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			Liebe Leser, diese Geschichte ist seit 
			Jahrhunderten in der Hospitalkirche präsent. Auf dem Epitaph „Teich 
			von Bethesda“ hat der Hospitalmeister Schultes im 16. Jahrhundert 
			den Maler angewiesen, sie in den Kirchhof der Hospitalkirche zu 
			malen. So stehen rechts neben dem Haupteingang Petrus und Johannes 
			vor dem Gelähmten, damit den Besuchern klar wird: Wer durch die Tür 
			der Hospitalkirche will, kommt an den Armen, denen Gottes Liebe 
			gilt, nicht vorbei. Wer sich als Christ den Armen nicht zuwenden 
			will, wie Christus das getan hat, für die findet auch der Reformator 
			Martin Luther, dessen Anhänger Hospitalmeister Schultes nach der 
			Reformation in Hof bereits war, harte Worte: „Wer den Glauben mit 
			der Tat nicht beweist, der gilt ebenso viel wie ein Heide, ja er ist 
			ärger als ein Heide, nämlich ein Christ, der dem Glauben abgesagt 
			hat und abtrünnig geworden ist.“ Diejenigen, die diesen untrennbaren 
			Zusammenhang leugnen, werden von Luther als „unnütze Schwätzer und 
			nichtige Lehrer“ gebrandmarkt: „(...) ob sie schon wissen, dass der 
			Glaube ohne Werke nichts und ein falscher Glaube ist, sondern, wo er 
			rechtschaffen ist, müssen Frucht und gute Werke folgen - so gehen 
			sie doch sicher hin und verlassen sich auf die Gnade Gottes, 
			fürchten sich nicht vor Gottes Zorn und Gericht, der den alten Adam 
			gekreuzigt haben will und gute Früchte von guten Bäumen lesen will.“ 
			(zitiert nach Tilman Walther-Sollich, GPM 2/2010, Heft 3, S.332) 
			 
			Das war natürlich auch ein Seitenhieb auf die Teile der Hofer 
			Bürgerschaft, die die Armen und Kranken im Stadtbild nicht sehen 
			wollten und es gut fanden, dass das Hospital und seine Kirche 
			außerhalb der Stadtmauer lagen. So wurden die schönen Gottesdienste 
			in der schönen Michaeliskirche vom Elend nicht gestört. Deshalb 
			verirrten sich noch lange Zeit auch sehr wenige Stadtbewohner in die 
			Hospitalkirche, die oft außen und innen selbst ein Bild des Elends 
			war.  
			 
			1675 schrieb der Hospitalpfarrer Nicolaus Meyer: „Es ist ein 
			Kirchlein, gewesen als armes Waislein, um welches sich niemand groß 
			bekümmert hat und ist von den großen Herren und Frauen der Stadt 
			wenig oder gar nicht besucht worden, dass auch viele ihrer nicht 
			gewusst, wie es darinnen stehe und sehe, auch wohl eine Furcht und 
			Abscheu davor gehabt. Es hat ausgesehen wie eine Badstube, darinnen 
			man nichts Gemaltes ohne die Kanzel, Altar und Hauptmanns Empore 
			nebst zwei Epitaphien gesehen. Die Decke auf der halben Seite gegen 
			die Pfründerstube war sie meistens verfault, unförmlich ausgeflickt 
			und unterstützt vom Überlauf der Rinnen, welche zwischen der Kirche 
			und Pfründners Wohnung gelegen. Die Wände waren düster, staubicht 
			und auf zwei Seiten von dem Eintriefen grün und gelb angelaufen.“ 
			 
			Wir befinden uns mit der Geschichte vom Gelähmten vor dem schönen 
			Tor des Tempels am Beginn der Kirchengeschichte. Geläufig ist uns 
			die Zusammenfassung des Lebens der ersten Gemeinde, die kurz vorher 
			zu lesen ist: „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel 
			und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“ (Apg. 
			2,42) Aber schon die erste Gemeinde genügt sich nicht selbst. Sie 
			ist angetrieben vom auferstandenen Herrn, der seine Jünger nicht in 
			die innere Gottseligkeit vor der Welt flüchten lässt, sondern sie 
			ins Elend der Welt schickt. Der Glaube nimmt es mit der Dunkelheit 
			der Welt auf – nicht aus eigener Kraft, sondern in der Kraft des vom 
			Tod auferstandenen Herrn.  
			 
