Geist, Farbe, Klang /Von
Ludwig Trepl „Der Einwand,
daß ein Lernen von den wirtschaftlichen Kompetenzen zu einer
Angleichung der Kirche an die Marktwirtschaft führt, wird heute nur
noch selten vertreten“ (S. 42). Da jubeln sie, die Markt-Schreier,
und fallen im Siegesrausch gleich mit dem gesamten Arsenal an
Folterwerkzeugen, das in den letzten zwei Jahrzehnten in den think
tanks des Neoliberalismus ausgetüftelt worden ist, um unsere Ohren
zu peinigen, über die armen Christenmenschen her: „Kerngeschäft“ und
„Kernangebote“, „Imageschaden“, „Qualitätsmanagement“, „good-practice-Orientierung“,
„Angebotsorientierung“, „360-Grad-Feedback“,
„Alleinstellungsmerkmal“, „Agendasetting“, „Aufwärtsagenda“,
„Kundenbindungsinstrumente“, „Profilierungskompetenz“ und sogar, man
möchte es nicht glauben, „kybernetisch-missionarische Kompetenz“.
Das läßt sich nicht mehr steigern? Doch: „gabenorientierte
Motivations- und Qualifikationskompetenz“. Hätte man den Text den
Unternehmensberatern, die ihn verfaßt haben, nicht vor der
Veröffentlichung wegnehmen können, um ihn jemandem zu geben, der
kein Betriebswirt ist, sondern deutsch kann? Der all diesen Wortmüll
gestrichen und statt „Qualitätsstandards in den Kernvollzügen“
geschrieben hätte, worum es offensichtlich geht: daß man gut
aufpassen soll, damit im Jahre 2030 nicht mehr so viele schlechte
Tauf-, Hochzeits- und Trauerpredigten gehalten werden wie heute?
Die Verfasser scheinen nicht bedacht zu haben, daß die derzeitige
„Wiederkehr der Religion“ (S.14) nicht zuletzt und vielleicht sogar
hauptsächlich daher kommt, daß viele Leute nach jahrelanger
Dauerbeschallung den jungdynamischen
Wirtschaftsfundamentalisten-Jargon einfach nicht mehr ertragen
können. Und daß das so hoffnungsvoll begonnene Unternehmen, die
Kirche in eine Firma umzuwandeln, die mit „Beheimatung“ handelt und
damit Marktführer in der Wellness-Branche werden will, eventuell
fehlschlägt, weil gerade solche Kunden, die „Beheimatung“ auf einer
„Beheimatungsebene“ suchen, nicht ausgerechnet dahin gehen, wo in
„Kompetenzzentren“ „Führungskräfte“ voller „kommunikativer
Kompetenz“ unter Einsatz „moderner Führungsinstrumente“ immerzu auf
sie einkommunizieren, daß sie doch bittschön „aufgabenorientiert“
ihr „Qualitätsbewußtsein“ erhöhen sollen, am besten mit einer
„Qualitätsoffensive“. Daß diese Kunden also „den Geist, die Farbe
und den Klang des anstehenden Mentalitätswechsels“ (S.101) nicht so
recht als das erkennen können, was sie in einer Kirche erwarten.
Mein Vorschlag an die EKD wäre, den sicher notwendigen
Veränderungsprozeß nicht ausgerechnet solchen Mitarbeitern
anzuvertrauen, die durch Talent und Neigung zum Kaufmannsberuf
bestimmt waren, aber von einem gnadenlosen Vater zum
Theologiestudium gezwungen wurden.
(im Juli 06 im EKD-Forum) |
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"Stutzig wurde ich erst,
als ich zu fragen begann, auf welches „Qualitätsniveau“ es wohl im
Pfarrberuf ankomme. Ich durchforschte mit dieser Frage das ganze
Impulspapier. Mir wurde immer schwindliger bei der permanenten
Forderung nach Qualität, Qualitätskontrolle, Qualitätsstandards,
Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, ohne dass ich irgendwo
herausfinden konnte, um welche Qualität es denn nun eigentlich geht.
Wenn .. dieses
selbstverständliche betriebswirtschaftliche Instrument auf „leitende
geistliche Mitarbeiter“ angewandt wird, kann es rasch um deren
Geistlichkeit geschehen sein, die sich eben nur auf geistliche Weise
beurteilen lässt, denn Geistliches kann nur geistlich beurteilt
werden, wie Paulus in 1.Kor.2, 10ff ausführt."
(Christian Möller) |
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Gegen Rückzug der Kirche aus
der Fläche Frankfurt a.M. (epd). Für die
evangelische Kirche in Bayern kommen nach Auffassung von
Landesbischof Johannes Friedrich einige
Reformempfehlungen der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD) überhaupt nicht in Frage. Eine
Halbierung der Zahl der örtlichen Kirchengemeinden etwa
sei für seine Landeskirche "undenkbar", sagte Friedrich
in einem epd-Gespräch in Frankfurt. Zur Begründung sagte
er: "Wir sind eine Flächenkirche und dies wäre geradezu
der Tod für unsere Kirche."
