Predigt Jesaja 42/1-4 1.Sonntag nach Epiphanias 13.01.02
"Wie die Welt zu bessern ist"
(von Pfr. Johannes Taig, Hospitalkirche)
Liebe Leser,
wie die Welt zu bessern wäre, darüber haben sich schon viele den Kopf zerbrochen. Jeder hat da so seine Methoden. Auch in der Kirche gibt es die, die auf die Gemeinde mit unerbittlicher Milde einreden und die, die solches verächtlich finden und lieber zentnerschwere Hagelkörner vom Himmel auf die böse Welt herabrufen. Wie erfolgreich beide Strategien sind, kann überall auf der Welt besichtigt werden und nicht wenige Vertreter beider Methoden sind darüber schon zu Misanthropen, zu Menschenverächtern geworden. Sie zeigen der Welt dann zwangsläufig offen oder versteckt Gott durch ihr eigenes böses Gesicht und predigen offen oder versteckt über die Erlösungsunfähigkeit der Welt und ihrer Menschen. Als schaute Gott grimmig herab aus dem Himmel und habe die nächste Sintflut schon in Marsch gesetzt. Auch Jona lässt grüßen, wie er da unter seiner Staude sitzt und finster auf die Stadt Ninive blickt und gar nicht erwarten kann, dass das Feuer vom Himmel fällt (vgl. Jona 4/1ff.). Mit solchen Befindlichkeiten seines Bodenpersonals will Gott nichts zu tun haben. Und deshalb zieht er Jona sein achtel Lorbeerblatt auch sofort unterm Hintern weg und setzt ihn ans Licht, indem er die schattenspendende Staude vertrocknen lässt. Jona soll aufhören böse zu sein, wenn Gott seinen Zorn längst begraben hat. Gott setzt sein Gesetz, sein Gericht, seinen Zorn zu pädagogischen Zwecken seltener ein, als manchen seiner Religionspädagogen lieb ist. Auch nicht, damit es jemand Recht geschieht, sondern nur aus einem Grund: Er will seine Menschen wieder auf den Weg zu seinem heilsamen, gnädigen und liebevollen Willen bringen. Sein Gericht ist eine Funktion seiner Liebe! Und so stehen auch am Ende des babylonischen Exils, das das Volk Israel als Gericht über seine Gottvergessenheit begriffen hat, die Gottesknechtslieder des Jesajabuchs, in denen Gott einen gewaltigen Heilsgesang anstimmt, dessen Text nicht nur als Sinnsprüchlein auf den Nachttisch am Krankenbett, sondern als Botschaft an die Welt gepredigt gehört. Das Gericht über das eine Gottesvolk wendet sich zum Evangelium für die ganze Welt. Es findet einen Höhepunkt im Evangelium für den heutigen Sonntag, in dem Gott selbst sich zu Jesus von Nazareth bekennt, der sich im Jordan wie ein Sünder taufen lässt: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ (Mt 3/17) Gott zeigt der Welt ihren Gottesknecht, ihren Christus, der bei jeder Gelegenheit bezeugen wird, dass Gott von nun an bis in Ewigkeit mit seiner Gnade im Recht sein will. Das ist sein neues und endgültiges Testament. Und deshalb ist es müßig darüber nachzudenken, ob die Welt nun zu bessern ist oder nicht. Gott ist schon unterwegs, um sie heil zu machen. Deshalb ist es nicht in unser Belieben gestellt, ob wir der Welt unseren Gott mit einem bösen oder einem freundlichen Gesicht zeigen. In Christus bindet Gott Gesetz und Evangelium zusammen als sein eines gutes Wort, das an die Menschen ergeht als Zuspruch und Anspruch. Unter dem Kreuz des Christus macht er das Tor zu seinem Himmelreich weit genug auf für alle Menschen. Hier ist der Weg Gottes Kind zu werden. Kein Wunder, dass dieses Evangelium uns, der nachweihnachtlichen Gemeinde gepredigt wird. Die allerletzten Weihnachtskerzen werden jetzt ausgeblasen. Die Christbäume stehen abgefackelt und geknickt am Straßenrand. Sinnbild dafür, dass die Alltagswelt