			Der Glaube tut das auf dreierlei Weise, wie die Geschichte zeigt. Er 
			tut es erstens, indem er hinschaut. Petrus aber blickte den 
			Gelähmten an mit Johannes. Im Elend nicht mehr gesehen werden, ist 
			wohl die unterste Stufe der Verdammnis. Wir erinnern uns an den 
			Christus, der noch auf dem Weg nach Jerusalem in den Tod mit 
			scharfen Augen das Elend am Wegrand wahrnimmt und das Schreien des 
			blinden Bartimäus hört (Markus 10,46ff.). Der Glaube sieht mit 
			seinen Augen und kann nicht anders. Es tut manchmal weh. Warum sonst 
			schauen wir lieber weg und werfen im Vorbeigehen eine Münze hin? 
			Weil es Elend gibt, das über unsere Kräfte geht und uns 
			überwältigen kann. Manchmal geht es wirklich nur in der Kraft des 
			Auferstandenen.  
			 
			„Und doch bleibt nur ein Ort,“ schreibt der Schriftsteller Botho 
			Strauß, „wenn du den gesamten Horizont abgehofft hast, ein Ort auf 
			der Welt aller Sehnsucht wert, kein Haus in der Heide, kein noch so 
			guter Garten und nicht die Freiheit, sondern allein das Ganz Andere 
			Gesicht. Einmal so angesehen werden, daß sich alle Schmutzreste der 
			Seele lösen. Einmal den guten Blick, den zivilisierenden, der uns 
			einen kleinen Innenhof mit Frieden erfüllte! Oh, da muß man sich 
			aber gut ansehen, muß sich geduldig in den Augen liegen, um die 
			Gewißheit zu gewinnen, daß man wahrlich nicht Angst voreinander zu 
			haben braucht. Da genügt nicht nur ein Stich mit den Augen oder ein 
			klägliches Streifen – das vermehrt ja nur die bösen Strahlen der 
			Welt! – oder ein ungezügeltes den eigenen Worten Zuhören der Augen … 
			Die Liebe wartet aufs Augenlicht. Wenn Augenlicht scheint, bist du 
			glücklich.“ (Botho Strauß, Allein mit allen: Gedankenbuch Carl 
			Hanser Verlag GmbH & Co. KG. Kindle-Version, S.34). 
			 
			Und so hofft der Glaube zum Zweiten, dass der Christus den, der sich 
			zuwendet, nicht alleine lässt. Deshalb wird im Elend der Name des 
			Christus ausgerufen: Im Namen Jesu Christi von Nazareth. So fängt 
			jeder Gottesdienst an; so fängt jedes Hinschauen an; so fängt jedes 
			Heilwerden an. Transparent sind die beiden Jünger. So transparent, 
			dass aus ihren Augen der Christus auf den Gelähmten schaut. Und dann 
			ist bei Gott kein Ding unmöglich. Auch nicht, dass einer im 
			fortgeschrittenen Alter zum ersten Mal auf seinen eigenen Füßen 
			steht.  
			 
			Dabei braucht er zum Dritten, die helfende Hand des Apostels. Dass 
			es die rechte ist, braucht nicht zu verwundern. Wie heißt es im 73. 
			Psalm (V 22ff.)? „Als es mir wehe tat im Herzen und mich stach in 
			meinen Nieren, da war ich ein Narr und wusste nichts, ich war wie 
			ein Tier vor dir. Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst 
			mich bei meiner rechten Hand.“ Und die nimmt den ehemals Gelähmten 
			gleich mit in den Gottesdienst, wo er vor Glück ein wenig die 
			Haltung vermissen lässt. Aber wer will ihm solches verübeln? Wenn 
			Augenlicht scheint, bist du glücklich. 
			 
