Liebe Leser,
böse Zungen behaupten zu allen Zeiten, das Christentum sei nichts
anderes als eine aufgebackene Jesussemmel. Die Jünger hätten sich mit
dem Tod ihres geliebten Meisters nicht abfinden können und da seien dann
irgendwann die Gerüchte ins Kraut geschossen.
Die Frauen fanden das Grab leer und begegneten jemand, der auf den
ersten Blick der Gärtner und auf den zweiten der auferstandene Jesus
gewesen sein sollte. Zwei Jünger aus Emmaus marschierten in Begleitung
eines Fremden ein paar Kilometerchen nach Hause und als sie mit dem
Fremden dann am Tisch sitzen, bricht er das Brot, und es fällt ihnen wie
Schuppen von den Augen: Das ist der auferstandene Jesus. Danach sei er
aber sofort wieder verschwunden.
Petrus soll die begeisterten Emmausjünger gefragt haben, ob das, was sie
da auf dem Tisch hatten auch wirklich frisch gewesen wäre und ob sie
vielleicht dem Roten etwas mehr als sonst zugesprochen hätten, was –
Bitte schön! – in diesen Tagen jeder verstehen könne. Von ihm soll auch
die Bemerkung stammen, es gäbe Gelegenheiten, bei denen Essen und
Trinken Leib und Seele eben doch nicht zusammenhalten.
An diesem wunderschönen Ostermorgen roch es bei den Jüngern nach
gebratenem Fisch. Wir merken, dass uns die Evangelien wichtige
Einzelheiten schuldig bleiben. Von Judas wissen wir, dass er sich um die
Geldangelegenheiten der Jünger kümmerte. Judas lebte nicht mehr. Er
hatte eigenhändig den Löffel abgegeben. Tröstlich allein der Gedanke,
dass sein letztes Mahl das Abendmahl gewesen war.
Wer aber war der unverdrossene Bruzler (oder war’s eine Bruzlerin?) in
der Jüngerschar, der sich von der lähmenden Trauer der anderen nicht
unterkriegen ließ, den Herd anschürte und mit Töpfen und Pfannen
klapperte? Bald zogen die wohlbekannten Düfte des Lebens durchs Haus,
die sonst die anderen jedes Mal in die Küche zum Topfgucken lockten.
Wenn es damals schon so etwas wie eine Küchentür gegeben hätte – heute
hätten die Jünger sie zugemacht. Und da half es auch nichts, dass der
Küchenjünger nun mit seinen Speisen durch die Jüngerschar ging und zu
jedem sagte: Ich weiß, er ist tot. Aber ihr müsst doch was essen!
Wir folgern zumindest, dass er seinen gebratenen Fisch nicht einmal
fallen ließ, als Jesus auf einmal leibhaftig mitten unter ihnen stand
und sie grüßte: Friede sei mit euch! Friedhöfe mögen friedliche Orte
sein. Im Haus der Jünger stob alles, was lebendig war, wild auseinander,
klebte mit dem Rücken an der Wand und hatte die Haustür im Auge.
Wir stellen uns vor, dass Jesus ganz langsam agierte. Vorsichtig die
Ärmel seines Gewands zurückstreifte und es vorsichtig anhob, damit alle
sehen konnten, dass sich Arme und Beine darunter befanden. Seht meine
Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein
Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe.
Keiner der Jünger wollte irgendwas anfassen. Und dann drehte er ihnen
die Handflächen zu. Und die Jünger kamen ganz vorsichtig näher und
schauten hinein. Und sahen und hörten und rochen: Den Angstschweiß, das
Hämmern, die Schreie, das Salz der Tränen, die letzten Worte, wie die
Sonne verschwand und der Tod seine Herrschaft angetreten hatte über die
Welt; und all ihre Hoffnungen, jede Hoffnung, grinsend zertrat …
Jesus schloss seine Hände und die Bilder verschwanden wie ein Spuk. Er
lächelte sie an: Und jetzt wäre was zu Essen recht. Die Jünger schoben
den immer noch zur Anrichte erstarrten Küchenjünger in seine Richtung
und er nahm von dem gebratenen Fisch. Die Jünger um ihn herum wie Hunde,
zählten ihm jeden Bissen in den Mund.
Es muss der Küchenjünger gewesen sein, dessen Augen sich als erste zu
einem Lachen verzogen und dann prustete, lachte und weinte alles
durcheinander. Noch Jahre danach hing dem Küchenjünger übrigens
folgender Witz nach: Er habe, ein Tablett mit gebratenem Fisch in der
Hand, am Ostermorgen völlig umsonst einem nach dem anderen sein Essen
angeboten. Und dann sei er zu Jesus gekommen und habe gesagt: Ich weiß,
du bist tot. Aber du musst doch was essen!
Wir brauchen nicht viel Phantasie um uns vorzustellen, dass es einige
Zeit dauerte, bis die Jüngerschar wieder zur Ruhe gekommen war. Er
sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe,
als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir
geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den
Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodass sie die Schrift
verstanden.
Nein, lieber Lukas, „verstanden“ ist hier wirklich nicht das richtige
Wort. Sie sahen, hörten, rochen und schmeckten die Schrift: Du bereitest
vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt
mit Öl und schenkst mir voll ein. Mag in der Kirche so manche Predigt
riechen und schmecken wie eine aufgebackene Jesussemmel. Am Ostermorgen
biegt sich in der Rede des Christus der Tisch des Herrn mit den
erlesenen Speisen der Schrift und es weht um ihn der Duft des Lebens.
Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist!
„Denn Christus hat für uns gestiftet und gegeben Gerechtigkeit und
alles, was er hatte, hat alle seine Güter über uns ausgeschüttet, welche
niemand ermessen kann; kein Engel kann sie begreifen noch ergründen,
denn Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, der da reichet von
der Erde bis an den Himmel.“ (Luther-W Bd. 4, S. 89) So Martin Luther,
der ein leidenschaftlicher Topfgucker im geistlichen und weltlichen Sinn
gewesen ist.
Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe. Man stelle sich vor,
welche Düfte des Lebens ihm entsteigen. Kein Leid, kein Tod, keine
Finsternis kann sie je mehr vertreiben. Und dann schickt Jesus Christus
die Jünger auf große Mission. Nicht mit dem genormten, immer gleich
schmeckenden Fastfood der Fundamentalisten. Nicht mit den abgestandenen
Wässerchen der Moralisten. Nicht mit den staubtrockenen Cerealien der
Dogmatiker. Nicht mit dem schwer im Magen liegenden Mampf der
Gesetzesprediger. Nicht mit dem kalorienreduzierten Diätmenü der
Aufgeklärten. Nicht mit den Sonderangeboten der kirchlichen
Marketingstrategen.
Jesus der Christus schickt sie auf große Mission mit dem Tisch des
Herrn, den erlesenen Speisen der Schrift und den Düften des Lebens,
denen jede und jeder nur schwer widerstehen kann. Die halten Leib und
Seele zusammen. Die können selbst Tote zum Leben erwecken. Darum
schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist!
Pfarrer Johannes Taig
(Hospitalkirche Hof)
(weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie
exklusiv unter
www.kanzelgruss.de)
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Text:
36 Als sie aber davon
redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen:
Friede sei mit euch!
37 Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen
Geist.
38 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen
solche Gedanken in euer Herz?
39 Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und
seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass
ich sie habe.
40 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße.
41 Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten,
sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen?
42 Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor.
43 Und er nahm's und aß vor ihnen.
44 Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt
habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von
mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den
Psalmen.
45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodass sie die Schrift
verstanden. |