wieder das Regiment über uns übernimmt, Innen und Außen. Aber der Gottessohn, der an Weihnachten zur Welt kommt, bleibt nicht das herzige Kind in der Krippe. Er entpuppt sich als der, der es mit aller Trostlosigkeit unserer Welt aufnimmt. Er begibt sich in ihre gewaltigen und gewalttätigen Mühlen. Er wird schließlich von ihnen zermalen. Und doch wird die Welt ihn nie wieder los. Er wird sie grad so überwinden (Joh 16/33). Zu allen Zeiten haben die Christen ihren Christus in den Gottesknechtsliedern wiedererkannt. Nein, auch er war kein Marktschreier. Und so müssen wir hellhörig werden, wenn zwischen Handy- und Schokoriegelwerbung „Kraft zum Leben“ angepriesen wird. Ein Buch christlichen Inhalts, das von der millionenschweren De Moss-Stiftung in den USA verteilt wird, die allen christlichen Fundamentalisten nahe steht und auch keine Berührungsängste mit der Mun-Sekte hat. Gerne posieren solche Christen idyllisch im Kreise ihrer adretten und frisch gewaschenen Familie, drogen-, problem- und geistfrei versteht sich. Und hinter den Kulissen hetzen sie gnadenlos gegen alles, was ihnen abartig vorkommt und fordern die Todesstrafe für Verbrecher und Homosexuelle. Bringt die Bösen um, dann bleiben die Guten übrig. Das ist das Rezept, mit dem alle Terroristen diese Welt verbessern wollen. Und auch Christen sind gegen solche Ideologien nicht immun. Man muss nicht Sprengstoff zünden, auch Worte können töten. Damit will der Gottesknecht, damit will der Christus nichts zu tun haben. Achtsam geht er über die Welt. Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Er hält nichts von Macht und Gewalt. Er traut der Liebe Gottes alles zu. Unduldsam wird er nur gegen das, was uns von dieser Liebe abhält: Gegen die Macht des Geldes und den notorisch erhobenen Zeigefinger der Pharisäer, die meinen, ihre Bedingungen stellen zu können. Der Christus macht sich selbst zur einen und einzigen Bedingung und damit all die Türsteher und Eintrittskartenknipser an der Pforte zum Himmelreich arbeitslos. Im Himmelreich, das er predigt, ist Platz für alle. Hier gibt es nicht mächtig und machtlos, schwach und stark, reich und arm, hier gibt es nur Schwestern und Brüder. Dieses Himmelreich ist die Zukunft der Welt. Es kommt nicht aus unserer eigenen Anstrengung. Es kommt von Gott. Das ist ein Evangelium besonders für die, die sich für die Besserung der Welt anstrengen und überanstrengt haben. Die verbissen ihre Methoden ausprobieren und dabei die Liebe zur Welt und den Menschen verloren haben. Die depressiv oder hektisch werden, wenn die Christenheit in unserem Land dieser Tage die Zweidrittelmehrheit verloren hat. Die über dem Streit für das Wort Gottes zu Streithanseln geworden sind, sich selbst und ihrem Nächsten nicht gut. Die dürfen das Gottesknechtslied als Befreiung zum Aufatmen hören: ER wird das Recht unter die Heiden bringen. Nicht ich und nicht du. Wenn der Christus sein Himmelreich vollendet hat, wird dort das bleiben, was im Sinne seines Baumeisters war. Das geknickte Rohr, das nicht zerbrochen wurde und der glimmende Docht der nicht ausgelöscht wurde. Unspektakulär ist, was doch Ewigkeitswert besitzt. Es ist nicht zu hören auf den Gassen, es kommt selten ins Fernsehen. Es ist keine Nachricht wert. Aber es bleibt im Herzen Gottes und ihm gehört die Zukunft der Welt.
Pfarrer Johannes Taig
(Hospitalkirche Hof) |
Text:
(1)Siehe, das ist mein Knecht - ich halte ihn - und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht unter die Heiden bringen. |