Liebe Leser,
heute ist Allerheiligen, eigentlich ein katholisches Fest und was
soll man auf einer evangelischen Kanzel noch dazu im Rückblick auf
den Reformationstag dazu sagen. Es wird an Allerheiligen, all den
Heiligen gedacht, die schon entschlafen sind und deshalb geht man
auch an die Gräber seiner Lieben. Ja wer ist denn heilig. Das ist
eine schwierige Frage. Bei den katholischen Christen sind es im
Vordergrund auch erst mal Menschen, die große Taten vollbracht
haben. Zuerst wurden sie selig gesprochen und dann irgendwann, wenn
man noch ein paar Wunder nachweisen konnte kam dann die
Heiligsprechung. Also Selig und heilig gehören irgendwie zusammen.
Ja und das passt genau zum Predigttext zum Heiligen Tag von dem ich
Ihnen erst mal nur den zweiten Teil vorlesen möchte. Der Text ist
aus der Bergpredigt in Matthäus 5, 7-12
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit
erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Selig sind, die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer
ist das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und
verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen.
Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt
werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch
gewesen sind.“
Schön jetzt weiß ich, wie ich selig werden kann. Ich brauche nur die
Barmherzigkeit tun, ich brauche nur ein reines Herz zu haben, ich
muss Frieden stiften. Ich werde vielleicht um der Gerechtigkeit
willen verfolgt werden. Ja und wenn ich das alles tue, dann wird es
mir im Himmel reichlich belohnt werden. Das höre ich oft. Viele
Leute sagen, ja ich tue ja nichts Unrechtes, ich versuche nach
Gottes Geboten zu leben und dann wird es mir der Herrgott schon
belohnen.
Vor vielen Jahren schrieb der Politiker und Autor Franz Alt davon,
wie man mit der Bergpredigt Politik machen kann. Wenn man das alles
täte, sagte er, dann würde es friedlicher in unserer Welt aussehen.
Ja gut, dann schauen wir uns doch einmal ein paar Aussagen unseres
Textes an. Selig sind die Barmherzigen und an wen denkt man da nicht
gleich? Da denkt man doch an Mutter Theresa und ihre Werke der
Barmherzigkeit. Oje, kann es mir dann da nur in den Sinn kommen, wie
kann ich denn so etwas tun? So barmherzig sein, wie Mutter Theresa,
nein das kann ich nicht. Diese bedingungslose Aufopferung, das geht
auf keinen Fall. Das Leben unter den vielen Armen und Kranken, das
geht ja gar nicht. Barmherzig sein mit meinem Nächsten ginge
vielleicht irgendwie doch, jedoch auf keinen Fall mit meinem Feind.
Mutter Theresa wurde ja für all ihre Taten schon selig gesprochen
und soll auch heilig gesprochen werden.
Dann soll ich auch ein reines Herz haben. Das schaffe ich vielleicht
gerade noch. Ich habe als Kind ja immer gebetet, ich bin klein mein
Herz ist rein.
Frieden stiften ist eine weitere Tugend, die
einem selig machen soll. Auch dazu fällt mir wieder ein berühmter
Mensch ein: Martin Luther King, der mit friedlichen Mitteln, die
Gleichheit für die schwarze Rasse erreichen wollte. Er organisierte
Streiks, so dass die Schwarzen nicht zur Arbeit gingen, um auf ihre
unwürdigen Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Er stiftete eine
friedliche Sitzrevolution in den Bussen an, bei der sich die
Schwarzen einfach auf die Plätze der Weißen setzten. Vieles, vieles
mehr gäbe es noch von ihm zu berichten. Frieden schaffen, ohne
Waffen. Das war sein Motto. Wenn ich mir dann diesen evangelischen
Heiligen, so wie einige zu ihm sagen, ansehe, dann werde ich ganz
blass vor Neid. Frieden stiften ist nicht mein Ding. Streit
schlichten vielleicht, auch in der Schule, das kann ganz schön nach
hinten losgehen und ich kann dann selbst zum Opfer werden. Da halte
ich mich lieber raus. Bei Martin Luther King ist das ja auch ganz
schön nach hinten losgegangen. Er wurde wegen des Kampfes, um seine
Gerechtigkeit verfolgt und dann sogar ermordet.