In dem EKD-Papier "Kirche der Freiheit" wurde unter
anderem empfohlen, die Zahl der Ortsgemeinden zugunsten
von "Passanten- und Profilgemeinden" drastisch zu
verringern. Eine weitere Empfehlung sieht vor, das
zahlenmäßige Verhältnis zwischen Pfarrern und
Ehrenamtlichen zu ändern. Dazu sagte Friedrich, diese
Vorgabe sei nicht auf die Landeskirche in Bayern
übertragbar.
Von dem für Januar geplanten "Zukunftskongress" über die
EKD-Vorschläge erwartet Friedrich, der zugleich
Leitender Bischof der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands ist, kein
"Beschlusspapier". Vielmehr erhoffe er sich eine
Konzentration auf einige Themen, die schwerpunktmäßig in
Landeskirchen weiterverfolgt werden sollten.
Das Impulspapier, das langfristige Reformen im deutschen
Protestantismus anstoßen will, wirke "nahezu
zwangsläufig" auf derzeitige Mitarbeiter der Kirche
demotivierend und werde als Kritik aufgefasst, räumte
Friedrich ein. Gerade unter Pfarrern gebe es eine starke
Empfindsamkeit für öffentliche Kritik an ihrer Arbeit.
"Wir müssen besser werden, das ist unbestritten",
betonte der Bischof. Deshalb wäre der Anspruch der
Qualitätsverbesserung sinnvoller so formuliert worden,
dass nicht all jene, die gute Arbeit machen, ihn als
Kritik empfänden.
Bei Pfarrern lasse sich Erfolg schwieriger messen als
bei anderen Berufsgruppen, gab Friedrich zu bedenken.
Schlechter Kirchenbesuch sei nicht automatisch Ausdruck
mangelhafter Qualität. Und alles was Seelsorge betreffe,
entziehe sich weithin einer Beurteilung. Erwartungen an
Pfarrer und ihre gesellschaftliche Präsenz würden heute
weitaus deutlicher geäußert als in der Vergangenheit.
(14478/6.12.2006) |
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"Die buchstäblich grundlegende
Schlüsselfunktion pastoralen Wirkens kann auch aus dem
Beitrag der (Gemeinde-) PastorInnen zur religiösen
Sozialisation der Kirchenglieder erschlossen werden:
Gefragt nach dem Grad des Einflusses von Medien und
Personen auf die Entwicklung ihres Verhältnisses zu
Religion, Glauben und Kirche‹ geben 83% der
Kirchenglieder als wichtigste Personen ihre Eltern, 70%
ihre Großeltern und 60% ihre PastorInnen an, die damit
an erster Stelle der »Fremdpersonen« stehen, weit vor
LehrerInnen (33%) oder Jugendgruppen-LeiterInnen (26%),
ja selbst noch deutlich vor der eigenen LebenspartnerIn
(36%).
Für die kirchlich-religiöse Sozialisation der
Kirchenglieder stimmt darum gerade nicht, was das
EKD-Papier auf S. 64 behauptet: »Ein überzeugender
Pfarrer oder eine überzeugende Pfarrerin sind ebenso
bedeutsam wie eine glaubwürdige Erzieherin…«
Eine außerordentlich geringe religiöse
Sozialisationsbedeutung haben nach Angaben der
Kirchenglieder medial vermittelte Einflüsse wie Internet
(1%), Radio und Fernsehen (7%), bekannte
Persönlichkeiten (10%), Bücher und Zeitschriften (20%).
Diese wichtige Erkenntnis sollte auch dazu beitragen,
die sehr überschätzte Wirkung kirchlicher
Öffentlichkeitsarbeit realistischer zu beurteilen."
(Herbert Dieckmann) |
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"Ich weiß, woran ich
glaube" - Halt und
Perspektive in der Krise/ Vortrag von Prof.
Dr. Christian Möller (vor dem
Deutschen Pfarrertag in Fulda am 26.9.2006)
Wir haben zwei Denkweisen kennengelernt, mit der Kirche und ihrer
Zukunft umzugehen: aus dem Impulspapier der EKD das futurische
Denken, das die Zukunftschancen der Kirche hochrechnet, dabei
Umfrageergebnisse und Trends auswertet, Leuchtfeuer und d.h.
Zielvorstellungen markiert, daraus Zwischenschritte ableitet, die
gegangen werden müssen, wozu die entsprechende Bereitschaft und der
Mentalitätswechsel von allen Mitarbeitern eingefordert wird. Es ist
ein Organisationsschema, wie es im Grunde jede Firma bei ihrer
Zukunftsplanung einsetzt, und warum sollte die Kirche nicht auch von
betriebswirtschaftlichem Denken lernen?! Der Preis freilich ist,
dass sie dabei selbst mehr und mehr das Bild einer Firma EKD
annimmt. Halt und Perspektive für den Pfarrberuf sind in diesem
Denken so sicher oder so unsicher, wie eben die Zukunft von Firmen
mitsamt ihren Stellenchancen heute sicher oder unsicher ist.
