Impressum |
Zur "Kommunikationsinitiative" (KI) der bayerischen Landeskirche (ELKB) |
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© aus: Konkret & Kontrovers, Nr. 7/2002
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Ins Rollen gekommen? - Anmerkungen eines (ehemaligen) Aktivisten zur KI Von Pfr. Johannes Taig Wer – wie ich – über ein Jahr lang auf dem Marktplatz, dem Internetauftritt der KI (Kommunikationsinitiative der bayerischen Landeskirche), mit geschrieben hat, hat sich das Recht erworben, einige kritische Anmerkungen zur ganzen Unternehmung und zum Artikel des epv zu machen. Unabhängige Berichterstattung? Gleich vornweg: Die Serviceagentur des epv (Evangelischer Presseverband Bayern), die für den oben stehenden Artikel verantwortlich zeichnet, stand in geschäftlicher Verbindung mit der KI und hat für diese Dienstleistungen erbracht, für die sie (quasi von Kirche zu Kirche) bezahlt wurde. Man mag sich also fragen, wie unabhängig sie dann über die KI überhaupt berichten kann. Die Verflechtung von Geschäft und Kritik erzeugt selten ein zutreffendes Bild. So gerät der Artikel auch an manchen Stellen zur offensichtlichen Vertretung eigener Interessen und zur Kritik an den Kritikern der KI. Fehlende Diskussion über die Grundlagen der KI Dazu gehört die Synode, die mit „ihrem denkbar dünnen Ja“, 1999 der KI einen schlechten Start beschert habe. Tatsache ist: die KI wurde in der Nachfolge des von McKinsey gesponserten „Münchenprogramms“ von Kirchen- und Marketingleuten erdacht und konzipiert. Und bereits am Anfang gab es Stimmen, die erst einmal ganz grundsätzlich darüber streiten wollten, was Wirtschaftsmethoden in der Kirche überhaupt verloren haben. So ist im Zuge der KI auch das „Unbehagen an einer mutmaßlichen oder tatsächlichen Ökonomisierung der Kirche“ gewachsen. Weder die KI, noch die Verantwortlichen in der Kirchenleitung haben sich auf diese Diskussion eingelassen. Erst die Süddeutsche Zeitung hat im Frühjahr 2002 die Diskussion aufgenommen und die Positionen einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt (wir berichteten). Es reicht nicht aus zu beklagen, dass es für die KI „keinen durchgängigen Rückenwind in der Kirche“ gab. Es gibt hierfür ernst zu nehmende Gründe und das Mindeste wäre gewesen, sich auf eine Diskussion darüber einzulassen. Dies ist bis heute nicht geschehen. Stereotyp kommen in den „Kirchlichen Nachrichten“ der Landeskirche in der letzten Zeit nur Autoren zu Wort, die mit einer Ökonomisierung der Kirche keine Probleme haben. Über den theologischen Gehalt ihrer Argumente könnte trefflich gestritten werden. Eine Aktion von oben "Anfangs", sagt Hanna Wirth (KI-Beauftragte der Landeskirche), "herrschte in den Gemeinden noch der Eindruck vor: Da wird uns etwas von oben herab vorgesetzt." Dieser Eindruck war richtig. Die KI und ihre vielen bunten Broschüren regneten auf die Gemeinden herab. Die ersten CD-ROMs mit Vorlagen zum „Erscheinungsbild der Landeskirche“ waren ein Flop, weil die qxd.-Dateiformate nur Profis öffnen konnten. Dekanate, die sich bereits über ihr regionales Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit Gedanken machten, empfanden die Vorlagen eher als Korsett, denn als Hilfe. Andere kopierten sie dankbar in ihre Gemeindebriefe. Wo das Geld für den Farbdruck fehlte, wurde aus den schicken violetten bis hellblauen Balkenkreuzen graue oder schwarze Flächen, die dem Inhalt den Platz wegnahmen und das Auge des Lesers beleidigten. Es ist ein unbestrittener Vorteil, wenn ein Leser eine Publikation unzweifelhaft der Evangelischen Kirche zuordnen kann. Aber wo hört das „einheitliche Erscheinungsbild“ auf und wo fängt eine Uniformität an, die das regionale Profil auslöscht? Design statt Sein Eigentlich war die KI einmal angetreten, Kirche in ihrem Sein und ihren Inhalten zu kommunizieren. Kommuniziert