Predigt     Sprüche 3/1-6     Konfirmation     16.03.08

"Mensch-ärgere-dich-nicht oder: Gott durchbricht die Regeln"
(von Vikar Jörg Mahler, Hospitalkirche Hof)

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Leser,

ich habe in diesen Worten des Weisen die Sehnsucht nach einem langem Leben und guten Jahren gespürt. Ihr habt eine Zukunft vor euch, für die ihr bestimmt auch Träume und Vorstellungen habt. So wie jener Konfirmand, der schreibt: „Ich möchte nicht abhängig sein, einen guten Beruf haben, viel von der Welt sehen, was erleben und überall mitreden können. Ich wünsche mir gute, ehrliche Freunde und genügend Freizeit und Freiheit. Vielleicht werde ich später einmal, so mit 30, heiraten und eine glückliche Ehe führen und auch Kinder bekommen, aber nicht mehr als zwei. Auf alle Fälle möchte ich mein Leben lang gesund bleiben.“

Als junger Mensch braucht man solche Visionen und Träume. Mir ist die Idee gekommen, euer Leben mit dem Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel zu vergleichen. Ich habe hier eines mitgebracht. Ihr steht gerade mit euren vier Figuren in den Startlöchern auf dem Weg in eure Zukunft. Eine Figur, diese hier z.B., das ist eure Ausbildung und der Beruf. Die nächste ist eure Familie, auch die, die ihr vielleicht einmal selbst gründet, die dritte Figur der Freundes- und Bekanntenkreis, und die vierte, die kann für das stehen, was euch sonst noch im Leben sehr wichtig ist.
Die Figuren wagen sich auf die Bahn, die das Spielfeld umrundet. Sie starten nicht gleichzeitig, und kommen auch nicht gleichschnell voran: Mal läufts mit der Karriere gut, während die Familie zurückbleibt. Ein andermal ist bei den Freundschaften alles super, dafür kommen wir anderswo nur schleppend vorwärts. Die Figuren unserer Lebensmannschaft umrunden jedenfalls das Spielfeld und wollen ins Ziel einlaufen, sie wollen zu den Zielen kommen, die ihr euch erträumt und ausgespäht habt.

Um voranzukommen, da zählt das Würfelglück. Und es zählt ein starker Verstand, der kombiniert, mit welcher Figur es am Geschicktesten ist, voranzugehen, um nicht geschmissen zu werden. Wer im Beruf vorankommen will, der muss einen guten Abschluss haben und auch später Leistung bringen. Dazu braucht man den Verstand. Und auch in Beziehungen muss man neben allen Gefühlen immer einmal den Verstand einschalten, um zu vermeiden, dass der Partner einmal den Kopf schüttelt und sagt: Du bist nicht mehr bei Verstand!, und sich abwendet.

Nun aber hören wir heute die Stimme des weisen Mannes, der den jungen Menschen einen Rat für die Zukunft mitgeben will: Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.

Was hat Gott in diesem Spiel verloren? Da ist doch gar kein Platz neben dem nach stochastischer Genauigkeit fallenden Würfel und dem Verstand. Ja nicht nur, dass Gott neben den Verstand einen Platz einnehmen könnte, der weise Mann sagt: Verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern auf den Herrn! Ist das eine Weisheit eines alten Mannes, über der wir den Kopf schütteln müssen, so wie auch kaum einer von euch Jungen die Ratschläge der Eltern oder Großeltern ganz ernst nimmt?

