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Die (Nicht-) Umbenennung der Dr. Dietlein-Straße
- zur Aufarbeitung der NS-Zeit in Hof

 

Stand: 22.02.2019

"Mit 36 zu 8 Stimmen hat der Hofer Stadtrat am 28. Juni 2013 für den Vorschlag der Stadtverwaltung gestimmt, den Namen der Dr.-Dietlein-Straße beizubehalten. Die monatelange Diskussion hat somit endgültig ein Ende und die Anwohner können ihren Straßennamen behalten. Gleichzeitig wurde beschlossen, eine Informationstafel anzubringen, auf der die beiden Seiten des Dr. Dietlein - einerseits seine Verdienste um die Stadtgeschichte und andererseits seine Verstrickungen in den Nationalsozialismus - dargestellt werden." (Stadt Hof am 28. Juni 2013) Die Diskussion über diese Entscheidung, mit der sich die Stadt Hof nach Meinung eines Kommentators "restlos blamiert" hat (Lorenz Storch), ging weiter. Am 29. November 2013 beschloss der Stadtrat einstimmig, die Straße in Dr.-Bonhoeffer-Str. umzubenennen. Wir bieten Ihnen historische Informationen und Stellungnahmen und dokumentieren die Diskussion.

 


Anwohner feiern den Beschluss des Stadtrates vom 28. Juni 2013, die Dr.-Dietlein-Straße nicht umzubenennen.
(Bildquelle: Frankenpost vom 03.07.2013)

Standpunkte  

Infos, Presse und Links

Zur Entscheidung des Hofer Stadtrates, die Dr.-Dietlein-Straße in Dr.-Bonhoeffer-Straße umzubenennen

Von Dekan Günter Saalfrank (Hof), 29. November 2013

Mit Dr. Dietrich Bonhoeffer wird ein weltweit geschätzter Theologe, der dem NS-Regime die Stirn geboten hat und dies mit dem Leben bezahlen musste, Namensgeber einer Straße in Hof. Damit sind nun kurz hintereinander ein Platz bzw. eine Straße nach einem Märtyrer benannt: Anfang November ein Platz nach dem katholischen Theologen Bernhard Lichtenberg und nun eine Straße nach dem evangelischen Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der wenige Tage vor Kriegsende im KZ Flossenbürg umgebracht wurde.

Die vom Stadtrat einstimmig beschlossene Umbenennung stellt hoffentlich einen Schlussstrich unter eine Monate lange Diskussion dar. Ein Ende der Aufarbeitung der NS-Zeit in Hof darf sie indes nicht bedeuten. Es ist wichtig, weiter diese Zeit und die in ihr handelnden Personen differenziert anzuschauen und Licht ins Dunkel der Stadt- und Kirchengeschichte Hofs zu bringen.

Wie viele Stadträte hatte ich es zunächst für eine gute Idee gehalten, die Person des Hofer Stadtarchivars, Pfarrers und Lehrers auf einer Tafel kritisch zu würdigen. Dieser Weg erwies sich allerdings in Hof als nicht tragfähig. Zudem entstand durch das deutliche Votum des Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde Hof, Dr. Leon Gonczarowski, die Dr.-Dietlein-Straße umzubenennen, eine neue Lage.

Deshalb stehe ich hinter der klaren Entscheidung des Stadtrates, dass die Dr. Dietlein-Straße zukünftig Dr.-Bonhoeffer-Straße heißt. Auch, weil damit ein wichtiges Zeichen gegen nationalsozialistisches Gedankengut gesetzt wird und - wie die Vorsitzenden der drei im Hofer Stadtrat vertretenen Fraktionen in einer gemeinsamen Positionserklärung betonten - „die Umbenennung nicht generell als historisches Unwerturteil gegenüber Dr. Ernst Dietlein zu verstehen ist.“

 

Die Informationtafel
- die es nie gab.


(Bildquelle: Frankenpost vom 02.08.2013)

"Der erste Teil des Textentwurfs der Stadtverwaltung zur Dr. Dietlein-Straße eignet sich hervorragend für eine Tafel, die begründet, warum man die Straße umbenennen musste. (...) Schlimm ist, dass im weiteren Text Dietlein vom Naziaktivisten zum armen verführbaren Opfer dieser Ideologie stilisiert wird. Straßennamen sind auch kein „Mahnmal“, sondern ehren Menschen, die Vorbildliches geleistet haben. Wie man es dreht und wendet: Die Dr. Dietlein-Str. ist für den Hofer Stadtrat zur Sackgasse geworden." Pfr. Johannes Taig, (Leserbrief vom 14.10.2013)

Offener Brief der Israelitischen Kultusgemeinde Hof (Oktober 2013)

"(...) All dies belegt, dass Dietlein nicht nur ein aktiver Nationalsozialist, der seine Meinung nie änderte, sondern auch vorsätzlich ein schlechter Archivar war. Deswegen ist seine Persönlichkeit nach heutigem Wissensstand nicht mehr „umstritten". Vielmehr ist Dietlein nicht würdig, mit einem Straßennamen oder einer Gedenktafel geehrt zu werden.