Aus dem Evangelium des Sonntags haben wir ein adventliches Denken
kennengelernt, das zuerst nach dem Kommen des Reiches Gottes
trachtet und sich deshalb auch die Zukunft der Kirche von Jesus im
Licht eines himmlischen Vaters zeigen lässt, der für Vögel unter dem
Himmel wie für Lilien auf dem Feld sorgt und um die Bedürfnisse der
Seinen um so mehr Bescheid weiß. Dieses adventliche Denken, das die
Zukunft als Zukommen Gottes sorglos im Rücken weiß, kann sich um so
geistesgegenwärtiger auf die nächstliegenden Besorgungen, Aufgaben,
Pflichten heute konzentrieren und dabei der Gegenwart dessen
vertrauen, der verheißen hat: „Siehe, ich stehe vor der Tür und
klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun,
zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er
mit mir.“ (Off. 3, 20)
Das Bild von Evangelischer Kirche, das nun in Erscheinung tritt, mag
von Papst Benedikt XVI. ein wenig abfällig und verkürzt „kirchliche
Gemeinschaft“ genannt werden. Aber das ist nur die halbe Wahrheit,
denn es handelt sich in Wahrheit um die „kirchliche Gemeinschaft mit
Jesus Christus“, in der durch intensives Hören auf SEINE
gegenwärtige Stimme Kirche in so enger Zusammengehörigkeit mit
Christus wächst, dass Zwischeninstanzen wie z.B. ein päpstlicher
„Stellvertreter Christi auf Erden“ eher verstellend und hinderlich
als förderlich sind, ist die Kirche doch ganz und gar auf das Hören
von Christi Stimme und auf SEIN Kommen ausgerichtet, um IHM die Tür
aufzutun.
Halt und Perspektive für den Pfarrberuf sind in dieser adventlich
eingestellten Kirche keineswegs sicher. Sie sind aber um so
gewisser, je mehr jeder Tag in einem Licht gesehen und wahrgenommen
wird, von dem E. M. Arndt in seinem Glaubenslied singt:
„Das ist das Licht der Höhe, das ist der Jesus Christ,
der Fels, auf dem ich stehe, der diamanten ist,
der nimmermehr kann wanken, der Heiland und der Hort,
die Leuchte der Gedanken, die leuchten hier und dort.“ (EG 357, 4)
Lesen Sie hier den gesamten Vortrag...
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"Diese kritische Analyse
des Impulspapiers "Kirche der Freiheit" erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Insbesondere konnten bei den Reformvorschlägen des
Papiers nicht alle Details dargestellt und kritisch untersucht
werden. Eine ausführlichere Analyse würde sicher feststellen, dass
das Papier neben den kritikwürdigen auch akzeptable Reformvorschläge
macht. So ist ja gewiss immer richtig, eine Steigerung der
Effektivität und der Qualität kirchlicher Arbeit zu fordern.
Mögliche gute Vorschläge im Detail können aber den Gesamteindruck
des Papiers nicht verändern.
Das Papier geht von der falschen Analyse aus, dass die Krise der
Kirche im wesentlichen durch äußere Dinge wie Finanzknappheit,
demographische Katastrophe und soziologische Veränderungen in der
Struktur der Gesellschaft verursacht worden ist. Es kommt von daher
zu der falschen Schlussfolgerung, dass durch organisatorische,
finanzwirtschaftliche, personalwirtschaftliche Veränderungen und
durch Veränderungen in den kirchlichen Leitungsstrukturen die Krise
bewältigt werden kann. Dies ist jedoch ein Kurieren an Symptomen. Im
Kern ist die Krise der Kirche geistlicher Natur. Von dieser
geistlichen Krise sind alle kirchlichen Arbeitsgebiete und alle
kirchlichen Ebenen, von der Ortsgemeinde bis zur Synode der EKD,
betroffen. Der Versuch, sie zu bewältigen kann darf daher nicht
dadurch belastet werden, dass die eine Ebene (im Impulspapier die
zentralen Leitungsebenen) versucht, ihre Bedeutung und ihre
personellen und finanziellen Ressourcen auf Kosten anderer Ebenen
(Ortsgemeinden) zu sichern.
Die Bewältigung der fundamentalen Krise der Kirche kann nur durch
eine geistliche Neubesinnung und Umkehr aller kirchlichen
Verantwortungsträger und mit ihnen der Gemeindeglieder gelingen. Von
neuem muss die Kirche dem Ruf des Propheten Amos folgen: "Suchet
mich, so werdet ihr leben." (Amos 5,4) (Rainer
Vogels) |
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"Als ob alles Beten nichts nützt" - Das EKD
Papier zur Reform des deutschen Protestantismus hat theologische
Schwächen/ Von Prof. Dr. Wilfried Härle
(Zeitzeichen Nr. 10/2006, S. 22 ff
, Auszüge)
Am 6. Juli 2006 veröffentlichte der Rat der EKD ein Impulspapier
unter dem Titel "Kirche der Freiheit - Perspektiven für die
evangelische Kirche im 21. Jahrhundert". Mit ihm setzt sich der
Heidelberger Theologieprofessor Wilfried Härle kritisch auseinander.
