Liebe Konfirmanden, liebe Paten, Eltern und Angehörige, liebe
Gemeinde,
Gestern haben wir im Gottesdienst vor allem davon gehört, was beim
Übergang von der Kindheit zum Erwachsenwerden schiefläuft. Von
Anfang an, sagt die Bibel, verlieren Menschen, verliert ein jeder
dabei seine „Unschuld“. Das Kind will nicht mehr Kind sein und der
Erwachsene spielt sich auf wie der liebe Gott. Warum das so ist,
warum in der Welt der Erwachsenen ein jeder sich vor dem anderen
versteckt, dem anderen etwas vorspielt, alles tut, um etwas besseres
zu sein, und deshalb Lug und Trug, Mord und Totschlag zum
„Normalfall“ werden, warum Angst zum Grundgefühl des Menschen wird,
Angst vor dem anderen, Angst vor Gott, Angst auch vor sich
selbst…warum das so ist, erklärt die Bibel nicht. Aber sie hält ganz
realistisch fest, dass es so ist! Und sie hält fest, dass jeder
Mensch, du und ich, da hinein verstrickt ist und keiner, auch nicht
einer, sich von selbst daraus befreien kann.
Sünde nennt die Bibel diese Macht des Bösen. Und die Geschichte von
Adam und Eva, die wir gestern gehört haben, hält uns den Spiegel
vors Gesicht: dass auf jeden Finger, der auf andere zeigt, immer
drei Finger auf uns zurück zeigen.
Keine Religion hat wie unser jüdisch-christlicher Glaube eine so
illusionslose, realistische Beschreibung unserer irdischen
Wirklichkeit und des Menschen. Aber obwohl das das erste ist, was
die Bibel erzählt – es ist doch nicht alles! Von Anfang an erzählt
die Bibel auch davon, dass der allmächtige Gott, der Schöpfer des
Himmels und der Erde, es gut mit seinen Geschöpfen meint, es immer
schon gut gemeint hat und immer gut meinen wird: Wie wunderbar diese
Schöpfung ist, im Großen wie im Kleinen, wie vielfältig und
staunenswert Leben um uns herum ist - am Himmel, im Wasser und zu
Lande - das können wir in der Natur erleben und heutzutage in
herrlichen Tierdokumentationen im Fernsehen bewundern. Das ist -
schlägt man die Bibel ganz vorne auf - Gottes allererstes Wort! Ein
Wort, das ehrfürchtiges Staunen über Gottes Schöpfermacht zum festen
Bestandteil allen Gottesglaubens macht. Und jeden Gläubigen
verpflichtet, diese wunderbare Schöpfung Gottes auch zu bewahren.
Daran soll dich dein Konfirmationsspruch,
Lea Schaller, erinnern: Von allen
Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir. Freude
am Leben klingt da an, Freude am Leben um einen herum, aber auch am
eigenen Leben - verbunden mit einem dankbaren und auch demütigen
Wissen um die Zerbrechlichkeit allen Lebens.
Die Freude darüber, dass Gott uns als Lebenskraft unmittelbar nah
ist, sozusagen mit jedem Atemzug, das hält dein Konfirmationsspruch,
Max, fest:
Siehe, Gott steht mir bei, der Herr erhält mein Leben.
Ja, Gottes Schöpfermacht wirkt in dieser Welt von Ewigkeit zu
Ewigkeit. Aber Gott hat den Menschen zur Mitwirkung geschaffen - zu
seinem „Ebenbild“, wie es am Anfang heißt. Ihn zeichnet Gott
besonders aus, segnet ihn und gibt ihm einen Auftrag. Daran erinnert
euch euer Konfirmationsspruch, Niko und
Martin: Ich will dich segnen und du
sollst ein Segen sein.
Diese Worte sagt Gott zu Abraham im 12. Kapitel des 1. Mose-Buches.