			Die Kirchengemeinden unserer Landeskirche müssen alle Jahre einen 
			Haushalt aufstellen. Ein bisschen Silber und Gold bekommen sie alle 
			Jahre aus dem Kirchensteueraufkommen. Es sind weniger als 24 
			%. Nimmt man die Gesamteinnahmen der Kirche, werden gerade mal 
			9% an die Gemeinden ausgeschüttet. Dass da dann in den 
			Kirchenvorständen das große Mitbestimmen in der Kirche anbricht, 
			darf getrost als Gerücht bezeichnet werden. Bei den Fixkosten wurde 
			schon gespart, was zu sparen war. Bei Haushaltsbesprechungen 
			bekommen wir deshalb immer wieder zu hören, wie ausgeglichen unser 
			Haushalt doch wäre, wenn wir Personalkosten kürzen würden. Wer 
			Personalkosten in den Ortsgemeinden kürzt, kürzt Augen und Hände und 
			Münder, die den Namen unseres Herrn Christus ausrufen. Er kürzt das 
			Hinsehen und Wahrnehmen. Wer Personalkosten kürzt sorgt dafür, das 
			Augenlicht nicht mehr scheint.  
			 
			Unser Predigttext zeigt uns dagegen am Beispiel der ersten Gemeinde 
			wo die Kirche zum Segen aller investieren sollte: In der Gemeinde am 
			Ort. Nicht in Sachen und Räume und Projekte, sondern in Menschen, 
			die einander kennen und wahrnehmen.  
			 
			Heute heißt die Hospitalkirche „Schatzkästlein Hofs“. Sie hat 
			schlechtere Zeiten gesehen. Aber die wahren Schätze hatte sie schon 
			immer: Die Predigt der frohen Botschaft mit Mund, Herz und Hand und 
			die Menschen: Hospitalmeister Schultes und Apostel und Lehrer und 
			viele Menschen, die etwas gaben. Vor allem aber Zeit, offene Ohren 
			und Augen, die hinschauen und sehen, wie Gott sieht. Wenn Augenlicht 
			scheint, bist du glücklich.  
			
		
      	Pfarrer Johannes Taig   
      (Hospitalkirche Hof) 
      (weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie
exklusiv unter 
      www.kanzelgruss.de)  | 
			
			 
			
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			Die Predigt zum Hören    
			
			
			  
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			Text: 
			1 Petrus aber und 
			Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur 
			Gebetszeit. 
			2 Und es wurde ein Mann herbeigetragen, der war gelähmt von 
			Mutterleibe an; den setzte man täglich vor das Tor des Tempels, das 
			da heißt das Schöne, damit er um Almosen bettelte bei denen, die in 
			den Tempel gingen. 
			3 Als er nun Petrus und Johannes sah, wie sie in den Tempel 
			hineingehen wollten, bat er um ein Almosen. 
			4 Petrus aber blickte ihn an mit Johannes und sprach: Sieh uns an! 
			5 Und er sah sie an und wartete darauf, dass er etwas von ihnen 
			empfinge. 
			6 Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber 
			habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf 
			und geh umher! 
			7 Und er ergriff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. 
			Sogleich wurden seine Füße und Knöchel fest, 
			8 er sprang auf, konnte stehen und gehen und ging mit ihnen in den 
			Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott. 
			9 Und es sah ihn alles Volk umhergehen und Gott loben. 
			10 Sie erkannten ihn auch, dass er es war, der vor dem Schönen Tor 
			des Tempels gesessen und um Almosen gebettelt hatte; und 
			Verwunderung und Entsetzen erfüllte sie über das, was ihm 
			widerfahren war. 
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