" ... Die metaphorische Rede vom "Leuchtfeuer", mit der zwölf
konkrete Visionen und Ziele bezeichnet werden, ist missraten. Dass
Leuchtfeuer "in früheren Zeiten am Strand oder in den Bergen als
Orientierungslichter gesetzt wurden, damit Segler oder Wanderer
trotz Wind und Wetter, trotz Berg und Tal zu ihrem Ziel finden
konnten", klingt zwar wildromantisch. Es trifft aber die Sache im
entscheidenden Punkt nicht. Leuchtfeuer haben in der See- und
Luftfahrt primär warnenden, abgrenzenden Charakter. Sie bezeichnen
nicht ein Ziel, sondern eine Gefahrenquelle, sei es die Küste, an
der ein Schiff stranden könnte, oder die Begrenzung einer Landebahn,
über die das Flugzeug nicht hinaus geraten darf. Aber so wollen die
Leuchtfeuer dieses Textes gerade nicht verstanden werden. Deshalb
wäre die ebenfalls mehrfach verwendete Rede von
"Orientierungslichtern" genauer, wenn auch nicht wesentlich schöner.
...
Die Formel „Gott vertrauen und das Leben gestalten” ist nicht nur
außerordentlich blass geraten, sondern durch das bloß additive „und”
ganz unbestimmt. Schon die Formulierung „Im Vertrauen auf Gott das
kirchliche Leben gestalten” würde mehr sagen. Vielleicht ist damit
ja sogar das Vertrauen auf das unverfügbare Wirken des Heiligen
Geistes gemeint, der Glauben weckt, wo und wann Gott will. Das
müsste aber im ganzen Text mehr spürbar werden. Und das ist gerade
dort nicht der Fall, wo in den Leuchtfeuern von der Situation des
Jahres 2030 so gesprochen wird, als sei sie dem Blick des
Impulspapiers bereits jetzt zugänglich. Vermutlich soll das nur ein
Aufmerksamkeit weckendes Stilmittel sein, um anzudeuten, wie
notwendig eine solche Veränderung ist und wie fest der Text an ihre
Realisierung glaubt. Aber nicht jedes sprachliche Stilmittel ist
auch ein guter theologischer Einfall. Hätten die Verfasser sich
nicht durch das „wenn Gott will” aus dem Jakobusbrief davor warnen
lassen können, so ungeistlich von der Zukunft zu reden?
Nach meiner Auffassung hat das darin erkennbar werdende Defizit
deswegen eine so große (negative) Bedeutung, weil an ihm nicht nur
- wider Willen! -
abgelesen werden könnte, was und wie wenig die evangelische Kirche
für ihre eigene Zukunft von Gott erhofft, erbittet und erwartet,
sondern, auch, was und wie wenig sie den Menschen als Grund des
Vertrauens auf Gott zu verkündigen hat. Dass wir arbeiten sollen,
als ob alles Beten nicht nützte, davon ist in dem Text viel zu
spüren. Dass wir beten sollen, als ob alles Arbeiten nichts nützte,
das findet sich dagegen allenfalls in Spurenelementen.
Vermutlich hängt das auch damit zusammen, dass Bibel und Bekenntnis
im Impulspapier eine auffällig geringe Rolle spielen. Zwar wird
gelegentlich einfühlsam darauf hingewiesen, welche Bedeutung es
haben kann, dass Christenmenschen, die nicht mehr an einem
Gottesdienst teilnehmen können, zum Lesen und Auslegen der Heiligen
Schrift zusammenkommen. Aber als Quelle und Kriterium für sein
eigenes Argumentieren macht dieser Text von Schrift und Bekenntnis
erstaunlich wenig Gebrauch. Die Bibelstellen, die in den Text
eingestreut sind, haben eher illustrative als argumentative
Funktion. Und außerdem hat ausgerechnet dabei das Impulspapier keine
glückliche Hand. So wird auf Seite 35 die Rede vom „Beweis des
Geistes und der Kraft” aus dem 1. Korintherbrief Gotthold Ephraim
Lessing zugeschrieben, der sie doch seinerseits von Paulus
übernommen hat. Auf Seite 82 wird die Aussage aus der Weisheit
Salomos, wonach „die Weisheit den Mund der Stummen öffnete”,
wiedergegeben durch die These, die Diakonie sei der Mund der
Stummen. Offenbar liegt hier eine Verwechslung mit Sprüche 31, 8
vor: „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller,
die verlassen sind.” Das hätte gepasst. Der wenig glückliche Umgang
mit biblischen Texten taucht schließlich noch einmal ganz am Ende
auf, wo ausgerechnet das bekannte Bibelwort aus dem 2.
Korintherbrief (5,19), das den Abschluss des ganzen Impulspapiers
bildet, mit einer falschen Stellenangabe zitiert wird. ...
Der Rat der EKD hat sein „äußeres Wort” zur Zukunft der
Evangelischen Kirche in Deutschland gesagt. Was daraus und aus der
EKD im 21. Jahrhundert wird, liegt in Gottes Hand. Wie gut!"