Damit beginnen die Geschichtserzählungen des Volkes Israel, seine
Lebens- und Glaubenserfahrungen. Und in diesen Erzählungen, die
einen Zeitraum von 1 ½ Jahrtausenden umspannen, wird deutlich, dass
Gott so wenig vom Menschen will, aber das will er ganz: nämlich das
Herz des Menschen, das kindliche Vertrauen in seine Allmacht und
Güte! Dazu will dir dein Konfirmationsspruch,
Lorenz, immer wieder Mut machen:
Die Gnade Gottes, des Herrn, währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über
denen, die ihm vertrauen.
„Glaube“ nennt das Jesus im NT und preist ihn als die Kraft, die
alles überwindet: Hass durch Liebe, Beleidigen durch Verzeihen,
Streit durch Versöhnung, Irrtum durch Wahrheit, Verzweiflung durch
Hoffnung, Kummer durch Freude. Das hält dir dein
Konfirmationsspruch, Julian,
immer vor Augen: Alles ist möglich für den,
der glaubt.
Unser himmlischer Vater will nur eines von uns, aber das will er
ganz: unsere Liebe! „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von
ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt!“ Das ist,
sagte unser Herr Jesus, das größte und vornehmste Gebot. Freilich,
gerade das bleiben Menschen Gott am meisten schuldig. Auch davon
erzählt die Heilige Schrift vom Anfang bis zum Ende. Kein Wunder,
dass die Macht der Sünde deshalb genau da ansetzt: bei unserem
Herzen. Immer wieder erzählt die Bibel, wie Menschen ihr Herz an
alles Mögliche hängen: an Reichtum, an Macht, an ihren Besitz und an
Ansehen und Ruf, den man bei anderen nach außen hat – und wie sie
sich dabei verlieren, wie ihre Seele dabei Schaden nimmt und wie sie
dabei anderen schaden, sowohl Menschen als auch der Mit- und Umwelt.
In dieser „gefallenen“ Welt voll Leid und Tod, voll Geschrei und
Schmerz muss sich die Liebe zu Gott bewähren - und das immer wieder
in Geduld: Dazu will dich dein Konfirmationsspruch,
Karolina, ermutigen:
Aber die auf den Herrn harren, kriegen neue
Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und
nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.
Und damit ihr euren Weg in dieser Welt der Erwachsenen findet, dass
ihr Gott und eurem Gewissen treu bleiben könnt, dass ihr wachst im
Glauben und in der Liebe - dazu hat Gott euch Engel an die Seite
gestellt. Nein, keine Engel mit Flügel! Sondern Menschen, die man
meist erst im Nachhinein als Engel erkennt: die Oma, die einem aus
der Kinderbibel vorgelesen hat; der Pate, der einem zeigte, wie das
geht: von Herzen zu beten; dieser oder jener Mensch, den ihr in
eurem Leben noch treffen werdet und der euch zum Engel wird … und
dann ist da noch der „Engel“, in dessen Namen ihr getauft worden
seid: Jesus Christus! Er hat euch in eurer Taufe schon versprochen,
bei euch zu sein alle Tage bis an der Welt Ende - dann, wenn er euch
und einen jeden von uns an der Hand nehmen wird und heimführen wird
in unsere himmlische Heimat. Dass ihr auch Augen habt für die Engel
in eurem Leben, die Gott einem jeden von euch schon geschickt hat
und noch schicken wird, daran will euch euer Konfirmationsspruch
erinnern - Sabrina, Luisa und Felix:
Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie
dich behüten auf allen deinen Wegen.
Liebe Gott! Sagt die ganze Heilige Schrift. Diesem Gebot
gleichgestellt ist das andere Gebot, sagt Jesus: Liebe deinen
Nächsten wie dich selbst! Glaube an Gott ist keine Weltflucht!
Deshalb habt ihr, liebe Konfirmanden, auch nicht nur die ersten 3
Gebote auswendig gelernt, sondern alle 10! Deshalb habt ihr zwei
Praktika gemacht in den Einrichtungen der Lebenshilfe für Menschen,
deren Leben behindert, beschädigt und verletzt wurde. Damit ihr
beides seht: Dass diese Welt euch braucht! Und dass häufig dort, wo
das Leben von Menschen beeinträchtigt ist, dennoch wirkliche Freude
am Leben aufblühen kann. Und dass es zu einem erfüllten Leben
gehört, anderen Menschen zu helfen. Dann nämlich wird ein Lebensweg
hell und leuchtend, dann wird aus einem Menschen ein „Gerechter“,
wie es im AT heißt, ein Mensch, der so recht nach Gottes Geschmack
ist. Mit poetischen Worten und Bildern sagt das dein
Konfirmationsspruch, Moritz:
Der Gerechten Pfad ist wie das Licht am
Morgen, das immer heller wird bis zum vollen Tag.