Irgendwie komme ich mit dem Bibeltext nicht ganz mit und muss auch
Herrn Franz Alt sagen, dass es doch nicht gelingen kann mit der
Bergpredigt Politik zu machen, dass die Welt friedlicher wird. Und
dann sollen wir uns noch freuen und getrost sein, heißt es in
unserem Bibeltext. Im Himmel wird uns alles reichlich belohnt
werden. Ja, dann solle der Himmel über uns aufgehen. Also eine
Vertröstung aufs jenseits. Und hier, hier ist wohl nur ein
mühseliges Leben und kein Himmel auf Erden? Einfach nur schauen,
dass ich alle Forderungen der Bergpredigt gut einhalte, damit ich
selig werde. Das macht mich kaputt.
So kann man denken, wenn man die Bergpredigt vielleicht nur
oberflächlich liest und sie auch nicht von ihrem Anfang her und
ihrem Umfeld her bedenkt. Das machen viele Leute und merken dann,
wie sie scheitern. Sie lesen wirklich nur die Verse, die ich eben
gelesen habe und sagen: Hilfe das schaffe ich nicht. Ich werde nie
ein Heiliger und wer’s glaubt, wird selig.
Schauen wir uns aber doch auch mal das Umfeld und den Anfang unseres
Textes an. Jesus hatte seine Jünger berufen, die ihm dann
nachgefolgt sind. Er wanderte mit ihnen durch Galiläa er predigte
und heilte viele Menschen. Daraufhin folgte Jesus eine große
Menschenmasse. Und hier beginnt eigentlich unser heutiger
Predigttext. Hören wir nun auf die ersten Verse aus Matthäus 5, 1-6.
Jesus sah das viele Volk und es wurde ihm zuviel.
Als Jesus das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich;
und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen Mund auf,
lehrte sie und sprach:
„Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das
Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen
getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn
sie sollen satt werden.
Jetzt kommen wir dem ganzen Sinn der Bergpredigt doch etwas näher.
Wir sehen, zuerst einmal, zu wem Jesus die Bergpredigt spricht. Er
spricht sie nicht zu irgendwelchen Leuten, sondern er spricht sie zu
seinen Jüngern. Das sind die Leute, die an ihn glauben und ihm
nachfolgen. Diese Leute haben also einen Glauben an Jesus Christus.
Also Menschen, die an Jesus glauben, sind erst mal selig. Selig sind
aber in unserem heutigen Text auch noch besonders diejenigen Leute,
die einen geistlich armen Glauben haben. Sie glauben nicht nur, nein
sie haben dazu noch einen geistlich armen Glauben.
Dazu sagt Jörg Zink in seinem Neuen Testament: „Selig sind, die da
geistlich arm sind. Selig sind wir, wenn wir nicht meinen wir selbst
hätten einen starken Glauben. Wenn wir nicht meinen stark genug zu
sein, sondern Gottes Barmherzigkeit brauchen und alles von seiner
Liebe erwarten."
Es geht also nicht um uns und um unser Tun und um unseren starken
Glauben. Es geht darum, dass ich nicht stark zu sein brauche. Ich
soll von Gottes Barmherzigkeit her leben und alles von seiner Liebe
erwarten. Nicht ich muss die ganzen Sachen der Bergpredigt aus
eigenem Antrieb leisten. Die Bergpredigt richtet sich an die Leute,
die ihren Glauben an Jesus Christus haben und ihn Ihre Stärke sein
lassen. .
„Christus ist umsonst geboren, wenn er nicht in Dir geboren wird.“
So sagt es Angelius Silesius. Das bedeutet für mich. Ich kann mich
nicht selbst selig oder heilig machen nur Jesus kann es durch mich
tun. „Speisen die Hungrigen, Tränken die Durstigen, Vergeben den
Feinden, Bitten für alle Menschen auf Erden (...) Siehe, das sind
alles lauter gute, heilige Werke. Dennoch ist (dies) (...) kein Weg
zur Seligkeit. Sondern es bleibt nur der eine Weg über diesen allen,
nämlich der Glaube an Jesus Christus. Denn es ist etwas ganz
anderes: heilig und selig zu sein. Selig werden wir allein durch
Christus, heilig aber sowohl durch diesen Glauben, als auch durch
diese göttlichen Stifte und Orden.“ So sagte es schon Martin Luther,
dessen Gedenktag wir ja vom gestrigen Reformationsfest her, heute
auch noch begehen.
Wenn ich aus der geistlichen Armut, aus dem festen Glauben auf
Gottes Hilfe lebe, dann kann ich erfahren, dass mich Gott im Leid
tröstet. Dann muss ich mich nicht anstrengen und mit Stolz sagen,
ich muss aus meiner eigenen Kraft stark werden und so kann Gott mich
trösten. Nein, selbst wenn ich geistlich arme werde, wenn ich selbst
einen schwachen Glauben habe, kann ich selig werden. Ich kann dann
einfach rufen, ich kann nicht mehr und mich in Gottes erbarmende
Arme werfen. Genauso kann ich ein seliger Sanftmütiger sein und
einer, der hungert und dürstet nach Gerechtigkeit.
