Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde,
wir sind so frei, sagen nach der größten Finanzkrise aller Zeiten die
Banker und genehmigen sich schon wieder die dicksten Bonuszahlungen,
nachdem sie die Spargroschen und die Altersversorgung von Millionen
Menschen vernichtet haben. Wir sind so frei, sagen die Freien Demokraten
und wollen unbedingt Steuersenkungen, während die Verschuldung des
Staates so hoch ist wie nie. Das sind Schulden, die unsere Enkel- und
Urenkelkinder einmal bezahlen müssen. Das ist Politik nach dem Motto:
Nach uns die Sintflut.
Bei Eurer Vorstellung vor 14 Tagen habt ihr bedacht wie gute
Gemeinschaft, gute Verhältnisse zwischen den Menschen entstehen und
bleiben können. Die beiden Beispiele, die ich gerade genannt habe,
gehören wahrscheinlich nicht dazu. Ich möchte Euch heute einladen, noch
ein wenig über dieses Thema nachzudenken. Wir alle kennen Geschichten,
die davon erzählen, wie gute Gemeinschaft und gute Verhältnisse zerstört
werden. Die Bibel kennt auch ein paar. Hier ist eine:
Ich bin so frei, sagt vor 3000 Jahren ein König der David heißt, und
bricht in die Ehe von Bathseba und Uria ein, während der gerade für
David gegen die Ammoniter kämpft. Als Bathseba schwanger wird, lässt
David Uria eilig von der Front holen und zu seiner Frau schicken. Das
Kind soll als Kind des Uria gelten. Aber Uria weigert sich nach Hause zu
gehen. Damit nichts herauskommt fasst David einen Plan. Er schickt Uria
zurück in den Krieg und gibt ihm einen Brief an seinen General Joab mit.
Darin steht, Joab soll Uria beim nächsten Gefecht in die vorderste
Schlachtreihe stellen. Beim nächsten Angriff stirbt Uria. Bathseba
trauert um ihn und als die Trauerzeit vorüber ist, wird sie Davids Frau.
Das Kind wird geboren. Alles ist in schönster Ordnung. Da holt David
seine Vergangenheit ein:
Text (siehe rechts)
Liebe Gemeinde, Freiheit bedeutet nach der Meinung des König David und
der Werbung von Viag Interkom, besser bekannt unter dem Markennamen O2,
„alles zu tun, was man tun möchte“. Ein reicher, mächtiger und
überlegener Mann, und ein armer, unterlegener, rechtloser Mann. Beide
leben in einer Stadt, wie wir in dieser Stadt und in diesem Land in
Gemeinschaft mit anderen leben. Reiche und Arme, die meisten
zwischendrin. Große geräumige Villen und kleine verwinkelte Wohnungen,
einfache Verhältnisse. Und gerade dort finden sich Haustiere. Für manche
sind sie wichtige Freunde, Begleiter, Familienmitglieder, die sich
nichts aus Armut und Reichtum machen, die dableiben, ergeben und treu.
Tiere, die Menschen über vieles hinwegtrösten, wie das Schaf den armen
Mann.
Wie beiläufig und schnell sind solche Lebensverhältnisse zerstört. Ich
sehe einen allein stehenden Freund vor mir, der erst die Arbeit verlor
und dann die Wohnung. Ich sehe ihn an jenem Nachmittag noch einmal mit
seinem Hund spazieren gehen, bevor er ihn ins Tierheim bringen muss. Der
neue Vermieter duldet keine Haustiere. Der Reiche nimmt sich sein Recht
und dem Armen sein Schaf. Möchten wir unter solchen Verhältnissen leben?
Und deshalb müssen wir uns über einen solchen Vorfall mit David aufregen
- im eigenen Interesse. Wo nur der Reiche, Mächtige und Starke Recht
hat, wird der Unterlegene rechtlos. Was bedeutet dann überhaupt noch das
Wort „Recht“. Wo solche Zustände herrschen steht am Ende die Zerstörung
jeder sinnvollen Lebensgemeinschaft.
Du bist der Mann, sagt Nathan und reißt David herunter von seinem
Richterstuhl. Du David, du mächtiger König, hast wie der Reiche
gehandelt und solche Zustände hergestellt. Du Politiker, du Manager, du
Christ und Bürger, hast wie der Reiche deine Überlegenheit ausgespielt,
dein überlegenes Wissen und Können, deine größere Leistungskraft, deine
Beziehungen, dein Geld, dein flinkes Mundwerk. Du hast deine
Überlegenheit missbraucht und die Wehrlosigkeit des anderen ausgenutzt.
Du hast Zustände geschaffen, unter denen irgendwann jede
Lebensgemeinschaft zerstört und sinnlos wird.
Wer redet so mit David und uns, durch das Wort des Propheten Nathan? Es
ist Gott selbst. So spricht er: Ich habe dich zum König gemacht. Ich
habe dir alles gegeben und wenn dir das zuwenig ist, dann gebe ich dir
noch mehr. So gibt sich Gott zu erkennen. Erinnern wir uns noch, wie
Martin Luther das in seiner Auslegung zum 1. Glaubensartikel formuliert
hat? Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir
alles gegeben hat und noch erhält, mich reichlich und täglich versorget,
beschirmt, bewahrt und das alles aus lauter göttlicher Güte und
Barmherzigkeit, ohn mein Verdienst und Würdigkeit.
Das ist der Gott vor dem wir stehen. Zerstörung und Vergiftung
menschlicher Gemeinschaft ist im Angesicht dieses Gottes, der alles tut
und getan hat für gute Lebensverhältnisse, nichts als Verachtung. Gott
ist Stifter und Anwalt guter Lebensgemeinschaft. Deshalb wartet er nicht
bis wir vor ihm erscheinen. Er tritt zum Rückspiel an - nicht erst im
Himmelreich.