Ich denke, der Weise kennt das Leben sehr genau. Er kennt das Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel besser, als wir denken. Er weiß nämlich, dass z.B. die Figur der Freundschaft, die gerade noch fröhlich ums Rund spaziert, urplötzlich vom Platz gefegt werden kann und wieder im Ausgangsloch steht. Es kann in einer Freundschaft nämlich zum Streit kommen oder ein unachtsames Wort fallen, und plötzlich bricht sie weg, und du stehst alleine da. Und du leidest: Denn alle anderen ziehen weiter fröhlich ihre Runden, und du selbst stehst im Loch, und kommst nicht zurück auf den Spielplan. Ich erinnere euch an unseren Besuch im Lernhof und im TPZ, wo Menschen sind, deren Lebensentwurf von einem Moment auf den anderen durch einen Unfall oder eine Krankheit zusammengebrochen ist. Oder als wir das Thema Sterben und Tod im Konfirmandenunterricht besprochen haben, da ging es einigen doch sehr nahe. Der Tod wird früher oder später immer wieder unseren Weg kreuzen, wenn liebe Menschen gehen müssen. Oder bei den wenigen Lehrstellen und vielen Entlassungen kann es sein, dass einmal die Berufsfigur ins Aus kommt, oder auch jede andere Figur unserer persönlichen Lebensmannschaft. Langes Leben und gute Jahre, wir haben es leider nicht in der Hand. Es kann soviel passieren, das uns aus der Bahn wirft.

Und dann, wenn wir im Loch stehen, dann hilft uns da kein Verstand wieder raus. Im Spiel kommt doch meist ziemlich bald die erlösende „6“, so dass es für diese Figur weitergeht. Doch so ist es im Leben meist nicht. Die leidende Seele ist nicht so leicht wieder aus ihrem Loch herauszuholen und ins Spiel zurückzubringen - das wisst ihr alle, denn jeder hatte schon solche Momente, in denen er ganz down war oder in der Sprache des Spiels gesprochen, wieder im Loch festsaß.

Doch Gott sei Dank, so weiß es der Weise, gibt es da mehr als den Würfel des Zufalls und den eigenen Verstand: Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, so wird er dich recht führen.

Da gibt es einen, der die Spielregeln des Mensch-ärgere-dich-nicht durchkreuzt. Da gibt es Gott, der sich zu dem gesellt, der verloren im Eck sitzt. Da ist Gott, der überall zur Seite stehen will, und der sich natürlich auch mit freut, wenn wir voller Elan und Freude unsere Runde auf dem Spielfeld des Lebens drehen wie am heutigen Tag. Ich habe mich gefragt, ob ich Gott auch irgendwie mit dem Spielfeld in Verbindung bringen kann. Und mir ist eingefallen: Gott ist wie die Untergrundfarbe. Er ist immer da, bei jedem und in jedem Moment, ob im Loch, in der Runde oder im Ziel.

Eine Konfirmandin hat Folgendes über ihre Zukunftswünsche geschrieben: „Ich möchte das Gefühl haben, dass ich meine Sorgen auf irgendeine Person werfen kann; damit meine ich, dass ich zu Gott beten kann.“. Und das könnt ihr. Seid eurer Taufe gilt euch die Zuwendung und der Beistand Gottes. Deshalb haben euch eure Eltern taufen lassen, weil sie euch Gott anbefehlen wollten, dem Gott, der bei euch ist, egal wo ihr euch auf dem Spielfeld befindet.

Und heute ist Konfirmation. Was ändert sich da für euch? Früher sagte man: Dann ist man erwachsen. Doch seid ihr heute erwachsener als gestern? Wir alle wissen, dass das Erwachsenwerden ein Prozess ist, und dass es manche gibt, von denen man sagt, die werden nie erwachsen. (Ein bisschen Kindheit muss man sich ja auch bewahren). Es ändert sich eigentlich nichts an diesem Tag, und doch ist vielleicht bei dem einen oder der anderen danach etwas anders.

Jeder von euch sagt gleich ja zu dem Gott, zu dem eure Eltern und Paten stellvertretend für euch einmal ja gesagt haben. Und damit kann heute für euch etwas anders werden: Euer Ja kann zu einer tiefen inneren Überzeugung werden, die sich in euer Herz einpflanzt: Ja, Herr, dir gehört mein Herz, dir kann ich vertrauen, was auch kommen mag.