Zu liebevollen Menschen will Gott euch und uns alle machen. Es hat
sich schon vor Jahrhunderten herausgestellt, dass das alles andere
als einfach ist. Deshalb hat Gott die Sache selbst in die Hand
genommen und ist Mensch geworden, wie wir - freilich in Jesus, dem
Christus, voll der Liebe, derer wir so oft ermangeln. In seinem
Leben und in seinem Wirken, in seiner Art mit Menschen umzugehen und
in seiner Art, an Gott als den „lieben Papa“ im Himmel zu glauben;
in seiner konsequenten Haltung, auch dann noch auf jede Art von
Gewalt gegenüber Menschen zu verzichten, wo ihm selbst Gewalt
angetan wurde; letztlich im Annehmen seines Todes als einem
entscheidenden Liebeshandeln Gottes an und für die Menschen - in
alledem hat sich Gott ein für allemal festgelegt - und gezeigt was
Liebe ist. „Kind Gottes“ nennt Jesus den Menschen, der es ihm
nachtut und verspricht ihm Seligkeit. So auch dir in deinem
Konfirmationsspruch, Marco:
Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden
Gottes Kinder heißen.
Heute will Gott einen jeden von euch segnen auf seinem Weg in die
Welt der Erwachsenen - eine Welt, die zerrissen ist von Machtkämpfen
im Großen wie im Kleinen, die zerstört wird von Egoismen aller Art;
eine Welt, die seufzt und leidet unter der Macht von Sünde, Tod und
Teufel, in der Leid, Geschrei und Schmerz ist. In dieser ach so
zerrissenen Welt sollt ihr euer Gottvertrauen bewahren und euren
Nächsten lieben wie euch selbst. Dazu will Gott selbst die Hand über
euch halten und euch segnen mit Mut machenden Worten. Und er
verspricht dir heute, Lea Geißer,
auf deinen Wegen mit zu gehen: Ich bin mit dir
und will dich behüten, wo du hinziehst.
Ja, Mut will euch Gott machen! Auf dass ihr Christi Boten seid der
Versöhnung! Auf dass ihr Unrecht beim Namen nennt und für die
Wahrheit eintretet – wo immer eure Stimme gebraucht wird! Auf dass
ihr ein Herz habt für die Menschen in Not – ob in der Nähe oder in
der Ferne! Auf dass ihr niemanden fürchtet außer Gott allein! Die
Freiheit zu solchem Handeln - zu der hat dich der Christus
bevollmächtigt, Christian. Daran
soll dich dein Konfirmationsspruch erinnern:
Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst
euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!
Möge Gott euch und uns alle stärken mit seinem Geist - dem Geist der
Liebe, der Kraft und der Besonnenheit! Mögen eure Wege gesegnet sein
und ihr auf euren Wegen. Und mögen eure Wege, liebe Konfirmanden,
euch immer wieder in Gottes Haus führen, in die Gemeinschaft derer,
die mit euch glaubend unterwegs sind - spätestens dann, wenn ihr
euch auf eurem Weg verirrt und verlaufen habt! Dann hoffe und
wünsche ich euch, dass ihr euch eurer Taufe und des heutigen Tages
erinnert und dass ihr es dann macht, wie der verlorene Sohn im
Evangelium: dass ihr euch an das Haus eures himmlischen Vaters
erinnert und am Tisch des Herrn die Erfahrung macht, die der
verlorene Sohn auch gemacht hat: dass euch euer Vater im Himmel
schon von weitem entgegenläuft und euch ohne ein Wort des Vorwurfs
liebevoll in seine Arme schließt.
Pfarrer Rudolf Koller
(Hospitalkirche
Hof)
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