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"Die
beschriebenen Leuchttürme könnten sich eher als das erweisen, was
Leuchttürme im Zeitalter von GPS nun einmal
sind: nostalgische Relikte der Vergangenheit, so wie manche Kirchen
im Jahr 2030 stumm Zeugnis geben werden von einem einstmals
blühenden christlichen Abendland, in dem die Lichter längst
ausgegangen sind." (Thomas Braun)
"Denn
es weiß, gottlob, (schon) ein Kind von sieben Jahren, was die Kirche
sei, nämlich die heiligen Gläubigen und die Schäflein, die ihres Hirten
Stimme hören. Denn so beten die Kinder: Ich glaube eine heilige
christliche Kirche. Diese Heiligkeit besteht nicht in Chorhemden,
Tonsuren, langen Röcken und ihren andern Zeremonien, von ihnen über die
heilige Schrift hinaus erdichtet, sondern im Wort Gottes und rechtem
Glauben."
(Martin Luther: Die Schmalkaldischen Artikel,
1537, Luther-W Bd. 3, S. 366)
"Immer
wieder wird betont: Jetzt sei noch Zeit und Möglichkeit zum
Gestalten, später könne die Kirche nur noch mühsam reagieren.
Deshalb sei jetzt ein Mentalitätswechsel nötig, „gegen den Trend
wachsen zu wollen“.
Der Druck, der freilich von diesem Papier ausgeht, ist gewaltig. Er
äußert sich in vielen Appellen und Forderungen, in Zielvorstellungen
und Zielvorgaben, die ja auch offene oder versteckte Forderungen
sind. Aber gerade dieser Druck weckt wohl nicht nur bei mir eine
gewisse Distanz, ja eine kritische Einstellung gegenüber diesem
Impulspapier. Das fängt schon bei der Parole an: „Gegen den Trend
wachsen wollen“. Ist Wachsen wirklich eine Sache des Wollens? Ich
musste an jenen fiktiven Bauern denken, der unbedingt das Wachstum
seiner Pflanzen fördern wollte und deshalb
immer wieder aufs Feld hinausging und an den Pflänzchen zupfte, weil
er nichts von ihrem Wachstum sah. Was er bewirkte, war die
Zerstörung seiner Pflanzen. Ist Wachsen nicht eine
Gabe des Gedeihens, die Gott schenkt? „Ich habe gepflanzt, Apollos
hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben.“(1.Kor.3, 6) Wenn
doch die Appelle von der wachsenden Kirche bald wieder aus der
Kirche verschwänden, oder wenigstens durch den Geist des
Gleichnisses von der selbstwachsenden Saat aus Mk 4 evangelisch
verändert und gelassener würden! Dann ginge ein Aufatmen durch die
Kirche, und es würde tatsächlich etwas wachsen!
(Christian Möller) |
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Als Tiger gesprungen...
/Von Johannes Taig (Auszug aus einem Beitrag vom August
06 bei Kanzelgruss.de )
... Aufschlussreich ist folgender Abschnitt:
„Unternehmerische, betriebswirtschaftliche und marketingorientierte
Methoden und Einsichten werden auch in den Kirchen aufgegriffen,
gemäß dem paulinischen Grundsatz, alles zu prüfen und das Gute zu
behalten (1. Thessalonicher 5,21). Der Einwand, dass ein Lernen von
den wirtschaftlichen Kompetenzen zwangsweise zu einer Angleichung
der Kirche an die Marktwirtschaft führt, wird heute nur noch selten
vertreten. Stattdessen setzt sich die Auffassung durch, dass die
Kirche bei bestimmten Aufgaben (Immobilienbewirtschaftung,
Haushaltssteuerung, Qualitätsmanagement usw.) das Lösungsniveau
nicht unterschreiten darf, das in anderen gesellschaftlichen
Bereichen erreicht wird.“ (S.42)
Polemisch formuliert: Die Begrenztheit menschlichen Handelns, die
Grenze zwischen Menschenwerk und Gottes Werk, die Kirche als
Geschöpf des Wortes Gottes, wird zwar am Anfang des
Impulspapiers KdF hochgehalten. Das Evangelium hat aber in
der Folge in dem Papier und in einer evangelischen Kirche 2030 keine
kritische Kraft mehr. Es ist mitsamt dem biblischen Zeugnis
verkommen zum Ramschladen „biblischer Bilder“, verhackstückt worden
in Leitbildprozessen. Das Evangelium wird als Norm faktisch
entmachtet zugunsten der Norm, „dass die Kirche bei bestimmten
Aufgaben (Immobilienbewirtschaftung, Haushaltssteuerung,
Qualitätsmanagement usw.) das Lösungsniveau nicht unterschreiten
darf, das in anderen gesellschaftlichen Bereichen erreicht wird.“
Das ist ein "Wir-auch-Protestantismus" von der schlechtesten Sorte.
Dass es sehr wohl „Unternehmerische, betriebswirtschaftliche und
marketingorientierte Methoden“ gibt, die dem Evangelium
widersprechen, von diesem her zu kritisieren sind und die Kirche
sich hier von anderen wohltuend zu unterscheiden hat, wird einfach
unterschlagen. Nirgends ein Hinweis, was man auf diesem Gebiet mit
Paulus geprüft und für gut oder schlecht befunden hätte.