Diese geistlich Armut gibt mir dann auch die Kraft zur
Barmherzigkeit. Ich habe die Biographie von Mutter Theresa auf
Englisch gelesen und da gesehen, dass sie ihr Werk nicht getan hat,
um selig zu werden. Sie hat ihr Werk aus dem Glauben heraus getan.
Sie hat erst mit der Arbeit begonnen, als Gott sie ganz konkret zu
diesem Werk gerufen hat. Sie selbst fühlte sich zu schwach zu
solchen Taten.
Bei dem Kindergebet hört es ja nicht auf mit: ich bin klein mein
Herz ist rein. Es heißt, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.
Und in einem Gesangbuchlied heißt es: Ein reines Herz Herr schaff in
mir! Nicht ich soll mir ein reines Herz schaffen, sondern Gott soll
es in mir bewirken.
Martin-Luther King hatte zwar seine Theorien zum Frieden schaffen
von Mahatma Gandhi, einem Inder, abgeschaut. Aber der Grund seines
Handelns war sein zutiefst innerlicher Glaube, der ihn dann wohl
auch in der Stunde des Todes gehalten hat. So kann auch uns allen,
sei es in der Schule, im Beruf und gerade auch bei den
Flüchtlingsfragen, Gott immer wieder die Kraft schenken, dass wir
mutig und erfinderisch werden, um Frieden zu stiften.
Wenn wir nun die Bergpredigt so im Gesamtzusammenhang betrachten,
dann merken wir, dass wir uns selbst nicht selig machen können,
jedoch einen Heiligen haben, der uns hilft, die Seligkeit in unserem
Tun und Handeln zu erlangen. Dann werden wir vielleicht keine so
großen Heiligen wie Mutter Theresa oder Martin-Luther King, aber
Jesus kann uns helfen, dass wir mit unserer kleinen Kraft eine gute
Ritterschaft üben können, um Barmherzigkeit in unserem Umfeld zu
wirken, immer wieder ein reines Herz zu bekommen, um versuchen
Frieden zu stiften.
Deshalb hören wir nochmals auf Martin Luther: „Speisen die
Hungrigen, Tränken die Durstigen, Vergeben den Feinden, Bitten für
alle Menschen auf Erden... Siehe, das sind alles lauter gute,
heilige Werke. Dennoch ist (dies)... kein Weg zur Seligkeit. Sondern
es bleibt nur der eine Weg über diesen allen, nämlich der Glaube an
Jesus Christus. Denn es ist etwas ganz anderes: heilig und selig zu
sein. Selig werden wir allein durch Christus, heilig aber sowohl
durch diesen Glauben, als auch durch diese göttlichen Stifte und
Orden.“
Oder sehen wir, wie ein junger Mann aus der Schweiz dasselbe zum
Thema Glauben ausdrückt:
Das Leben als Christ ist voller Herausforderungen.
Wer zeigt Dir wie du kämpfst, damit du nicht wieder überwältigt
wirst und am Ende aufgibst?- Hat Dir schon jemand gesagt, dass Du
nicht alleine kämpfen musst? - Weißt Du, dass Dein Gebet die Macht
hat dunkle Situationen zu erhellen? -Weißt Du, dass der Heilige
Geist Dein Tröster ist? Und dass Du einen Auftrag hast, den Du nicht
durch eigene Kraft ausführen kannst?- Christ sein, das Tool (der
Baustein), das (der) Dich anleitet beständig das Leben einzuatmen,
dass Dein Schöpfer für Dich gestaltet hat.
Schöne Glaubensworte von Luther und auch dem jungen Schweizer.
Wer das alles beherzigt, kann den Allerheilgentag richtig und im
evangelischen Sinne von der Reformation her begehen. Und dann (...)
geht der Himmel jetzt schon über allen auf und nicht nur erst im
ewigen Himmelreich.
Prädikantin Susanne Biegler,
Hospitalkirche Hof |
Text: 1 Als er aber das Volk
sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten
zu ihm.
2 Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das
Himmelreich.
4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich
besitzen.
6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit;
denn sie sollen satt werden.
7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit
erlangen.
8 Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder
heißen.
10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn
ihrer ist das Himmelreich.
11 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen
und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit
lügen.
12 Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich
belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die
vor euch gewesen sind.
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