wurde aber die Kirche in ihrer Außenansicht, in ihrem Design. Dies belegt die erste Bilanz: Resonanz fanden die einheitlichen Schilder für kirchliche Gebäude, Visitenkarten, Briefpapier und Workshops zur Gestaltungshilfe der Landeskirche. Keine Frage, das Briefpapier ist gut geworden. Ich benutze es auch. Mit dem Balkenkreuz hat die KI die „Designhoheit“ in der Landeskirche übernommen. Aber reicht das um vom Erfolg der KI zu sprechen? Hätte all das nicht auch irgendeine bereits existierende Materialstelle der Landeskirche erledigen können? Wo Inhalte fehlen nützt das Design nichts Dieses Dilemma zeigt sich eindrücklich am Internetauftritt der KI, dem Marktplatz. „Heute wisse man, dass man erst konkrete Inhalte brauche, um im Internet Angebote zu machen. Ein gutes Kommunikationskonzept reiche allein nicht aus.“, sagt Hanna Wirth. Ich füge hinzu: Ein gutes Design auch nicht. Es wäre schon ein Erfolg der KI, wenn sich diese Einsicht allgemein durchsetzt. Wer allerdings Internetauftritte von Gemeinden und Dekanaten betrachtet, darf Zweifel haben. All zu oft gilt: 100% Design, 3% Inhalt. Und die KI verteilt nach wie vor übrig gebliebene Gelder nur für Projekte auf Kirchenkreis- oder Dekanatsebene, „die im Design der KI erscheinen“. Ein Ärgernis! Auf dem Marktplatz der Landeskirche gab es am Anfang die fünf kirchlichen Handlungsfeldern und die entsprechenden Signets mit ihren Slogans, die wegen ihrer Allgemeinheit kritisiert wurden. Dazu kamen die Aufforderungen von prominenten Kirchenleuten (die sich dann nie mehr zu Wort meldeten): Nun diskutiert mal schön! Aber worüber soll man diskutieren, wenn die entsprechenden Inhalte und Diskussionsgegenstände fehlen? Ich habe nach einem Jahr die Weisheit der Dakota-Indianer beherzigt: Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest – steig ab! und mich, nachdem Ende 2001 erneut am Design (Relaunch!), statt an den Inhalten herumgedoktert wurde, verabschiedet. Das Postulat des einheitlichen Designs: Harmonie um jeden Preis Die Beauftragten haben sich in dieser Zeit vor allem mit der Moderation („Wir gestalten Kommunikation, wir machen sie nicht!“) beschäftigt statt Inhalte einzufüttern und waren irritiert, dass Diskussionen manchmal in scharfer Form geführt wurden. Dabei zeigte sich, dass das Bemühen um ein einheitliches Erscheinungsbild der Kirche eine keineswegs nur formale Größe ist, sondern ein inhaltliches Postulat mit sich führt: das der inneren und äußeren Harmonie! Was aber, wenn dann in der Öffentlichkeit des Marktplatzes doch hart diskutiert wird und unvereinbare Standpunkte auch nach außen deutlich werden? Es gehört zur lutherischen Streitkultur, dass Argumente hart aufeinanderprallen, dass um Wahrheit gerungen wird, ohne deshalb die Einheit und Geschwisterlichkeit im Glauben in Zweifel zu ziehen. Es ist ein Bärendienst für diese Streitkultur, wenn, um das einheitliche Erscheinungsbild nicht zu gefährden, Dissens unter den Teppich gekehrt wird und statt der Sache die "Art und Weise" (die Manieren !- oder ein kirchlicher Manierismus?) zum Gegenstand der Diskussion wird: „deine Kritik ist verletzend, nicht konstruktiv, nicht zum Gespräch einladend et.“. Solche Intervention kann notwendig sein, aber sie darf nicht zum obersten Prinzip inner- und außerkirchlicher Diskussion werden. Wo es nicht mehr richtig oder falsch in der Sache geben darf (um des lieben Friedens und des einheitlichen Erscheinungsbildes nach außen willen), sondern nur mehr oder weniger richtig im Stilmittel und Tonfall, muss die Wahrheit, auch die des Evangeliums, irgendwann auf der Strecke bleiben. Übrig bleibt der stromlinienförmige Mitchrist, der sich in fast gar nichts mehr von Herrn Kaiser von der Hamburg-Mannheimer unterscheidet, der immer ansehnlich, freundlich und mit unerbittlicher Milde sein Produkt an die Frau und den Mann bringen muss.