Die Israelitische Kultusgemeinde Hof fordert Herrn Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner sowie alle Stadträtinnen und Stadträte dazu auf, den Namen der besagten Straße zu ändern, sowie von einer Gedenktafel für Dr. Dietlein gleich welcher Art abzusehen. Bitte sorgen Sie dafür, dass Hof auch weiterhin bunt bleibt und Alt- und Neonazis keinen Rückenwind bekommen." Lesen Sie den ganzen Brief. pdf-Datei, Acrobat-Reader erforderlich

Israelitische Kultusgemeinde Hof
Dr. Jakob Gonczarowski sowie der gesamte Vorstand

  "Von einer Geschichtstafel geht ein widersprüchliches Signal aus. Der Straßenname sagt: „Wir ehren weiterhin diesen Mann“, und die Erläuterungstafel sagt: „Aber wir haben keinen Grund dafür.“ Das wäre eine etwas peinliche Geste der Inkonsistenz. Was immerhin denkbar wäre: Alle verfügbaren Informationen pro und contra Dr. Dietlein auf die Tafel zu nehmen, um auf diese Weise einen vielleicht schwierigen Abwägungsprozess darzustellen. Aber damit würde man immer noch riskieren, dass der unbefangene Betrachter, also ich etwa, sich sagt: Die Abwägung ist eindeutig falsch entschieden worden; dieser Mann sollte nicht auf eine so heraushebende Weise geehrt werden." (Prof. Reinhard Merkel am 02.10.2013 im Hofer Anzeiger)

Zur Entscheidung des Hofer Stadtrates zur Dr.-Dietlein-Straße

Von Dekan Günter Saalfrank (Hof), 28. Juni 2013

Ich halte es für eine weise Entscheidung des Hofer Stadtrates, die Dr. Dietlein-Straße nicht umzubenennen und stattdessen als Ergänzung des Straßenschildes eine Tafel mit einer kritischen Kurzbiografie aufzustellen. Die jüngste Ausarbeitung von Professor Alf Mintzel zeigte die zwei Gesichter des ehemaligen Hofer Stadtarchivar, Lehrer und Pfarrers. Auf der einen Seite den überzeugten und enthusiastischen Nationalsozialisten. Auf der anderen Seite den Pfarrer, der sich im Laufe der Zeit wegen der Kirchenpolitik der NSDAP der oppositionellen Bekennenden Kirche angeschlossen hat. Trotz dieser Distanzierung hat sich Dietleins deutlicher Antisemitismus durchgehalten.

Eine Umbenennung hätte nur die eine Seite - die nationalsozialistische Grundhaltung - des Lokalhistorikers und Pfarrers im Blick gehabt. Die andere wäre unberücksichtigt geblieben. Die Arbeit des Soziologen und Parteienforschers Mintzel zeichnete ein differenziertes Bild Dietleins. Dazu passt es, dass nun auf einer Tafel seine Person kritisch gewürdigt wird.

Diesen Weg sehe ich als verantwortungsvollen Umgang mit der Vergangenheit, weil hier ein Mensch nicht auf einige wenige Äußerungen reduziert und pauschal charakterisiert wird. Sondern seine unterschiedlichen Seiten, die miteinander in Spannung stehen, klar benannt werden. So mit einer Person umzugehen, berücksichtigt auch die Entwicklung - die wachsende Distanzierung zum NS-Staat -, die sich bei Dr. Dietlein feststellen lässt.

Eine Umbenennung wäre leicht einem Unwerturteil gleich gekommen. So problematisch bestimmte Äußerungen und Handlungen des Lokalhistorikers und Pfarrers sind, so hat er sich - wie Zeitzeugen bestätigen - zunehmend kritisch mit dem NS-Regime auseinander gesetzt.

Mit dem Beschluss des Hofer Stadtrates, die Person Dr. Dietlein mit einer Tafel kritisch zu würdigen, ist es freilich im Blick auf die NS-Vergangenheit der Stadt nicht getan. Weil Hof eine braune Hochburg in Oberfranken bildete, muss die Stadtgeschichte vorbehaltlos aufgearbeitet werden - zum Beispiel in Arbeitskreisen, mit öffentlichen Diskursen oder durch thematische Einheiten in Schulen. Dass Licht in das Dunkel der NS-Zeit kommt, daran liegt uns als evangelische Kirche insgesamt wie auch mir als Dekan persönlich.

 

 

 

„Gibt es denn unter den zirka 150 Anwohnern keinen, dem es peinlich ist, dass seine Straße nach einem ehemaligen überzeugten Nationalsozialisten und Hitler-Anhänger benannt ist? Es gibt doch zwischenzeitlich eine Reihe von seriösen Mitbürgern, die sich mit der Vergangenheit von Dr. Dietlein beschäftigt haben. So zum Beispiel Dr. Jakob Gonczarowski, Professor Merkel, Dr. Herrmann, jetzt auch Dekan Saalfrank, Pfarrer Taig mit dem gesamten Kirchenvorstand, Professor Mintzel, Alt-OB Döhla und andere. Da sich die vorgeschobene finanzielle Belastung für die Anlieger zwischenzeitlich vollständig in Luft aufgelöst hat, wollen sie nun das Geld der Stadt für das geplante Schild spenden. Die Spender könnten sich ja dann auf dem Schild mit der Bezeichnung ‚Schildbürger‘ verewigen. Kein Schild, kein Ratsbegehren (Kosten in Höhe von 17.000 Euro), Ende weiterer negativer Reklame von Hof im Bayerischen Rundfunk und Landtag und eine schnelle, klare und einstimmige Entscheidung für eine Umbenennung in „Bonhoeffer-Straße“ zum Beispiel ist nun angesagt, damit das leidige Thema endgültig vom Tisch ist.“
Rudolf Dülp, Hof (Leserbrief vom 25.11.2013)

"Der Beschluss im Juni war rückblickend ein Fehler - dies muss man heute zweifellos erkennen und zugestehen." Oberbürgermeister Harald Fichtner vor dem Stadtrat am 29.11.2013.

