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       Liebe Leser, 
      zweifellos muss auch der Dichter Georg Trakl sie gehabt haben: die 
		Momente, in denen etwas vom Reich Gottes sichtbar und erfahrbar wird. 
		Wenn auch nicht viele, wie wir vermuten. Voller Dunkelheit sind seine 
		Gedichte; Zeugnisse eines Untergangs. In einer Nacht im Ersten Weltkrieg 
		mit wimmernden Verwundeten in einer Scheune, wurde Trakl vom 
		Versuch, sich zu erschießen, durch Kameraden abgehalten und nach einem 
		Fluchtversuch zur Beobachtung seines Geisteszustandes in ein Krakauer 
		Militärhospital eingewiesen. Am Abend des 3. November 1914 starb er dort 
		nach Einnahme einer Überdosis Kokain an Herzstillstand. Ob es sich dabei 
		um einen Unfall oder um Suizid handelte, ist ungeklärt. 
		 
       
      Winterabend heißt eines seiner Gedichte:  
      (Gedichte, Bibliothek Suhrkamp 420, 1974, S. 59) 
       
      Wenn der Schnee ans Fenster fällt,  
      Lang die Abendglocke läutet, 
      Vielen ist der Tisch bereitet 
      Und das Haus ist wohlbestellt.  
       
      Mancher auf der Wanderschaft, 
      kommt ans Tor auf dunklen Pfaden, 
      Golden blüht der Baum der Gnaden 
      Aus der Erde kühlem Saft. 
       
      Wanderer tritt still herein;  
      Schmerz versteinerte die Schwelle. 
      Da erglänzt in reiner Helle 
      Auf dem Tische Brot und Wein. 
       
      Zweifellos hatte auch der Dichter Georg Trakl diese Momente der Einkehr in 
      eine, wenn auch nicht heile, so doch tröstliche Welt. Momente des Lichts 
      und der Stärkung für einen weiten und oft finsteren Weg. So wie Jesus und 
      seine Jünger sie haben auf dem Berg Tabor. Nicht zufällig wird in der 
      Geschichte auf den Feiertag, den Sonntag angespielt. Nach sechs 
      arbeitsreichen Tagen, nimmt Jesus seine Jünger mit. Wenn wir erst einmal 
      den Sonntag platt gemacht haben mit Feuerwehr, Arbeit und offenen 
      Geschäften, wird der Christus wohl gar keine Chance mehr haben uns 
      mitzunehmen.  
       
      Wenn es Sonntag mit der Kirche einmal nichts wird, dann – statt Einkaufen 
      - schon wirklich wieder einmal hinaus auf einen hohen Berg und sich 
      niedergesetzt. Dann schaut hinunter in das tiefe Tal, aus dem ihr 
      heraufgestiegen seid mit den Menschlein und ihren Häuschen und den 
      winzigen Autos, die noch nicht abbezahlt sind. Seid immer wieder einmal 
      dem Himmel ganz nah.  
       
      Freilich, was unser heutiger Predigttext erzählt, ist ganz Gottes 
      Inszenierung. Nicht jeder, der einen Berg besteigt, wird von Mose und Elia 
      empfangen. Und so manche religiöse Inszenierung, wie sie ja immer modern 
      sind, hinterlässt den Teilnehmer ehr gottverlassen oder peinlich berührt. 
      Gottes Gegenwart lässt sich nicht spielen. Er erscheint wann er will. Dann 
      sollten wir uns aber auch von dem Christus mitnehmen lassen.  
       
      Wie Petrus, Jakobus und Johannes. Die werden später noch einmal 
      mitgenommen in den Garten Gethsemane; und erweisen sich dort als 
      notorische Schlafkappen, während Jesus mit Gott um sein Leben ringt. Jesus 
      mutet den Jüngern und uns den Berg der Verklärung und den Garten 
      Gethsemane zu. Vom Tabor geht Jesus den Weg in das Leiden und wir mit ihm 
      aus der Weihnachts- und Epiphaniaszeit in die Passionszeit.  
       
      Beides gehört zusammen. Der religiös Begeisterte wird vom Leiden nicht 
      verschont. Petrus möchte sich dort gleich häuslich einrichten. Von diesem 
      Berg muss er wieder herunter. Aber der, der seinen Weg im Finstern geht, 
      wird nicht ohne einen Lichtblick Gottes bleiben: Die reine Helle von Brot 
      und Wein, eine Musik, die unser Herz hochhebt, eine Idee, die uns 
      beflügelt, ein gutes Wort, das macht, was es sagt, das durch und durch 
      Gute in unserer durchwachsenen Welt. Genau das will Gott und sein Wort für 
      uns sein.  
       
