Liebe Leser,
Ein Mensch gelangt, mit Müh und Not/ vom Nichts zum ersten Stückchen
Brot/ Vom Brot zur Wurst geht’s dann schon besser, der Mensch
entwickelt sich zum Fresser/ und sitzt nun, scheinbar ohne Kummer/
als reicher Mann bei Sekt und Hummer/ Doch sieh, zu Ende ist die
Leiter/ Vom Hummer aus geht nichts mehr weiter/ Beim Brot so denkt
er, war das Glück/ Doch findet er nicht mehr zurück.
So reimt der Dichter Eugen Roth und gibt Antwort auf die Frage,
warum es uns manchmal so schlecht geht, obwohl es uns allen so gut
geht. Warum inmitten des Wohlstandes das Unglück wächst und der
Verbrauch an Psychopharmaka, die beruhigen und die Seele aufhellen
sollen. Warum trotz Überfluss, so viele Menschen mutlos in die
Zukunft schauen und für sich keine Perspektive mehr sehen. So viele
Bedürfnisse sind heute für alle gestillt, aber der Hunger nach
Glück, der Lebenshunger ist geblieben. Nein, wir brauchen nicht alle
Tage Manna vom Himmel. Unsre Kühlschränke sind gefüllt, unsere Lager
und Kühlhäuser platzen aus allen Nähten, aber der Hunger nach Glück
der Lebenshunger ist geblieben.
Nein, Jesus, um Brot und Wurst um Wasser und Sekt brauchen wir dich
- anders als die Menschen damals nicht zu bitten. Ehr schon haben
wir diesen Überfluss zu beklagen. Wie viele haben verlernt. so zu
essen, dass es gut ist für Leib und Seele. Und so mancher frisst und
säuft sich zu Tode, weil ihm nur Essen und Trinken bleibt um sein
Unglück zu vergessen und seinen Lebenshunger zu stillen.
Und obwohl wir längst am Ende der Leiter stehen, hört eine
raffinierte Werbung nicht auf uns noch eine Sprosse höher zu locken.
Glück durch Essen und Trinken, von dem Eis, das die Sinne erfrischt,
bis zu den glücklichen Leuten im Maggi Kochstudio. Schaut euch all
diese Werbung einmal ganz bewusst an. Auch die, wo dann mit
raffinierten Diätgerichten das wieder ausgebügelt werden soll, was
die übermäßige Trostsuche am Kühlschrank angerichtet hat. Das ist ja
eine echte Not, wenn sich das Leben nur in dem beständigen Kreislauf
von Zunehmen und Abnehmen, von Essen und dann unter Qualen weniger
Essen bewegt. Und dass das bei vielen Menschen der Fall ist, ist ja
nicht erfunden. Sogar manches brave Haustier teilt inzwischen auf
diesem Gebiet die Probleme seines Menschen. Doch findet der nicht
mehr zurück.
Nein, Jesus war kein Asket. Kein Verächter der leiblichen Genüsse.
Und auch nicht einer von denen, die Essen und Trinken nur unter dem
Aspekt der Ernährung ihres eigenen Körpers betrachten. Oft ist ja
gerade dieses gehetzte, gedankenlose, lieblose, einsame Essen, ein
Essen, das krank macht. Unser Herr Jesus war ein Freund der
gepflegten Tischgemeinschaft mit seinen Jüngern und mit Zöllnern und
Sündern. Viele entscheidenden Dinge hat Jesus bei Tisch gesagt und
getan. Zum Abendmahl lädt er uns an seinen Tisch, vergleicht das
Himmelreich mit einem Festmahl und malt schließlich das Bild vom
fröhlichen Essen und Trinken in der Ewigkeit.
Die unglückliche Suche nach dem Glück in Essen und Trinken allein
ist eine Sache, die Verwahrlosung und Zerstörung unserer
Tischgemeinschaften ist eine andere. Und oft kommt das eine zum
andern. Wie soll da bei Tisch noch etwas geschehen, wenn das Essen
und Trinken möglichst rationell, möglichst schnell, möglichst noch
mit Zeitunglesen nebenher vonstatten gehen soll. Wenn manche
Familien überhaupt nicht mehr um einen Tisch versammelt sind,
sondern sich je nach Bedarf aus Kühlschrank und Mikrowelle bedienen.
Wie soll Essen da noch Leib und Seele zusammenhalten? Und wie wollen
wir Jesu Worte vom Brot des Lebens verstehen, wenn wir vom Essen und
Trinken unseres täglichen Brotes nichts mehr verstehen. Dort wird es
zum Inbegriff allen Glücks und da geschieht Essen und Trinken in so
trostloser Form, das es uns überhaupt nichts mehr geben kann.
Beides wollen wir heute bedenken als lebenshungrige Menschen, die
wir sind und ein Leben lang bleiben. Essen und Trinken soll uns
geben, was es kann. Und ich bin sicher, Jesus wäre traurig, wenn er
sieht, wie lieblos wir oft damit umgehen und wie wenig wir aus
dieser guten Gabe Gottes machen. Denn Gottes Gabe war das Manna, das
für das Volk Israel in der Wüste vom Himmel fiel und Gottes Gabe ist
der Überfluss an Essen und Trinken und deshalb will Essen und
Trinken auch so begangen und gefeiert werden: als Gottes Gabe.