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Die Nicht-Umbenennung der Dr. Dietlein-Straße in Hof

Von
Pfr. Johannes Taig (Hospitalkirche Hof), 28. Juni 2013


"Mit 36 zu 8 Stimmen hat der Hofer Stadtrat am 28. Juni 2013 für den Vorschlag der Stadtverwaltung gestimmt, den Namen der Dr.-Dietlein-Straße beizubehalten. Die monatelange Diskussion hat somit endgültig ein Ende und die Anwohner können ihren Straßennamen behalten. Gleichzeitig wurde beschlossen, eine Informationstafel anzubringen, auf der die beiden Seiten des Dr. Dietlein - einerseits seine Verdienste um die Stadtgeschichte und andererseits seine Verstrickungen in den Nationalsozialismus - dargestellt werden." (Stadt Hof am 28. Juni 2013)

Spätestens seit dem Beitrag von Prof. Dr. Alf Mintzel in den „Miscellanea curiensia“, Band X, „Prominente Hofer im Schatten des Hackenkreuzes. Beispiele individueller Verstrickungen“ (Hof 2013, S. 171-214), liegen die Fakten auf dem Tisch: Der Pfarrer, Religionslehrer, Stadtarchivar und Archivar des Dekanats Hof, Dr. Dietlein war erwiesenermaßen „ein überzeugter und enthusiastischer Nationalsozialist“ und ein „Antisemit“. „In der von ihm in der NS-Zeit verfassten ‚Chronik der Stadt Hof‘ finden wir Ausfälle gegen das Judentum allgemein und gegen Juden in Hof. Der braune Geist geht besonders penetrant aus den Bänden III (1942) und VIII (1936) der Stadtchronik hervor. Im Band VIII wurde Hof als ‚Geburtsstadt großer Männer‘ gefeiert. Den größten Raum und höchsten Platz teilte Dietlein dem früheren Polizeipräsidenten von München, dem rechtsradikalen Putschisten Ernst Pöhner (1870–1925) zu, einem völkisch-nationalen Mitkämpfer Adolf Hitlers.“ In seinem Vorwort zum Band III der Hofer Chronik schrieb Dietlein Weihnachten 1941: „Wenn die Freunde der Heimatgeschichte mit der gleichen Freudigkeit und Liebe in diesen Band sich vertiefen, mit welcher ihn der Verfasser zusammenstellte, so wird er an seinem Teil dem letzten Hochziel der Chronik entgegenführen: der Stärkung der Liebe zur engeren Heimat und damit zu unserem großen, heißumkämpften und, so Gott will, bald siegreichen deutschen Vaterland und seinem großen Führer.“

Zwar war Dr. Dietlein wie viele andere Pfarrer ab 1935/36 der „Bekennenden Kirche“* beigetreten. Dies geschah aber vor allem aus Protest gegen die Kirchenpolitik der NSDAP, als deutlich wurde, dass diese auf eine Zerschlagung der Kirchen hinauslief. An den nationalsozialistischen und antisemitischen Grundüberzeugungen änderte das nichts. „Im Entnazifizierungsverfahren gegen Dietlein war der Stadtarchivar 1946 vom Öffentlichen Ankläger zu Beginn der Verhandlungen als „Aktivist“ (Gruppe 2) eingestuft worden. Als „Mitläufer“ (Gruppe 4) ging er am Ende aus dem Verfahren hervor.“ Dies konnte geschehen, weil sich neben anderen auch das Evangelische Dekanat Hof, ohne Not und wider besseres Wissen, an der Reinwaschung Dietleins beteiligte und ihm einen Persilschein ausstellte.

Der Vorstand des evangelisch-lutherischen Dekanats Hof bestätigte unter dem Datum des 01.06.1946 zur Entlastung von Dr. Ernst Dietlein: „Im Gegenteil ist Dr. Dietlein in seiner Tätigkeit als Religionslehrer und als Predigtaushilfe stets unerschrocken gegen die antichristliche NS-Weltanschauung aufgetreten. … Dr. Dietlein kann als Aktivist im Kampf gegen die NS-Weltanschauung angesehen werden. Seine Einreihung in die Klasse der Entlasteten und seine Wiedereinsetzung in seinen Beruf als Religionslehrer an der Oberschule für Jungen in Hof kann deshalb aufs Wärmste befürwortet werden. Evang.-Luth. Dekanat Hof, Unterschriften: Dekan Wilhelm Wiegel, Pfr. Johann Richter, Pfr. Wilhelm Heerdegen, Pfr. Wilhelm Nicol, Pfr. Max Heun, Pfr. Ernst Hüner.“