„Mit der Übernahme der Kirchenführung
durch Berater – man spricht heute von Visionsmanagement
(wie Kdf auch! z.B. S. 32, Anm.d.Red.)
– wird ein verräterisches Signal gesetzt. Die Denkhoheit in Sachen
Weg und Ziel gehört damit weithin sichtbar nicht mehr den Theologen,
sondern den Technokraten. Sie definieren Ziele und kontrollieren die
Wege. Controlling, die McKinsey-Königsstrategie, wird zum Maß allen
Handelns der Kirche, also der Gemeinschaft der Gläubigen. Indem
McKinsey den Kirchen entscheidende Ratschläge gibt, haben die
Unternehmensberater ihr Ziel, Marktführer auch des Sinngeschäftes zu
werden, erreicht. Ihre implizit religiöse Rede, der theologische
Unterton ihrer Beratung wird durch die Kirche selbst, die ihren
mental-strategischen Bankrott eingesteht, symbolisch abgesegnet.“
(Gert Scobel)
„Gefahr droht, wenn das Lob für „Effizienzaspekte“ Anleihen nimmt
beim Neoliberalismus. Solche Überlegungen mögen angebracht sein auf
eng begrenzten innerkirchlichen Feldern, etwa beim zersplitterten
deutschen Protestantismus, sobald aber von Kirchenseite eine
öffentliche Debatte mit den Begriffen des Lean Management geführt
wird, büßt die Frohe Botschaft ihre Leuchtkraft ein. Sie wird
ununterscheidbar, wenn über sie im Stile eines Produktes geredet
werden kann. Die Produkt- und Werbesprache ist die schlechthin
substanzlose Rede und borgt sich den Schein des Wesentlichen bei der
Religion: Ein Damenrasierer „weckt die Göttin in Dir“, ein Cabrio
ist ein „Tempel für den Gott des Windes“, ein Mobilfunkbetreiber
verspricht Transzendenz, „es sollte keine Grenzen geben, die uns
unsere Möglichkeiten nehmen. Wie frei sind Sie?“ (Alexander Kissler)
Das kann wohl kaum die Freiheit sein, die in "Kirche
der Freiheit" gemeint ist!
Die Freiheit zu einer „situations- und zeitgemäßen Gestaltung der
Kirche“ , die sich KdF theologisch erstreiten zu müssen meint, wird
sich deshalb dann als Bumerang erweisen, wenn
das Evangelium in ihr seine kritische Kraft verliert, die die Kirche
zu allen Zeiten (Kirchenkampf und Barmen!) vor dem Reinfall auf
falsche Ideologien leider nicht bewahrt hat, ihr aber immer
kritische Geister gab, die den Nachgeborenen zum Vorbild dienen
konnten. Die Gefahr ist auch heute nicht gebannt,
als Tiger zu springen und
als Bettvorleger in einem ideologischen
Überbau zu landen, mit dem die Kirche
herzlich wenig am Hut haben sollte.
Was das Gute ist, das die Kirche nach Paulus behalten sollte, kann
die Kirche sich nicht selber sagen und sich schon gar nicht von
anderen sagen lassen. Sie muss es im Licht des Evangeliums erkennen
und nicht am messbaren und versprochenen Erfolg. "Alles ist erlaubt,
aber nicht alles dient zum Guten". (1.Kor. 6/12) Die einfache
Wahrheit, dass wir das Leben nur nach vorne leben, aber nur im
Rückblick verstehen können, scheint den Fortschrittsoptimisten in
unserer Kirche weitgehend abhanden gekommen zu sein. Ihren Visionen
fehlt Demut. Sie stellen sich damit einer Welt gleich, die sich in
diesem Bereich täglich übertaktet, bis wieder einmal Menschen in
den Trümmern ihrer Visionen
(und ihrer Welt) nach Haltbarem suchen. Wo die Kirche solches
findet, weiß sie seit Urzeiten. Sie sollte sich wieder darauf
besinnen. Die Zeit ist gekommen. |
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"Schaut man sich die Liste der
Mitglieder der Perspektivkommission an, dann beschleicht einem
doch die Angst, daß die theologische Reflexion des Wandels auch in
diesem Impulspapier nicht weiter führt als zu den seit einem guten
Jahrzehnt immergleichen Empfehlungen und Änderungskonzepten:
Pfarrstellen reduzieren, verstärkt Prädikanten und Lektoren
einsetzen, Zahl der Landeskirchen verringern,
betriebswirtschaftliche Führungskultur einführen sowie die EKD als
zentrale Agentur des Protestantismus stärken.
Verantwortlich für „Kirche der Freiheit“ ist ein Kreis von 12
Personen. Der Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, hat selbst
den Vorsitz übernommen. Einer der beiden Geschäftsführer ist der
EKD-Oberkirchenrat Thies Gundlach. Um es gleich vorwegzunehmen:
Gundlach ist der einzige in der Kommission, der über Erfahrungen als
Gemeindepfarrer verfügt, die weniger als zehn Jahre zurückliegen.