      Wenn wir ihn lassen. Die Verklärungsgeschichte ist ja ein gefundenes 
      Fressen für die historische Bibelkritik. Dass sie nicht historisch ist, 
      sieht wohl ein Blinder; Z.B. am Hinweis, dass die Jünger das Ganze erst 
      nach Jesu Auferstehung erzählen sollten. Am Grab hätten sie es wohl auch 
      nicht mehr erzählt. Sie hätten selbst ihre Erlebnisse als Täuschung 
      abgetan. So wie wir die Lichtblicke unseres Lebens in schweren Zeiten 
      vergessen und nicht mehr erinnern und wenn, dann als etwas, was widerlegt 
      ist vom Unglück. Das Kreuz ist historisch. Der Krieg ist historisch. Der 
      Tod ist historisch. Aber die Lichtblicke Gottes, die reine Helle von Brot 
      und Wein, eine Musik, die unser Herz hochhebt, das Erlebnis auf dem Berg. 
      Wie kann das historisch sein? Es braucht nicht historisch sein, liebe 
      Gemeinde, wie das Glück und die Liebe.  
       
      Denn gerade so haben die Lichtblicke Gottes die Kraft es mit unserer 
      Wirklichkeit aufzunehmen. Sie lassen sich nicht verrechnen ins heillose 
      Räderwerk dieser Welt und in ihre oft grausame Logik. Sie bleiben den 
      Kameras und den Reportern verborgen. Es ist ein Irrtum der Aufklärung, sie 
      deshalb für nicht existent zu halten. Die Banalisierung und 
      Verwirtschaftlichung unseres Lebens, lässt uns die Wirklichkeit nur noch 
      als Produkt unseres eigenen Handelns erscheinen. Die Möbel der Metaphysik 
      sind aus den Zimmern geräumt und nun sitzen wir vor kahlen Wänden im immer 
      gleichen Einerlei von Arbeiten und Einkaufen und finden das schlau. Es ist 
      eine Welt ohne Glanz. Hier kann uns kein Lichtblick Gottes mehr treffen.
       
       
      Hierfür brauchen wir wieder Augen und Ohren für die Grundlagen unseres 
      Seins. Die sind uns entzogen und doch zugleich die Bedingung allen Lebens. 
      Wir sind nicht unser eigener Schöpfer, Richter und Henker. In diesen 
      Zeiten versuchen wir es und fallen doch nur immer wieder in unser eigenes 
      Bild im Spiegel und tun uns und anderen blutig weh mit seinen Scherben. 
      Und deshalb nimmt der Christus seine drei Jünger und uns beiseite und mit 
      auf den Berg zum Lichtblick Gottes. Hier wird nicht gearbeitet und 
      eingekauft. Hier werden auch keine Hütten gebaut. Hier wird das große Haus 
      Gottes geschaut. Hier lebt er mit allen seinen Kindern. Und wir gehören 
      dazu. Freut euch, dass euere Namen im Himmel geschrieben sind (Lukas 
      10/17).  
  
        
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©  
        
Christusbruderschaft
Selbitz   | 
          
          Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. 
          Auf dem Wandbehang in der Kapelle der Christusbruderschaft in Selbitz 
          ist das Abendmahl dargestellt. Die große helle Figur des Christus 
          steht im Mittelpunkt. In seinen Armen sitzen die Jünger um den 
          Abendmahlstisch und in ihren Gesichtern leuchtet das Licht wieder, das 
          vom Auferstanden ausgeht. Auch eine Form der Verklärung. Unserer 
          Verklärung. Wenn wir uns dem Christus zuwenden, leuchtet von ihm immer 
          etwas wieder zu unserer Freude und zur Freude anderer. Es erzählt von 
          der Rückkehr des Glanzes in die Welt.
       
          Macht die Augen auf!  | 
           
         
         
        
      
        Pfarrer Johannes Taig   
      (Hospitalkirche Hof) 
      (weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie
exklusiv unter www.kanzelgruss.de)
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      Text: 
      
       (1)Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich 
      Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf 
      einen hohen Berg. 
      (2)Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die 
      Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 
      (3)Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm. 
      (4)Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! 
      Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und 
      Elia eine. 
      (5)Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. 
      Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an 
      dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! 
      (6)Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken 
      sehr. 
      (7)Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und 
      fürchtet euch nicht! 
      (8)Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. 
      (9)Und als sie vom Berge hinab gingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr 
      sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den 
      Toten auferstanden ist.  |