Zu Pfingsten 1951 überließ das Evangelische Dekanat Hof Dr. Dietlein, der seit 1948 als Stadtarchivar wieder in Amt und Würden war, den Beitrag über „Hofer Kirchen und kirchliches Leben 1801-1951“ in der Ausgabe zum 150. Jubiläum des Hofer Anzeigers. „Der Kirchenmann schildert lang und breit die Geschichte der evangelischen und katholischen Kirche in Hof. Er nennt Dutzende Pastoren und Geistliche beim Namen, er würdigt deren Wirken und lobt die geschlossene Haltung der Amtsträger der evangelischen Kirche im „Kirchenkampf“ der nationalsozialistischen Zeit, er preist die Abwehr des Vordringens der ‚Deutschen Christen‘. Er verliert jedoch kein einziges Wort über die ehemalige jüdische Gemeinde zu Hof und über das schreckliche Schicksal ihrer Mitglieder. Mit keinem Satz erwähnt Dietlein die NS-Pogromaktion vom 9. November 1938; die Verwüstung der Synagoge und die „Arisierung“ jüdischer Geschäfte. Als hätte es niemals eine jüdische Gemeinde gegeben, als hätten die Ausschreitungen nicht stattgefunden, als hätte es in Hof keine organisierte und zumindest passiv unterstützte Vernichtung jüdischen Lebens und Eigentums gegeben. Dieses für den Antisemiten charakteristische Schweigen und Verschweigen war im Grunde eine weitere, nun pressemediale „Auslöschung“ jüdischen Lebens in Hof. Die ehemaligen jüdischen Mitbürger wurden dem Vergessen preisgegeben.“

Seit 2012 wurde in Hof die Diskussion über die Umbenennung der Dr. Dietlein-Straße kontrovers geführt. Dabei nahmen im „Hofer Anzeiger“ zuletzt praktische Erwägungen immer breiteren Raum ein. Es verschafften sich diejenigen Gehör, die auf die Unannehmlichkeiten und Kosten verwiesen, die eine Umbenennung mit sich bringen würde. Aber was ist all das gegen das unsägliche Leiden und Sterben auch der Hofer Opfer der nationalsozialistischen Verbrechensherrschaft! Im Pfarrkapitel oder im Dekanatsausschuss des Evangelischen Dekanats Hof wurde die Frage der Umbenennung nicht diskutiert. Eine eindeutige Empfehlung in der Sache wurde nicht gegeben. Nachdem der Stadtrat mit großer Mehrheit eine Umbenennung der Dr. Dietlein-Straße abgelehnt hat, muss man leider feststellen: Eine „Aufarbeitung" der NS-Zeit in Hof, die ohne Folgen bleibt und mit dem Aufstellen von Schautafeln, die keiner liest, endet, ist keine. Das Schweigen über diese Zeit und das Vergessen der Opfer und der Schuld geht auch 2013 weiter.

* "Dieser Widerstand war aber zunächst kaum oder gar nicht politisch begründet, sondern richtete sich gegen die von den Deutschen Christen beherrschten Kirchenleitungen." ... Die Bekennende Kirche war "entgegen der Selbstdarstellung vieler ihrer Mitglieder nach 1945 keine Opposition zum Nationalsozialismus als solchem." (Wikipedia)

 

 

 

„Bisher waren wir stolz auf die Stadt Hof, die sich erfolgreich gegen Aufmärsche von Neonazis zur Wehr gesetzt hat. Umso größer ist unsere Empörung über die Entscheidung des Hofer Stadtrates, der mehrheitlich für die Beibehaltung der Namensgebung Dr.-Dietlein-Straße gestimmt hat. Wie erklärt man diesen Entschluss Angehörigen der Verfolgten des Naziregimes, unseren zirka 300 Mitbürgern der jüdischen Gemeinde und allen humanistisch denkenden Menschen? Wir bitten um eine namentliche Bekanntmachung der Stadträte, die für diese Entscheidung gestimmt haben, denn diese sind für uns nicht mehr wählbar.“ Dr. Christian Stier, Dr. Constanze Stier, Hof (Leserbrief vom 03.07.2013)

„Die Angst der Mitglieder des Hofer Stadtrats, Stimmen bei der nächsten Stadtratswahl zu verlieren, kam bei dieser Abstimmung wieder einmal zum Ausdruck. Die anwesenden Bewohner der Dr.-Dietlein-Straße bei dieser Stadtratssitzung am 28. Juni haben natürlich genau registriert, wer für oder gegen den Antrag ist. Es ist jedenfalls enttäuschend, dass ein einmal gemachter Fehler im Jahr 1964 nicht korrigiert worden ist, wie es mit dem Namen der Kaserne geschieht. Mir imponierte die Stellungnahme der Frau Dr. Strunz: ‚Taugt eine solche Person als Vorbild, das man mit einem Straßennamen auf alle Ewigkeit ehrt?‘ Alles andere ist fauler Kompromiss.“ Alfred Praller, Hof (Leserbrief vom 08.07.2013)