Nach eurem Versprechen werdet ihr eingesegnet. Euch wird der Segen Gottes neu zugesprochen, der euch seid eurer Taufe gilt. Ihr steht zwar schon längst unter dem Segen Gottes. Und doch kann für den einen oder die andere etwas anders werden: Denn vielleicht geht ihr mit dem Gefühl in die Zukunft: Ich bin eine Gesegnete, ein Gesegneter. So wie ich die segnende Hand dann auf meinem Kopf spüre, so gewiss ist mir die Begleitung und der Segen Gottes.

Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen. Dieses Auf-Gott-Verlassen ist eine Haltung, eine Haltung, die eingeübt werden kann. Denn mit der Konfirmation ist man im Glauben nicht fertig. Der Glaube wächst im Laufe der Jahre, und er verändert sich. Er wächst und verändert sich, weil er aus der Beziehung zu Gott lebt. Und deshalb kann man dieses Vertrauen nur so Einüben, indem man immer wieder an Gott dran bleibt, die Verbindung zu ihm hält.

Und ihr wisst natürlich, dass das durchs Beten geschieht, und dass der Glaube in Gottesdiensten und im Austausch mit anderen Christen gestärkt wird. Vielleicht gefallen euch ja auch die modernen Gottesdienste, die wir hier in Hof haben, wie den Delfi- oder den HDGDL-Gottesdienst. Feiert doch einfach einmal diese Gottesdienste mit, vielleicht gehört ihr dann auch ganz schnell zum großen Fankreis. Die Termine findet ihr im Internet.

Ich komme zurück zum Mensch-ärgere-dich-nicht, und will noch die Unterschiede benennen zwischen diesem Spiel und dem Leben: Vieles im Leben trifft uns einfach so wie der Würfel fällt, Gutes und Schweres.

Doch im Gegensatz zum Spiel ist im Leben Gott mit im Spiel. Das Leben ist kein vernünftiger Automatismus. Gott ist der farbige Untergrund, der immer bei jedem und für jeden da ist. Und Gott kann auch einmal Wege auftun, die gar nicht im Spielfeld eingemalt sind, es geht nicht immer nur rundherum. Er kennt viele Abzweige und Seitenstraßen. Und diese Wege sind oft viel spannender. Und gerade auf unbequemen Wegen steht er uns zur Seite – er ist wie die Untergrundfarbe.

Ein zweiter Unterschied zum Spiel: Vielleicht landet ihr mit eurem Leben nicht bei dem Ziel, das ihr euch mit 14 Jahren erträumt. Träume ändern sich, und kommen kann es auch ganz anders. Vielleicht landet ihr nicht im blauen Zielfeld, sondern biegt bei der roten oder grünen Zieleinfahrt ab. Es wird spannend bleiben, wohin ihr mit Gott unterwegs seid.

Und noch ein dritter Unterschied, ich hoffe zumindest, dass das ein Unterschied zum Spiel wird. Es geht nämlich im Leben nicht darum, andere auszustechen und zu schmeißen, wie es leider allzuoft der Fall ist. Aber davon haben wir gestern in der Predigt gehört, von der Demut und Sanftmut. Leben wir so, so werden wir mit dem Weisen gesprochen eine Freundlichkeit erlangen, die Gott und den Menschen gefällt, und die andere ansteckt und weiterwirkt.

Ich wünsche euch, dass euch meine Gedanken in Erinnerung kommen, wenn ihr wieder einmal Mensch-ärgere-dich-nicht spielt, und dass ihr euch auf allen Wegen eurer Zukunft als Gesegnete fühlt. Ich schließe mit dem Rat des Weisen: Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.
Amen.

Vikar Jörg Mahler  (Hospitalkirche Hof)

Text:

1 Mein Sohn, vergiss meine Weisung nicht, und dein Herz behalte meine Gebote,
2 denn sie werden dir langes Leben bringen und gute Jahre und Frieden;
3 Gnade und Treue sollen dich nicht verlassen. Hänge meine Gebote an deinen Hals und schreibe sie auf die Tafel deines Herzens,
4 so wirst du Freundlichkeit und Klugheit erlangen, die Gott und den Menschen gefallen.
5 Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand,
6 sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.
 


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