So spricht Gott: Nun soll das Schwert nicht mehr von deinem Haus
weichen. Gott klärt über die Folge auf, die die Zerstörung guter
Lebensverhältnisse, die die Bibel Sünde nennt, nach sich zieht. Die
Ankündigung eines sterbenden Kindes am Schluss der Nathanrede macht dies
in schrecklicher Weise deutlich. Die von uns zerstörten Ökosysteme, die
sich als lebensfeindlich erweisen und Jahr um Jahr heftiger gegen den
Menschen zurückschlagen, sprechen die gleiche Sprache.
Aber bevor uns unsere Vergangenheit so einholt, dass ihre Folgen unsere
Gegenwart und Zukunft, gute Lebensgemeinschaft und guten Verhältnisse
gänzlich zerstören, will Gott uns in unserem Tun, Reden und Denken durch
sein Gerichtswort unterbrechen. Er richtet aus Liebe, die die Täter und
die Opfer, die Gewinner und die Verlierer einschließt. „Mir fällt auf,
schreibt der Pfarrer Jörg Zink, dass der Fluch, der heute über der
Menschheit liegt, unter anderem darin besteht, dass wir mit nichts
aufhören können.“(Jörg Zink, Neue Zehn Gebote, Kreuz Verlag, 1995, S.
66) Deshalb haben wir Gottes Unterbrechung bitter nötig.
David macht es uns vor: Ich habe gesündigt gegen Gott. Wer so redet, ist
nicht schwach. Er hört auf selbst Recht zu haben und fängt an Gott recht
zu geben. „Denn die Schuld entfernt uns wohl von Gott. Aber nur die Lüge
hält uns in der Fremde fest“ (Werner Jetter, zitiert nach GPM, Heft 3,
2002, S.368). Einsicht, Vorsicht und Nachsicht sollen anfangen. Das ist
Gottes Wille. Damit ist es ihm ernst. Deshalb wird böse Geschichte auch
in der Bibel nicht relativiert oder unter den Teppich gekehrt.
Irgendwann holt sie uns ein. Hoffentlich im Angesicht Gottes, der uns
aus Liebe richtet und durch seine Gnade neue Zukunft eröffnet.
Die Ankündigung eines sterbenden Kindes in der Geschichte macht uns noch
einmal die ganze zerstörerische Macht bewusst, die Sünde als Zerstörung
guter Gemeinschaft über unser Leben gewinnen kann - so wie uns das der
Tod Jesu am Kreuz von Golgatha bewusst macht. Aber im Tod Jesu hat Gott
unsere Sünde nicht nur an uns vorbeigehen, sondern vergehen lassen. Das
ist die letzte und unüberbietbare Kundgabe des Heilswillens Gottes für
uns. Die Güte Gottes ist es, die uns zur Umkehr treibt (Römer 2/4).
Machen wir es daher nicht wie Petrus, der sagt: Herr gehe weg von mir,
denn ich bin ein sündiger Mensch (Lukas 5/8). Sondern beten wir: Herr
komm her zu mir, denn ich bin ein sündiger Mensch.
Pfarrer Johannes Taig
(Hospitalkirche Hof)
(weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie
exklusiv unter
www.kanzelgruss.de) |
Text:
12,1 Und der HERR sandte Nathan
zu David. Als der zu ihm kam, sprach er zu ihm: Es waren zwei Männer in
einer Stadt, der eine reich, der andere arm.
12,2 Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder;
12,3 aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er
gekauft hatte. Und er nährte es, dass es groß wurde bei ihm zugleich mit
seinen Kindern. Es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und
schlief in seinem Schoß, und er hielt’s wie eine Tochter.
12,4 Als aber zu dem reichen Mann ein Gast kam, brachte er's nicht über
sich, von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um dem Gast etwas
zuzurichten, der zu ihm gekommen war, sondern er nahm das Schaf des armen
Mannes und richtete es dem Mann zu, der zu ihm gekommen war.
12,5 Da geriet David in großen Zorn über den Mann und sprach zu Nathan: So
wahr der HERR lebt: der Mann ist ein Kind des Todes, der das getan hat!
12,6 Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er das getan und sein
eigenes geschont hat.
12,7 Da sprach Nathan zu David: Du bist der Mann! So spricht der HERR, der
Gott Israels: Ich habe dich zum König gesalbt über Israel und habe dich
errettet aus der Hand Sauls
12,8 und habe dir deines Herrn Haus gegeben, dazu seine Frauen, und habe
dir das Haus Israel und Juda gegeben; und ist das zu wenig, will ich noch
dies und das dazu tun.
12,9 Warum hast du denn das Wort des HERRN verachtet, dass du getan hast,
was ihm missfiel? Uria, den Hethiter, hast du erschlagen mit dem Schwert,
seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht
durchs Schwert der Ammoniter.
12,10 Nun, so soll von deinem Hause das Schwert nimmermehr lassen, weil du
mich verachtet und die Frau Urias, des Hethiters, genommen hast, dass sie
deine Frau sei.
12,13 Da sprach David zu Nathan: Ich habe gesündigt gegen den HERRN.
Nathan sprach zu David: So hat auch der HERR deine Sünde vorbeigehen
lassen; du wirst nicht sterben.
12,14 Aber weil du aber den Herrn durch dieses Tun verhöhnt hast, wird der
Sohn, der dir geboren ist, sterben.
12,15 Und Nathan ging heim. |