„Im Artikel vom 24. Juni werden Persönlichkeiten wie Richard Wagner, Admiral Scheer, Herrmann Löns, Scharnhorst, ja sogar Heinrich Heine in die Nähe der NSDAP, und nur um die geht es hier, gerückt. Das ist unstatthaft, allein schon deswegen, weil die meisten der Genannten am Gründungstag dieser Partei 1920 schon Jahrzehnte verstorben waren. Antisemitismus und Nationalismus sind keine deutschen Erfindungen. Im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts waren sie Zeitgeist und überall anzutreffen. Einmalig aber ist das Wirken der NSDAP: Von 1933 bis 1945 konnte diese uneingeschränkt und unterstützt von der absoluten Mehrheit des Volkes wie keine andere Partei vor und nach ihr auf deutschem Boden ihre Vorstellungen verwirklichen. Die Seite würde nicht ausreichen, sollten all die negativen Folgen dieser relativ kurzen Regierungszeit geschildert werden. Allein deswegen ist ein Straßenname für einen Vertreter dieser politischen Gruppierung völlig unangebracht und ein nachträglicher Schlag ins Gesicht der Opfer.“ Fritz Wurtzbacher, Hof (Leserbrief am 13.07.2013)

"Mit der Entscheidung der Stadtratsmehrheit ist dem öffentlichen Ansehen der Stadt Hof ein Bärendienst erwiesen worden. Wenn der organisierte Protest der Anlieger und die Angst vor Kosten die Entscheidung beeinflusst haben sollte, können wir das auch nicht verstehen. Es geht hier um weit mehr für die Stadt Hof, was mit Geld nicht zu messen ist. ... Wir glauben nicht, dass mit der Stadtratsentscheidung vom 28. Juni die Sache erledigt und, worauf sicher manche vertrauen, auch bald vergessen ist. Dieses Thema wird weiter kochen und die Stadt beschäftigen. Vielleicht auf noch unangenehmere Weise als bisher, wenn z.B. die geplanten Erklärungstafeln Hof zum Bildungsziel für politischen Unverstand machen. Wir wären erleichtert, wenn der Stadtrat nach einer kurzen Verschnauf- und Denkpause das Thema mit einer anderen Entscheidung erledigt. Für unsere Stadt Hof wäre das eine weise Entscheidung." (Dieter Döhla, Hans Büchler)

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Links - Informieren Sie sich:

Presse und Rundfunk (Beachten Sie auch die aufschlussreichen Kommentare!)

