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      Liebe Leser, 
		 
		wenn ein Hollywoodfilm besonders gut gelaufen ist, dann wird ein zweiter 
		Teil gedreht. Und wenn auch der ein Kassenschlager wird, dann muss es 
		noch einen Teil geben. Und der heißt dann meistens: Die Rückkehr. Der 
		Held kehrt noch einmal zum ultimativen Finale zurück und wenn er schon 
		gestorben war, dann wird er eben notfalls geklont. Und natürlich gilt 
		dann für den ultimativ letzten Teil, dass die Spezialeffekte den ersten 
		Teil bei Weitem in den Schatten stellen.  
		 
		Mit dem Jesusfilm scheint es sich ähnlich zu verhalten. Der erste Teil, 
		wie ihn die Evangelien abdrehen, war schon ein Hit. Die Himmelfahrt, die 
		sozusagen in der Fortsetzung der Evangelien, in der Apostelgeschichte, 
		erzählt wird, setzt noch eins drauf. Erleben sie diese Geschichte einmal 
		im Kindergottesdienst. Vom Heißluftballon über die Rakete, bis zu der 
		Einsicht: Das hat Jesus gar nicht nötig. Der kann’s auch ohne. Heute im 
		Angebot: Der ultimative dritte Teil, der – auch was die Spezialeffekte 
		angeht - nicht mehr zu überbieten ist. Die Offenbarung des Johannes. 
		Jesus – die Rückkehr.  
		 
		Nur die ganz normalen Christen haben wieder was zu mäkeln. Schon am 
		ersten Teil. Der Film muss einfach neu geschnitten werden, um heute 
		sozusagen schnittiger und für moderne Zeitgenossen annehmbarer zu 
		werden. Möchten Sie sich an ihrem Wellnesswochenende oder am 
		Sonntagnachmittag beim Kaffeetrinken anschauen, wie jemand gekreuzigt 
		wird? Prost Mahlzeit. Zu sperrig, völlig veraltet und auch nicht 
		jugendfrei. Weg damit.  
		 
		Der zweite Teil – na ja, halt was für den Kindergottesdienst, aber 
		wirklich zu mythologisch für „In-echt-passiert“. Man sollte Kinder 
		lieber frühzeitig in die Meditationsgruppe mitnehmen, wo man die mentale 
		Himmelfahrt erlernt. Ach, „Heaven“ ist ja auch für so manchen ganz 
		modernen Christenmenschen nichts mehr Jenseitiges, sondern der Ort 
		gesteigerter, esoterischer Bewusstseinszustände. Jedem seine 
		Himmelfahrt. Des Menschen Wille ist auch hier sein Himmelreich. Mit 
		Hölderlin geseufzt: „Zu lang ist alles Göttliche dienstbar schon / Und 
		alle Himmelskräfte verscherzt, verbraucht / ..., danklos ein / Schlaues 
		Geschlecht ...“ 
		 
		Den dritten Teil schauen sich ganz normale Christen gar nicht mehr an. 
		Den überlassen sie den Sekten und Fundamentalisten. Die Lehre vom 
		dritten Teil, von den letzten Dingen, die Eschatologie führt selbst an 
		den theologischen Fakultäten ein Schattendasein. Man kann halt mit 
		dieser Lehre so gar nichts anfangen. Im wahrsten Sinn des Wortes. Wer im 
		dritten Teil nach unserer Rolle fragt, wird schnell zu dem Schluss 
		kommen: Den dritten Teil können wir nur schauen und wie wir im 
		Predigttext hören, auch erleiden. Und doch werden wir am Ende sagen: 
		Gott sei Dank.  
		 