Aber Essen und Trinken stillt eben nicht allen Hunger. Lebenshunger
bleibt, auch wenn der Magen voll ist. Und davon können wir
Wohlstandsmenschen ein Lied singen. Und deshalb haben gerade wir
vielleicht ein offenes Ohr wenn Jesus sagt: Ihr braucht Brot des
Lebens. Vielleicht sind wir längst durch eigene schmerzliche
Erfahrung anmarschiert zu dieser Einsicht. Vielleicht ahnen wir
längst, dass unsere Probleme an ganz anderen Mängeln hängen.
Ich bin das Brot des Lebens sagt Jesus. Und lädt uns damit ein bei
ihm zu suchen, was unseren Mangel, unseren Lebenshunger stillen
kann. Gute Worte gehören dazu. Du hast Worte des ewigen Lebens, sagt
Petrus zu Jesus (Joh 6/68). Du hast Worte, von denen wir leben
können. Haben wir einen Menschen, der gut zu uns redet? Der nicht
fortwährend fordert und schimpft und lamentiert. Haben wir einen
Menschen, der zu uns sagt: Ich hab dich lieb? Das sind Worte, wie
Jesus sie für uns hat. Obwohl wir oft mühselig und beladen sind. Dir
sind deine Sünden vergeben. Fang noch einmal von vorn an. Haben wir
Menschen, die sagen können: Ich verzeih dir. Das sind Worte, wie
Jesus sie spricht.
Haben wir einen Menschen, der bei uns ist, wenn wir krank, alt und
gebrechlich sind. Seht wie Jesus sich hinunterbeugt zu denen die
leiden. Haben wir einen Menschen, der bei uns ist in Not und Gefahr?
Seht den Jesus bei den Jüngern im Boot im Sturm auf dem See. Wie die
Wellen sich legen und den Jüngern die Angst vergeht. Haben wir einen
Menschen, der bereit wäre sein Leben zu geben um unseres zu retten?
Nichts anderes hat Jesus getan. Haben wir eine Aufgabe, für die es
sich zu Leben lohnt? Hört, wie Jesus seine Jünger sendet, selbst
Salz und Licht und Brot der Welt zu sein. Ich bin das Brot des
Lebens, sagt Jesus und entfaltet diesen Satz durch sein Reden und
Handeln. Als Einladung, dass wir mit unserem ganz persönlichem
Mangel und Lebenshunger nicht an der falschen Adresse suchen. Der
Christus bietet uns den Reichtum seines Evangeliums. Dort darf er
als der gesucht und gefunden werden, der unseren Hunger stillt.
Und bestimmt lernen wir auf diesem Weg auch unseren Lebenshunger
besser zu verstehen. Besser zu verstehen, was unser Leben in
Wahrheit reich und lebenswert macht. Essen und Trinken gehört dazu
aber auch Gemeinschaft, Glaube, Hoffnung, Liebe, Barmherzigkeit,
Geduld und Gelassenheit, offene Augen und Ohren haben und ein
offenes Herz. Alles Dinge, an denen unter uns und in der weiten Welt
oft so elender Mangel herrscht, während sich unsere Tische vom
Überfluss biegen. Und da passt es eben nicht zusammen, dass wir für
die Stabilität unseres Geldes und unserer Banken hunderte Milliarden
Euro übrig haben, aber für die Hungernden in Afrika dieser Tage
gerade mal 30 Millionen.
Der Christus gibt unserem oft so blinden Lebenshunger offene Augen
für das, was wir und andere wirklich brauchen, für das, was wir im
Grunde unseres Herzens und unserer Seele wirklich suchen, um Mensch
zu sein und zu bleiben. Wir selbst wissen es ja oft genug nicht. Wir
finden oft nicht mehr zurück, um noch einmal mit dem Dichter Eugen
Roth zu sprechen. Das ist das Problem unserer Menschheit und vor
allem des reichen Teils davon, zu dem wir gehören! Und wir finden
dann auch nicht Antwort auf die Frage, was wir anderen Menschen sein
können. Oft genug sind wir für andere ehr Stein als Brot des Lebens.
Deshalb dürfen wir auch darin Maß nehmen an dem wahren Brot des
Lebens, an Jesus Christus selbst .
Dort lasst uns bleiben, bei seinem Wort und Sakrament. Für dieses
Brot des Lebens wollen wir uns Zeit nehmen. Wer es achtlos und
nebenher hineinmampft, den wird es nicht satt machen, nicht stark,
nicht mutig, nicht weise. Auch das wahre Brot des Lebens, will
genossen sein.
Pfarrer Johannes Taig
(Hospitalkirche Hof)
(weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie
exklusiv unter
www.kanzelgruss.de) |
Text:
30 Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für
ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust
du?
31 Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie
geschrieben steht (Psalm 78,24): »Er gab ihnen Brot vom Himmel zu
essen.«
32 Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater
gibt euch das wahre Brot vom Himmel.
33 Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt
das Leben.
34 Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot.
35 Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu
mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird
nimmermehr dürsten.
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