  • . . . oder doch lieber ruhen lassen? - Lasst doch die alten Geschichten auf sich beruhen: So denken viele über die Forschungen zur Judenverfolgung. Einer Hofer Familie ist das Nachhaken besonders unangenehm. (Frankenpost vom 22.02.2019)
  • Der Geist des Antisemitismus lebt - 250 Menschen begleiten die Präsentation des Buchs über jüdische Hofer. Auf historische Erläuterungen zum Antisemitismus folgt eine Analyse der aktuellen Situation. (Frankenpost vom 02.02.2019)
  • Buch arbeitet dunkelstes Kapitel deutscher Geschichte auf - Schicksale und Verfolgung jüdischer Familien in Hof im Nationalsozialismus. (tvo vom 31.01.2019)
  • Rebellion durch heimliche Aufklärung - Wer war dieser Hans Merker, der heute vor 70 Jahren sterben musste? (Frankenpost vom 05.01.2015)
  • Widerständler aus der Region - Nur weniger Hofer Regimekritiker sind heute namentlich bekannt. Dazu zählen Kommunisten, Hofer Gewerkschafter und eine Sozialdemokratin. (Frankenpost vom 05.01.2015)
  • Anwohner stoppen Bürgerbegehren - Am neuen Namen "Dr.-Bonhoeffer-Straße" gibt es endgültig nichts mehr zu rütteln. Anwohner der Dr.-Bonhoeffer-Straße - wie sie nach der Umbenennung heißt - haben die Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren beendet. (Frankenpost vom 28.01.2014)
  • Anwohner starten Bürgerbegehren - Günter Neumann macht Ernst: Gemeinsam mit Nachbarn aus der Dr.-Bonhoeffer-Straße sammelt er Unterschriften für den alten Namen "Dr.-Dietlein-Straße" (Frankenpost vom 17.12.2013)
  • Bonhoeffer statt Dietlein - Der umstrittene Straßenname in Hof verschwindet nun doch (Münchner Sonntagsblatt vom 08.12.2013)
  • Bonhoeffer auf dem Schild - Nach monatelangem Hickhack um eine mögliche Umbenennung ist nun alles ganz schnell gegangen: Städtische Arbeiter hängten die alten, ungeliebten Schilder mit dem Schriftzug "Dr. Dietlein-Straße" ab und ersetzten sie durch Schilder mit dem neuen Namen (Frankenpost vom 06.12.2013)
  • Denkmal für Hofer Holocaust-Opfer - Das Hin und Her um einen Straßennamen hat die Diskussion um die Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit der Stadt in Gang gebracht. Jetzt geht es daran, die Geschichte der Juden in Hof zu erforschen - und eine neue Kultur des Gedenkens zu schaffen (Frankenpost vom 04.12.2013)
  • Dr.-Dietlein-Straße: Aufarbeitung der NS-Zeit erst am Anfang - Vor dem Beschluss für die Dr.-Bonhoeffer-Straße fallen Worte wie Ansehen oder Stadtfrieden. Der Oberbürgermeister kündigt weitere Recherchen zur dunklen Vergangenheit und der Geschichte der Hofer Juden an (Frankenpost vom 30.11.2013)
  • Bonhoeffer ersetzt Dietlein - Vor der Sitzung des Stadtrats am Freitag haben sich die Fraktionen auf den neuen Straßennamen geeinigt. Die Anwohner lassen derweil nicht locker: Sie wollen Unterschriften für ein Bürgerbegehren sammeln (Frankenpost vom 29.11.2013)
  • Anlieger der Dietlein-Straße startet Umfrage - Günter Neumann hat, im Namen der Anwohner, Flugblätter gedruckt: Damit ruft er die Hofer auf, am Freitag die Stadtratssitzung zu besuchen - und zieht die Frage des CSU-Ratsbegehrens zur Umbenennung vor (Frankenpost vom 26.11.2013)
  • Fraktionen wollen Dietlein-Debatte beenden - Am 29. November steht ein erneuter Beschluss zum Straßennamen auf der Tagesordnung des Stadtrats. Die Räte von CSU und FAB müssen ihre Position noch festlegen (Frankenpost vom 22.11.2013)
  • Stadtverwaltung für Bonhoeffer-Straße - Die Stadtverwaltung mit dem Oberbürgermeister an der Spitze macht dem Stadtrat einen neuen Vorschlag, um die Dauerdiskussion um die Dr.-Dietlein-Straße zu beenden: Die Umbenennung in "Dietrich-Bonhoeffer-Straße" steht zur Diskussion (Frankenpost vom 13.11.2013)
  • Dietlein soll auf Tagesordnung im Landtag - Ein Lehrer aus dem Allgäu mischt sich in die Diskussion um die Hofer Dr.-Dietlein-Straße ein. (Frankenpost vom 12.11.2013)
  • Dietlein-Streit überschattet Gedenkstunde - Die Erinnerung an die Pogromnacht 1938 in Hof gerät zum Schlagabtausch über das Verhalten der Akteure in der Diskussion um die Dr.-Dietlein-Straße. Dabei sind sich alle einig, dass die Umbenennung kommen muss (Frankenpost vom 12.11.2013)
  • Kirchenvorstand der Hospitalkirche spricht sich einstimmig für Umbenennung der Dr. -Dietlein-Str. aus (Hospitalkirche, 08.11.13)
  • Stadtrat vertagt Dietlein-Frage noch einmal - Nun soll Ende November eine Entscheidung fallen. Unterdessen melden sich die Anwohner zu Wort: Sie fordern die Umsetzung des Beschlusses zum Aufstellen der Info-Tafel (Frankenpost vom 08.11.2013)
  • Kirche setzt Signal gegen Rassismus - Der Platz vor der Hofer Marienkirche trägt ganz offiziell den Namen von Bernhard Lichtenberg. Die Pfarrgemeinde erinnert an den Tod des katholischen Widerstandskämpfers vor genau 70 Jahren (Frankenpost vom 04.11.2013)
  • Breite Front für Doris-Weber-Straße - Linke, Grüne und Antifaschisten sprechen sich erneut für eine Umbenennung der Dr.-Dietlein-Straße in Hof aus. Die frühere Bürgermeisterin steht als neue Namenspatronin hoch im Kurs (Frankenpost vom 28.10.2013)
  • SPD-Fraktion setzt auf schnelle Lösung - Die Sozialdemokraten wollen die Straße nach Dietrich Bonhoeffer benennen. Von den Grünen kommt der Vorschlag "Doris-Weber-Straße" (Frankenpost vom 25.10.2013)