		Dass unser Handeln und Schaffen im Reich der Himmel, in das die 
		Offenbarung des Johannes uns blicken lässt, nicht gefragt ist, ist wohl 
		auch der Grund, warum die Lehre von den letzten Dingen unter uns so 
		wenig gefragt ist. Wir wollen tätig sein und planen und schaffen und 
		schauen auf den herab, der hofft, dass es irgendwie schon weiter geht. 
		Wir wollen tätig sein für die bessere Welt, für die bessere Kirche, für 
		die bessere Zukunft. Wir halten Jesu Wort von den Lilien auf dem Felde 
		und den Vögeln des Himmels bestenfalls geeignet fürs fromme Gemüt. Ist 
		der Eindruck wirklich falsch, dass überall da, wo für die Zukunft der 
		Kirche geplant wird und neue Strukturen und Perspektiven entworfen 
		werden, das geistliche Wort sich gerne an Jesu Zusage „Ich bin bei euch 
		alle Tage“ hält, aber „der Welt Ende“ allenfalls als Ausrufungszeichen 
		verstanden wissen will? Macht nur, ich bin unbedingt mit euch! Könnte es 
		sein, dass wir die Bibel, die Geschichte Gottes mit uns Menschen zum 
		Sammelsurium von Leitbildern degradieren, die vor allem dazu da sein 
		sollen, uns für unser Handeln die Richtung zu weisen?  
		 
		Liebe Gemeinde, eine Kirche und Gemeinde, die sich an eine bereinigte 
		und für ihre Zwecke geeignete Fassung des ersten Teils des Jesusfilms 
		hält, seine Himmelfahrt schon ins Reich zweifelhafter Mythologie 
		verbannt und vom Weltenherrscher Christus nichts mehr hören möchte, 
		macht aus Jesus den „kleinen Prinz“ für Christen. Und entsprechend 
		herzig, gefühlig, gut gemeint und harmlos ist dann auch Vieles, was 
		dabei herauskommt. Für den Rest haben die Planer und Macher nicht nur in 
		der Kirche scheinbar freie Bahn.  
		 
		Aber leider, oder sagen wir besser, Gott sei Dank, sitzt auf dem Thron 
		der Welten, als Anfang und Ende von allem, alle Macht und Ehre 
		besitzend, nicht der kleine Prinz, sondern der Christus. Er hat das 
		erste und das letzte Wort. Sein Himmel und seine Macht begrenzen die 
		Welt und wir fügen hinzu: heilsam. Denn er ist der treue Zeuge, der 
		Erstgeborene von den Toten und Herr über die Könige auf Erden! Er ist 
		der, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut. 
		 
		Was der Seher Johannes uns zeigt, ist „die universelle und unmittelbare 
		Offenbarung und Aufklärung dessen, was Gott in Jesus Christus für uns 
		getan hat.“ (Eberhard Jüngel, Ganz werden, Mohr Siebeck, 2003, S. 319) 
		Der dritte Teil von den letzten Dingen zeigt uns die Geschichte Jesu 
		Christi als die Geschichte, der die Zukunft, ja die Ewigkeit gehört. Und 
		sie zeigt uns diese Geschichte als die einzige Geschichte, in der auch 
		wir Zukunft haben. Der Theologe Eberhard Jüngel schreibt: „Das Jüngste 
		Gericht geschieht im Lichte des Seins Jesu Christi und rückt alles in 
		dieses Licht. Als Gericht des im Lichte seines eigenen Seins 
		erscheinenden Richters Jesus Christus ist das Jüngste Gericht das Ziel 
		der Auferstehung von den Toten …. Der Mensch wird des Gerichts 
		gewürdigt: er wird zum Gericht erhöht.“ (Jüngel, a.a.O.) Das ist Gottes 
		Art jeden von uns mit allem Drum und Dran ganz ernst zu nehmen.  
		 
		Im Licht des Christus wird also nicht nur offenbar, wer er ist und was 
		er für uns getan hat, sondern es muss auch offenbar werden, was wir 
		getan und unterlassen haben und was unsere Taten und Unterlassungen wert 
		sind. Und da wird keiner sein, der nicht Grund haben wird, wehzuklagen 
		und sich der Gnade Jesu Christi anzuvertrauen, um mit seiner, mit Gottes 
		Gerechtigkeit bekleidet zu werden. Das Jüngste Gericht ist deshalb „die 
		Vollendung der Gerechtmachung des Sünders.“ 
		(Jüngel, a.a.O) Das Jüngste Gericht wird offenbar machen, dass das, was 
		wir Gott, einander und der Schöpfung angetan haben, nicht ankommen wird 
		gegen das, was Gott für uns getan hat. Und da werden wir sagen, Gott sei 
		Dank.  
		 