Praxisnahe Unterstützung? Zurecht weist Frau Wirth darauf hin, dass der Internetauftritt nicht die ganze KI ausmacht und nennt die vielen Aktionen und Projekte in den Gemeinden. Diese Projekte waren vor Ort erfolgreich, sind aber nicht ohne weiteres auf andere Gemeinden übertragbar. Und wie werden sie kommuniziert? Eine Zeitschrift hat die KI nicht herausgegeben. Wo habe ich davon erfahren? Dort wo man diese Dinge am einfachsten und schnellsten erfährt: Im Internet, auf dem Marktplatz der KI. Hier zeigt sich wieder das Dilemma. Wie will ein Marktplatz, der ein Misserfolg war, erfolgreich Projekte der KI kommunizieren? Und wie soll „praxisnahe Unterstützung“ im Internet überhaupt ankommen, wenn die „Webkompetenz“ (hier lediglich verstanden als Kompetenz, Zugang zu Inhalten im Web zu haben und mit ihnen umgehen zu können) der Kirchenmitglieder und Mitarbeiter überhaupt niemals evaluiert wurde, also im Dunkeln und wie ich befürchte im Argen liegt? Neben der nötigen theoretischen und theologischen Klärung der Grundlagen, hätte die Klärung der „Webkompetenz“ der Zielgruppen zu den unerlässlichen Vorrausetzungen für die KI gehört. Weder hat eine solche Klärung stattgefunden, noch hat die KI Mittel zur Verbesserung dieser Kompetenz bereitgestellt. Was nützen selbst die schönsten Inhalte, wenn die, für die sie gedacht sind, keinen Zugang zu ihnen finden? Hier wäre die vorrangige „praxisnahe Unterstützung“ nötig gewesen. Kosten und Nutzen Bei der Steigerung der Webkompetenz sind die Gemeinden auf sich selbst gestellt. Als Internetbeauftragter des Dekanats Hof organisiere ich in diesem Jahr zwei Kurse rund um E-Mail und Internet in Zusammenarbeit mit der örtlichen VHS. Die Kurse sind restlos ausgebucht. Hier ist Gelegenheit auf örtliche Gegebenheiten einzugehen und kirchliche Angebote im Internet und im Intranet „by doing“ vorzustellen. Der Arbeitskreis Internet, in dem alle Gemeinden vertreten sind, bespricht den Webauftritt des Dekanats und bietet Hilfen vor Ort an. Die Kosten der Fortbildungen trägt das Dekanat, bzw. die örtliche GKV. Der Webauftritt des Dekanats kostet, incl. eigener Domain, 250 € pro Jahr. Der Rest ist ehrenamtliche Mitarbeit. Es hat sich gezeigt, dass diese Mitarbeit vor allem dadurch motiviert wird, dass sich ein Arbeitskreis für Öffentlichkeitsarbeit vor Ort um solche Themen kümmert. Dort sitzen Vertreter aus verschiedenen Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit eines Dekanats (Sonntagsblatt, Presse, Rundfunk, Fernsehen, Gemeindebrief, Diakonie et.). Und eben auch ein (analog zum Schulbeauftragten) ernannter Internetbeauftragter, der entsprechend entlastet wird. Leider gibt es bisher in Bayern nur eine handvoll davon. Kontraproduktive Effekte Auch daran ist abzulesen, dass sich auf Gemeinde- und Dekanatsebene durch die KI wenig bewegt hat. Die KI hat es nicht geschafft, das Bewusstsein der Kirchengemeinden für die Bedeutung ihrer Öffentlichkeitsarbeit zu steigern und vor Ort Motivation und Kräfte freizusetzen. Es darf vermutet werden, dass sie die Entstehung solcher Kräfte sogar be-, wenn nicht sogar verhindert hat. Zu Vieles kam da von oben zu fertig und zu fertig verpackt. Wozu sich dann noch selbst vor Ort Gedanken machen? Dies scheint, im Hinblick auf die „Designhoheit der KI“ ja gar nicht erwünscht. Insofern muss sich die KI die Frage gefallen lassen, ob sie wirklich zur Bereicherung des Erscheinungsbildes unserer Kirche beigetragen hat, oder nicht vielmehr zu dessen Verödung. Wenn z.B. Webauftritte von Dekanaten, dem Webauftritt der Landeskirche fast aufs Haar gleichen, muss da nicht vermutet werden, dass hier Eigeninitiative zugunsten des Vorgefertigten unterblieb? Und wo bitte schön sind denn die „Netzwerke“, die durch die KI bayernweit angeblich entstanden sind? Ich habe selbst als Internetangeschlossener noch von keinem gehört. So manche leeren und hochtrabenden Versprechung warten bis heute auf ihre Einlösung. Das enttäuscht. Schlussbemerkungen Die KI hat einen Zweck erfüllt, wenn man bereit ist, aus den Fehlern zu lernen. Zur Weisheit gehört auch die Fähigkeit, mit etwas aufzuhören. Deshalb sollte es auf der Ebene der Landeskirche keine Nachfolgeaktion dieser Art geben. Schon gar nicht brauchen wir – wie Markus Springer meint - ein zentrales „Service-Center“ der Kirche in Sachen Kommunikation (hat der epv hier vielleicht eigene Interessen?). Die übrig gebliebenen Gelder wären besser im Projekt „Vernetzte Kirche“, im Aufbau des Intranets und in einem umfassenden Schulungsprogramm zur Steigerung der „Webkompetenz“ in den Gemeinden investiert. 1 Mio. € sind noch nicht ausgegeben. Leider ist vieles davon – wie ich gehört habe – vertraglich bereits gebunden. Und so wird die KI wohl noch weiter reiten müssen, auch wenn das Pferd auf dem sie sitzt, längst sehr teuer und sehr tot ist. Wer sich zum Erfolg verdammt hat, wird irgendwann blind und taub für das Evangelium. Im August 2002 Johannes Taig |
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