Neben Huber und Gundlach gibt es noch drei weitere Theologen: Den
sächsischen Landesbischof Jochen Bohl, den Systematiker Klaus
Tanner, derzeit Professor in Halle, sowie den badischen
Oberkirchenrat Michael Nüchtern. Dessen Reputation gründet
allerdings weniger auf seiner derzeitigen Tätigkeit, sondern auf
vergangenen Funktionen, u. a. als Leiter der Evangelischen
Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, und einigen wichtigen
Publikationen über die Zukunft der Kirche in einer Situation des
weltanschaulichen Pluralismus.
Unter den anderen sieben Mitgliedern sind zwei Unternehmensberater:
Peter Barrenstein von McKinsey Deutschland und Bernhard
Fischer-Appelt, Geschäftsführer einer Hamburger Consulting-Firma.
Prominentestes Mitglied neben Huber und Barrenstein ist Renate
Köcher, die Direktorin des Instituts für Demoskopie in Allensbach.
Dann gibt es drei Kirchenjuristen: den ehemaligen Präsidenten des
Kirchenamts der Hannoverschen Landeskirche, Eckhart von Vietinghoff,
der vor Jahren einen mittlerweile in vielen Punkten umgesetzten Plan
zur EKD-Reform vorstellte, die Direktorin des Kirchenamtes der
Württembergischen Landeskirche und juristische Stellvertreterin des
Landesbischofs, Margit Rupp, sowie den EKD-Finanzdezernenten OKR
Thomas Begrich (neben Gundlach als zweiter Geschäftsführer der
Perspektivkommission). Aus dem wirtschaftlichen Bereich kommt noch
Marlehn Thieme dazu, die aufgrund ihrer leitenden Position in einer
großen Bank in den Rat der EKD berufen worden ist.
Man setzte bei der Berufung der Kommission also gezielt auf
wirtschaftlichen Sachverstand, und demzufolge ist „Kirche der
Freiheit“ weniger theologischer als betriebswirtschaftlicher
Rationalität verpflichtet. Diese Verpflichtung gegenüber zweier
unterschiedlicher Rationalitäten, deren Verhältnis zueinander an
keiner Stelle des Impulspapiers so ganz genau geklärt wird, führt
dann leicht zu Aporien, die kaum auflösbar sind."
(Dr.
Martin Schuck, "Kirche der Freiheit?", Pfälzisches Pfarrerblatt,
6/7, 2006)
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Das Gemeindeprinzip wird
aufgegeben .../Von Johannes Taig (Beitrag im Intranet der
ELKB) In dem Papier "Kirche der Freiheit" wird das
Gemeindeprinzip faktisch aufgegeben zugunsten von kirchlichen
Zentren. Nicht mehr 80% sondern allenfalls 50% der Kirchenmitglieder
sollen in Ortsgemeinden organisiert sein. Dies bedeutet einen
Rückzug der Kirche aus der Fläche und ist überhaupt nicht
theologisch begründet, sondern durch die erwarteten demographischen
und vor allem finanziellen Rahmenbedingungen.
In der Bayerischen Landeskirche (ELKB) hat man sich in den fetten
Jahren einen personellen Wasserkopf in allerlei überparochialen
Diensten zugelegt, was dazu führt, dass über ein
Viertel
der PfarrerInnen auf Funktionsstellen und nicht auf Gemeindestellen
arbeiten. Zurecht wird
kritisiert, dass diese Dienste inzwischen so abgehoben und fern
arbeiten, dass die Kirchengemeinden sich fragen, was sie davon
haben. Kürzungen in den Gemeinden fallen leichter, als in diesem
Segment, da die Gemeinden auch in der Synode immer die schwächere
Lobby haben. Nach Lektüre des EKD-Papiers wird der Überparochiale
Dienst nicht nur in Bayern jubeln und in St. Sebald in Nürnberg wird
man Sack und Asche ablegen und sich darauf freuen, ein
Tourismuszentrum der EKD zu werden, statt mit über 60 % Kürzung beim
innerkirchlichen Finanzausgleich leben zu müssen. Der stellt in
seiner überarbeiteten Fassung in Bayern nämlich fest, dass solche
Zentralkirchen bereits in der Vergangenheit (z.B. gegenüber
mitgliederstarken Stadtgemeinden) unverhältnismäßig hohe Zuweisungen
erhielten.
Geistliche Zentren und Kommunitäten haben die Landeskirchen schon
heute. Sie sind über Jahrzehnte gewachsen und weisen ihre
Existenzberechtigung immer wieder auch dadurch nach, dass sie
Dienste für die Gemeinden am Ort leisten. Sie können die Gemeinde am
Ort aber nicht ersetzen. Es könnte so kommen, dass die kirchlichen
Zentren, die sich das EKD-Papier wünscht, als die potemkinschen
Dörfer der zukünftigen Kirche erweisen. Es mag ja sein, dass es
beispielsweise in Mecklenburg aufgrund geringer Mitgliederzahlen
ohne solche Zentren nicht geht. Dies ist aber nicht auf die
Situation z.B. in Bayern übertragbar und aus der Sicht der
bayerischen Kirchengemeinden am Ort auch nicht wünschenswert. In
diese fließen bereits heute nur 24% der Kirchensteuereinnahmen
zurück. Sie gehören gestärkt und nicht weiter abgewertet!