		Gerade eine Kirche, die vom zum Himmel als Herrn der Welt erhöhten und 
		vom als Herr der Welt wiederkommenden Christus nicht mehr viel hören 
		möchte, ist in der Gefahr ihrerseits in den Himmel wachsen zu wollen und 
		sich auf Stühle der Macht zu setzen, auf denen sie nichts verloren hat. 
		Der Richterstuhl Christi gehört dazu. Jesus Christus herrscht als König 
		auch über die Könige dieser Welt. Seine Macht begrenzt deshalb alle 
		weltliche aber auch alle kirchliche Macht auf heilsame Weise. Sie ist 
		nicht übertragbar und ausleihbar.  
		 
		Ja, schon wahr: Wir sind Könige und Priester vor Gott. So sieht es der 
		Seher Johannes. Luther hat vom Priestertum aller Gläubigen gesprochen. 
		Als Könige und Priester vor Gott haben wir aber keine eigene Autorität. 
		Autorität hat das Wort, das Evangelium, das wir von den Kanzeln und 
		hoffentlich auch einander ausrichten auf vielfältige Weise. Die 
		Autorität der Könige und Priester Gottes ist und bleibt die Autorität 
		des bittenden Christus: Lasst Euch versöhnen mit Gott. (2.Kor. 5/20) 
		 
		Der Theologe Rudolf Bohren schrieb an einen Kollegen: „Da sind wir als 
		Pfarrer wohl alle erblich belastet und werden vielleicht versucht, 
		reformierte Theologie als Ideologie zur Tarnung unserer Machtausübung zu 
		missbrauchen. Wer die Kanzeltreppe emporsteigt, betritt sozusagen den 
		Thron des Monarchen. Er hat das Wort, dem Macht verheißen ist. 
		Verleugnet man die Macht, die man hat, kann es nach der Predigt nicht 
		zum Machtverzicht kommen; der Prediger wird nolens volens zum kleinen 
		Großinquisitor. Als unbegabtem Bergsteiger machte mir der Abstieg mehr 
		Kummer als der noch so mühsame Aufstieg. Tatsächlich ist eine 
		Kanzelbesteigung kaum gefährlicher als ein Abstieg von der Kanzel, und 
		die Versuchung ist groß, seinen Madensack herunter zu tragen und im 
		Geist oben zu bleiben.“ (Rudolf Bohren, Über die Vertreibung von 
		Trägheit und Dummheit aus der Gemeinde, GPM, Heft 2, 2000, S.155) Nicht 
		nur eine Gefahr für Talarträger, fügen wir hinzu.  
		 
		Darum lasst uns heute am Himmelfahrtstag dem Herrn der Welt nachschauen 
		und davon hören, dass er als Herr der Welt wiederkommt. Ein Herr, der an 
		Händen und Füßen gezeichnet ist von unserer menschlichen Geschichte. Was 
		wir von ihm wissen können, finden wir im Evangelium. Ja, auch das ist 
		wahr: Christen hoffen nicht, dass es irgendwie weitergeht. Denn sie 
		wissen, dass der frohen Botschaft von Jesus Christus alle Zukunft 
		gehört.  
		 
		Das gibt dem, was wir auf dieser Welt tun, den nötigen Ernst und die 
		nötige Leichtigkeit. Das gibt uns keine göttliche, sondern die rechte 
		menschliche Größe und die nötige Achtsamkeit beim Umgang mit unseren 
		Plänen und unserer Macht. Wir sind nicht zum Erfolg verdammt. Wir haben 
		hier keine bleibende Stadt (Heb 13/14). Wir sind 
		auf dem Heimweg ins ewige Vaterland. Und gerade das macht die Augen 
		scharf und die Ohren hellhörig und die Herzen weit für unsere Welt und 
		alle ihre Geschöpfe.  
			
      
      Pfarrer Johannes Taig    (Hospitalkirche 
      Hof) 
      (weitere Predigten von Pfarrer Taig finden Sie exklusiv unter
      
      www.kanzelgruss.de)  
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			Text: 
			
			 4 Johannes an die sieben Gemeinden in der 
			Provinz Asien: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und 
			der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor 
			seinem Thron sind, 
			5 und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der 
			Erstgeborene von den Toten und Herr über die Könige auf Erden! Ihm, 
			der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut 
			6 und uns zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem 
			Vater, ihm sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. 
			7 Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen 
			und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um 
			seinetwillen alle Geschlechter der Erde. Ja, Amen. 
			8 Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der 
			da war und der da kommt, der Allmächtige.  |