprachen: Lieber Vater, wenn dir der Prophet etwas Großes geboten 
			hätte, hättest du es nicht getan? Wie viel mehr, wenn er zu dir 
			sagt: Wasche dich, so wirst du rein! 
			14 Da stieg er ab und tauchte unter im Jordan siebenmal, wie der 
			Mann Gottes geboten hatte. Und sein Fleisch wurde wieder heil wie 
			das Fleisch eines jungen Knaben und er wurde rein. 
			15 Und er kehrte zurück zu dem Mann Gottes mit allen seinen Leuten. 
			Und als er hinkam, trat er vor ihn und sprach: Siehe, nun weiß ich, 
			dass kein Gott ist in allen Landen, außer in Israel; so nimm nun 
			eine Segensgabe von deinem Knecht. 
			16 Elisa aber sprach: So wahr der HERR lebt, vor dem ich stehe: Ich 
			nehme es nicht. Und er nötigte ihn, dass er es nehme; aber er wollte 
			nicht. 
			17 Da sprach Naaman: Wenn nicht, so könnte doch deinem Knecht 
			gegeben werden von dieser Erde eine Last, so viel zwei Maultiere 
			tragen! Denn dein Knecht will nicht mehr andern Göttern opfern und 
			Brandopfer darbringen, sondern allein dem HERRN. 
			18 Nur darin wolle der HERR deinem Knecht gnädig sein: Wenn mein 
			König in den Tempel Rimmons geht, um dort anzubeten, und er sich auf 
			meinen Arm lehnt und ich auch anbete im Tempel Rimmons, dann möge 
			der HERR deinem Knecht vergeben. 
			19 Er sprach zu ihm: Zieh hin mit Frieden!  |