Hier gilt und muss auch in Zukunft gelten: "Die ekklesiologische
Findungsregel oder Grundnorm kann in einer evangelischen Kirche nur
das Gemeindeprinzip sein. Es drückt das Priestertum aller Gläubigen
als Konsequenz der Rechtfertigung allein aus Glauben aus. Das
Gemeindeprinzip enthält die Gedanken der Freiheit und Würde des
Einzelnen, gestiftet durch die Verkündigung der Botschaft von der
freien Gnade Gottes, der Gleichheit der Gemeindeglieder, verbürgt
durch die Taufe sowie der Teilhabe an Leitungsvollzügen des Volkes
Gottes und der Solidarität und gegenseitigen Fürsorge, verankert im
Geschehen des Abendmahls. Aus diesem Prinzip bzw. aus dieser
Findungsregel lassen sich sowohl Prioritäten in der künftigen
Aufgabensetzung als auch Richtlinien für den Systemwandel der Kirche
entwickeln.
Das Gemeindeprinzip führt zu einer Rückgabe der Verantwortung an die
Gemeinden am Ort. Die Finanz-, Personal- und Bauhoheit sowie die
Aufgabe der inhaltlichen Schwerpunktsetzung gehört in die Hände der
gewählten Gemeindevertreter. Vor Ort müssen die entsprechenden
Entscheidungen getroffen werden und nur hier sind sie möglich. Was
in Berchtesgaden richtig ist, kann in Naila falsch sein. Wo in
Kempten eine Schwerpunktsetzung in der Arbeit nötig ist, kann in
Weiden eine Kürzung nötig sein. Ob im Dekanat Rosenheim ein
Bildungswerk oder ein Jugendwerk nötig oder sinnvoll ist, ob man
sich beides leisten will und kann oder nur eines oder keines von
beiden, das kann nicht in bayernweiten Beschlüssen der Landessynode
geregelt werden. Dafür braucht es die Situationskenntnis und
Kompetenz vor Ort. Der hermeneutische Zirkel funktioniert nur im
überschaubaren Kontext: Auftrag der Kirche, Situation vor Ort,
Ressourcen an Raum, Zeit, Geld und Personen müssen miteinander ins
Spiel gebracht werden, um sinnvolle Handlungsziele und -inhalte zu
entwickeln." (Dr.
Martin Hoffmann, Vortrag auf der Hesselbergkonferenz der Dekane und
LKR, Sept. 2005)
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"Zurückhaltend reagierte Bischof Knuth auch
auf die EKD-Pläne, die Zahl der Ortsgemeinden zugunsten sogenannter
Profilgemeinden (zum Beispiel Citykirchen) zu reduzieren. "In der
Nordelbischen Kirche halten wir am Prinzip der Ortsgemeinde fest.
Wir sind keine Kirche mit begrenzten Zielen für begrenzte
Zielgruppen, sondern eine Volkskirche mit flächendeckender
Verantwortung für die gesamte Bevölkerung." (Die
Welt vom 07.07.2006)
"Auch
Kardinal Lehmann zeigt sich zurückhaltend. "Ich bin ein zu
nüchterner Mensch, um eine Vision der Kirche der Zukunft zu
erträumen." Er lege die Zukunft lieber zuversichtlich in Gottes
Hand. (epd, 02.11.06)
"Die ekklesiologische
Findungsregel oder Grundnorm kann in einer evangelischen Kirche nur
das Gemeindeprinzip sein. Es drückt das Priestertum aller Gläubigen
als Konsequenz der Rechtfertigung allein aus Glauben aus. Das
Gemeindeprinzip enthält die Gedanken der Freiheit und Würde des
Einzelnen, gestiftet durch die Verkündigung der Botschaft von der
freien Gnade Gottes, der Gleichheit der Gemeindeglieder, verbürgt
durch die Taufe sowie der Teilhabe an Leitungsvollzügen des Volkes
Gottes und der Solidarität und gegenseitigen Fürsorge, verankert im
Geschehen des Abendmahls. Aus diesem Prinzip bzw. aus dieser
Findungsregel lassen sich sowohl Prioritäten in der künftigen
Aufgabensetzung als auch Richtlinien für den Systemwandel der Kirche
entwickeln. Das Gemeindeprinzip führt zu einer Rückgabe der
Verantwortung an die Gemeinden am Ort. Die Finanz-, Personal- und
Bauhoheit sowie die Aufgabe der inhaltlichen Schwerpunktsetzung
gehört in die Hände der gewählten Gemeindevertreter."
(Dr. Martin Hoffmann)
"Die
Möglichkeiten, die die traditionelle Parochie bietet, sind noch
lange nicht ausgeschöpft. Bevor man also eine so weitreichende und
an den Grundfesten evangelischer Tradition rüttelnde
Umstrukturierung ins Auge fasst, sollte man den Mut haben,
„evangelischer“ zu glauben, zu denken und zu handeln. Und das heißt,
entsprechend dem Priestertum aller Gläubigen den einzelnen Menschen
und ihren Gemeinden ... mehr zuzutrauen."
(Andreas Reinhold) |