  • Frage der Umbenennung soll in Bürgerhand - Die CSU-Fraktion im Hofer Stadtrat will die Bürger entscheiden lassen, ob die Dr.-Dietlein-Straße umbenannt werden soll oder nicht. In einem Brief an Oberbürgermeister Fichtner beantragt sie ein Ratsbegehren dazu (Frankenpost vom 17.10.2013)
  • Der Brief der Israelitischen Kultusgemeinde Hof im Wortlaut pdf-Datei, Acrobat-Reader erforderlich (16.10.2013)
  • Wende in der Dietlein-Diskussion? (Frankenpost vom 16.10.2013)
    (Leider können wir Ihnen nur die Titel der Artikel weiterleiten, da die Artikel als Premiumartikel nur E-Paperkunden zur Verfügung stehen.)
    • Wende in der Dietlein-Diskussion? Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Hof kommt zu einer anderen Einschätzung als noch vor einem Jahr: Er fordert Oberbürgermeister und Stadträte auf, die Dr.-Dietlein-Straße umzubenennen.
    • Dekan erkennt veränderte Situation - Nachdem er die wesentlichen Inhalte zur Kenntnis genommen hat, räumt er unumwunden ein: "Nun ist eine neue Lage entstanden." Gonczarowski bringe in dem Brief ein "ernstzunehmendes Anliegen" vor.
    • Fichtner sieht keinen Grund zur Eile - Der neue Brief von Dr. Jakob Gonczarowski hat offenbar noch nicht das Rathaus erreicht.
    • Fraktionen halten an Info-Tafel fest - Die Linie des Stadtrats sei klar, betont etwa CSU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Fleischer: "Der Beschluss vom Juni wird umgesetzt." Er gehe davon aus, dass sich selbst durch immer neue Stellungnahmen nichts daran ändere.
  • Piraten für Kurztext auf Dietlein-Tafel - Der Vorstand der Hofer Piratenpartei bringt eine alternative Formulierung für die Geschichtstafel in der Dr.-Dietlein-Straße ins Gespräch. (Frankenpost vom 03.10.2013)
  • Streit um Dietlein-Tafel geht weiter - Wann und ob es das vom Stadtrat beschlossene Schild über den umstrittenen Chronisten geben wird, ist unklar. SPD- und CSU-Fraktion können sich nicht auf den Text einigen  (Frankenpost vom 26.09.2013)
  • "Hof ist bunt" fordert Konsequenzen - Die Dr.-Dietlein-Straße bleibt weiter ein Thema. Zum ersten Mal schaltet sich das Bündnis "Hof ist bunt" in die seit Monaten laufende Debatte ein (Frankenpost vom 07.08.2013)
  • Beratungen über Schild-Text dauern an - Das Aufstellen der Geschichtstafel in der Dr.-Dietlein-Straße verzögert sich. Linken-Stadtrat Etzel fordert die Anwohner auf, sich mit der Vita Dietleins auseinanderzusetzen - die wollen das aber gar nicht (Frankenpost vom 02.08.2013)
  • SPD-Urgesteine üben scharfe Kritik - Hans Büchler und Dieter Döhla zeigen sich verärgert über den Stadtratsbeschluss zum Straßennamen und die Haltung der Fraktions-Mehrheit. Sie wissen die meisten Sozialdemokraten in Hof hinter sich. (Frankenpost vom 11.07.2013)
  • "Mehrheit ist nicht Wahrheit" - Der Passauer Professor Alf Mintzel hält den Stadtratsbeschluss für bedenklich. Seiner Meinung nach ist es zu früh, die Aufarbeitung abzuschließen. (Frankenpost vom 03.07.2013)
  • Dekan ist zufrieden - Für Günter Saalfrank ist es richtig, Dr. Ernst Dietlein nicht nur als Nationalsozialisten zu sehen. Den Kompromiss hält er für "weise". (Frankenpost vom 29.06.2013)
  • Dietlein-Straße behält ihren Namen - Mit großer Mehrheit hat der Hofer Stadtrat beschlossen, es bei dem umstrittenen Namen auf dem Straßenschild zu belassen. Eine Hinweistafel soll nun über den früheren Archivar aufklären (Frankenpost vom 29.06.2013)
  • Noch kein klares Meinungsbild im Stadtrat - Die Räte entscheiden über die Dr.-Dietlein-Straße. Der Beschluss verspricht Spannung: Zwei von drei Fraktionen stimmen nicht einheitlich ab (Frankenpost vom 28.06.2013)
  • Bürger machen Druck - Kurz vor Abstimmung des Stadtrates über die Umbenennung der Dr.-Dietlein-Straße melden sich die Anwohner zu Wort. Sie wollen "ihren" Straßennamen behalten. (Frankenpost vom 27.06.2013)
  • Entnazifizierung im Stadtplan - Am Freitag entscheidet der Hofer Stadtrat über die Umbenennung der Dr.-Dietlein-Straße. Die Anwohner können den Wirbel um den Namen nicht nachvollziehen. Zahlen müssten sie aber vermutlich trotzdem (Frankenpost vom 24.06.2013)
  • Straßenname mit Dr. Dietlein verschwindet (Frankenpost vom 19.06.2013)
  • Licht ins Dunkel der braunen Zeit bringen - Ehrenamtliche Forscher kommen in einem neu gegründeten Arbeitskreis zusammen. Sie müssen für ihre Recherchen manche Hürde nehmen (Frankenpost vom 05.02.2013)
  • Dekan warnt vor einem Schnellschuss - Günter Saalfrank will die Vita von Dr. Dietlein von Kirchenhistorikern untersuchen lassen. Aber: Ergebnisse werden erst im kommenden Jahr vorliegen. (Frankenpost vom 18.10.2012)
  • Klassiker vor leeren Stühlen - Schwacher Besuch und kurze Dauer kennzeichnen den Abend. Und doch kommt es zu einem folgenreichen Beschluss: Der Stadtrat muss sich nochmals mit der Dr.-Dietlein-Straße befassen. (Frankenpost vom 10.10.2012)
  • Straßenname bleibt unverändert - Die Mehrheit der Räte spricht sich im Hauptausschuss gegen die Umbenennung der Dr.-Dietlein-Straße aus. Dabei steht fest, dass der Namensgeber die Ideologie des Nationalsozialismus offensiv vertreten hat. (Frankenpost vom 03.10.2012)

Zum Thema

 

 

Am 7. März 1937 steht im "Gemeindeblatt für Hof und Umgebung" (Nr. 10) im Gedenken an den am 5. März 1935 beieine Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Kultusminister Hans Schemm zu lesen, "... dass man sehr wohl zugleich Deutscher, Nationalsozialist und Christ sein kann."

 

"Noch 1943 ordnete der Landeskirchenrat anlässlich Hitlers Geburtstag an, am 18. April "im Allgemeinen Kirchengebet des Führers fürbittend zu gedenken und Gott zu bitten, dass er ihm mit seinem Geist und seiner Hilfe zur Seite stehe und sein Werk mit seinem Segen kröne." (Mensing, S. 189)

 

"In der unmittelbaren Nachkriegszeit bildete sich schnell ein Geschichtsbild aus, in dem sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern selbst zu einer Widerstands-organisation gegen den Nationalsozialismus stilisierte. Dabei wurde die eigene Verstrickung in den Nationalsozialismus weitgehend ausgeblendet, obwohl es auch kritische Stimmen gab, die auf das Versagen der Kirche hinwiesen. Das Geschichtsbild von der Kirche als Widerstandsorganisation bestimmte bis in die 1960er Jahre die kirchliche Selbstwahrnehmung. ... Erst in den 1990er Jahren zerbrach das Bild der bayerischen Landeskirche als Widerstandsorganisation gegen den Nationalsozialismus endgültig. Seither gilt die Feststellung, die der Neuendettelsauer Kirchenhistoriker Friedrich Wilhelm Kantzenbach schon 1977 getroffen hatte, dass es auch in der bayerischen Landeskirche nur wenige einzelne waren, die für die entscheidenden Probleme einen klaren Blick hatten. (F. W. Kantzenbach, Der Einzelne, S. 107)" Lesen Sie mehr.

 

Die Selbststilisierung der bayerischen Landeskirche als Widerstandsorganisation gegen den Nationalsozialismus nach Kriegsendeblieb in der Kirche nicht unwidersprochen. ... Insgesamt (aber) fand die kleine Gruppe bayerischer Pfarrer, die entschiedenen Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet hatte, nach dem Ende der NS-Herrschaft in der Landeskirche kaum Gehör und stieg auch nicht in kirchenleitende Positionen auf. So kam Karl Steinbauer, der bedeutendste Kritiker des Kurses der Kirchenleitung während der NS-Herrschaft, nicht einmal in die Landessynode. Vielmehr gab ihm der Landeskirchenrat im Frühjahr 1946 die Mahnung mit auf den Weg, künftig keine weitreichende Kirchenpolitik mehr zu betreiben. Zu einer kritischen Aufarbeitung der NS-Geschichte kam es erst Jahrzehnte später.

 

In der Erklärung der Landeskirche "Schuld und Verantwortung - Ein Wort der Kirche zum Verhältnis von Christen und Juden" von 1998 wird gefordert:
- die Lokalgeschichte der Gemeinde aufmerksam zu betrachten.
 - die Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern im Dritten Reich, insbesondere ihres Verhaltens zu Juden und sogenannten Judenchristen nachhaltig zu erforschen.

 

"Dies muss offen gesagt werden: Wir dürfen Schuld, die unsere Kirche und Amtsträger in ihr während der NS-Zeit und nach ihrem Ende auf sich geladen haben, nicht verschweigen, sondern müssen sie benennen." (Dr. Johannes Friedrich, 1998)

 

"Das gilt auch für die Verhältnisse in der Stadt Hof: Die NS-Geschichte ist noch nicht aufgearbeitet." (Prof. Dr. Alf Mintzel, 2013)

 

Die moralische Pflicht zur gemeinschaftlichen Scham, die der erste Bundespräsident Theodor Heuss den Deutschen auferlegte, wurde zur bequemen Formel für ... " ... all jene wendebereiten Kompromittierten mit befleckten Westen, die ihre konkrete Schuld nur zu gern im Sammelbecken der allgemeinen 'nationalen Kollektivscham' verschwinden ließen." (Peter Ambros, 2013)

 

"Dieses Schweigen übertrug die Traumatisierung auf eine weitere Generation: Für die Kinder lauerte dahinter der monströse Verdacht, dass sch ihre Eltern mehr kompromittiert haben mochten, als die Kinder bereit waren sich vorzustellen, somit das gruselige Gefühl der Möglichkeit, Sohn oder Tochter eines bestialischen Mörders zu sein." (Peter Ambros, 2013)

 

Die Neonaziszene griff die Entscheidung des Hofer Stadtrats vom 28.06.2013 sofort dankbar auf. Und auch nach der Umbenennung der Straße wurde das Thema weiter ausgeschlachtet. Warum ist solche Hetze heute kein Fall für den Staatsanwalt? Hier zeigt sich: Der Kampf gegen Neonazis und die Aufarbeitung der Nazizeit gehören zusammen. Folgerichtig hat sich das Bündnis "Hof ist bunt" am 7. August in die Debatte eingeschaltet.

 

Zur Problematik der Leserkommentare im Internet - auch auf den Webseiten der Frankenpost in Sachen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus lesen Sie einen Kommentar von Sascha Lobo: "Aufblitzen der Unmenschlichkeit" vom 08.04.2015.

 

 

 

 

 

 

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© Pfr. Johannes Taig